Berlin. Schauspielerin Gillian Anderson wurde durch „Akte X“ berühmt. Mit ihrem neuen Film „Viceroy’s House“ arbeitet sie an einem neuen Image.

Gillian Anderson lächelt für einen Moment fast ein wenig irritiert, obwohl die Frage nicht überraschend sein kann: Was hält sie, die US-Amerikanerin, die mit einem Deutschen in London zusammenlebt — was hält sie von der britischen Monarchie? Nach einer Pause sagt sie noch immer lächelnd: „Ich habe Respekt für die …“, sie pausiert, stottert, wiederholt mehrfach „für die“ und sagt dann: „Die Herausforderung, neutral zu bleiben, das ist eine wichtige Aufgabe des Königshauses.“

Sie holt aus und sagt, sie diskutiere derzeit häufiger über die Rolle der „Royals, weil man derzeit bei anderen Ländern sehen kann, wie wichtig es ist, ein solides und verantwortungsvolles Staatsoberhaupt zu haben“. Die Schauspielerin hat damit die beiden großen politischen Krisen der heutigen Demokratie zusammengefasst — Brexit und Trump —, und das, ohne sie beim Namen zu nennen. Aber wer ihren aktuellen Film „Viceroy’s House“ auf der Berlinale sieht, ist gewissermaßen schon auf Betriebstemperatur.

Kult-Serie „Akte X“

Gillian Anderson spielt die Ehefrau des letzten britischen Vizekönigs von Indien, Lord „Dickie“ Mountbatten. Sie stellt diese Edwina Mountbatten so gut dar, dass man schon zweimal hinschauen muss, um die bekannte Agentin Scully aus der 90er-Jahre-Kult-Serie „Akte X“ noch zu erkennen: die Haltung der Lady ist gekrümmt, der Akzent ein scharfes Oberklassen-Britisch.

Sie ist im Film nicht nur eine Frau, die ihren Mann zu Dinners begleitet, sondern die selbst Dinge verändern und eine der vielleicht größten politischen Fehler des letzten Jahrhunderts verhindern will: Die Teilung Indiens, die sogenannte Partition. Gillian Anderson sagt im Gespräch mit dieser Zeitung, dass ihr solch starke Frauenrollen eben liegen. „Ich wusste nicht viel von Edwina Mountbatten, bevor ich die Rolle angeboten bekam.“ Aber als sie dann die Biografie las, merkte sie, dass es eine sehr selbstbewusste Frau war.

Beim Publikum beliebt

Obwohl Lady Mountbatten verheiratet war, hatte sie Liebhaber. Sie machte ihre eigenen Regeln, sie las und bildete sich auch politisch weiter. Die 48 Jahre alte US-Amerikanerin hat lange gebraucht, um die X-Akten hinter sich zu lassen. In 202 Folgen spielte sie da die Agentin Dana Scully, erforschte UFO-Meldungen und Geistergeschichten, wurde entführt und war schließlich so beliebt beim Publikum, dass sie wegen ihrer Schwangerschaft nicht aussetzen musste, sondern auch die Serienfigur im Drehbuch überraschend schwanger wurde.

Neben dieser Bekanntheit schienen aber alle anderen Projekte zu verblassen, egal, was sie annahm. Große Erfolge und Gagen kamen durch die zwei nachgeschobenen Akte-X-Filme und eine Miniserie im vergangenen Jahr. „Ich war schon manches Mal genervt davon“, sagt Gillian Anderson, „und ich hab es so weit weg wie möglich von mir geschoben.“

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    Effekt auf alte Menschen

    Es hat sie geärgert, dass Fernsehen damals einen so schlechten Ruf hatte. „Judy Dench war eine der wenigen Schauspielerinnen, die alles machen konnte: TV, Kino, Theater, und keinen störte das.“ Sie aber blieb immer Detective Scully. Seit einiger Zeit habe sie ihren Frieden mit der Rolle gemacht. „Ich habe gemerkt, dass ich die Rolle umarmen muss, dankbar sein für die Türen, die sie geöffnet hat.“ Seitdem sehe sie es auch entspannter, wenn sie auf der Straße erkannt wird. „Ich bin immer selbst erstaunt, welchen Effekt diese alte Serie auf Menschen hat.“

    Der neue Film, der ab Juni in Deutschland als „Der Stern von Indien“ im Kino laufen wird, hat auch die Chance, Andersons Image zu verändern. Sie spielt die starke Britin überzeugend, diskutiert mit Gandhi über Indiens Zukunft.

    Erster weiblicher James Bond

    Vielleicht passt diese Rolle auch deshalb, weil sie sich seit Jahren für Frauenrechte und Emanzipation einsetzt. Es ist ihr fast unangenehm, über all das zu sprechen. „Ja, ich dachte, ich würde mich etwas mehr zurückhalten, je älter ich werde“, sagt sie, „aber ich arbeite gerade pausenlos und schlafe wenig.“ Auch das sei eine Eigenschaft, die sie mit Lady Mountbatten gemein habe.

    „Obwohl meine drei Kinder das Wichtigste in meinem Leben sind, kann ich einfach schlecht nur zu Hause sitzen und nichts tun.“ Darüber, dass sie auch im Gespräch für den ersten weiblichen James Bond war – für „Jane Bond“ –, darüber schweigt sie. Etwas Mystery will sie noch aufrechterhalten.