Berlin. Der Saarbrücker Tatort-Star Devid Striesow spricht über seine neue Rolle als zerrissener Martin Luther. Und seinen Bezug zur Bibel.

Extreme Rolle in einem anspruchsvollen Film zu vergeben? Für Filmemacher scheint Devid Striesow (43) dabei die erste Wahl zu sein. Sein Drama „Die Fälscher“ erhielt sogar den Auslands-Oscar. Viele kennen den gebürtigen Rügener, der auf vielen Bühnen Deutschlands spielt – jedoch als schrulligen Saarbrücker Tatort-Kommissar oder als Hape Kerkeling in der Bestsellerverfilmung „Ich bin dann mal weg“. Im ARD-Film „Katharina Luther“ (22. Februar, 20.15 Uhr) spielt er den Reformator Martin Luther.

Herr Striesow, Martin Luther hat ja bekanntlich die Bibel ins Deutsche übersetzt. Lesen Sie manchmal darin?

Striesow: Nein, ich lese nicht in der Bibel. Ich hatte, wie wohl so ziemlich jeder, in der Jugend meine Selbstfindungsphase, und da habe ich auch immer mal wieder in der Bibel gelesen. Aber das ist schon lange her.

Erst Kerkelings Pilger-Film, jetzt der große Reformator. Ganz schön viel Spiritualität. Zufall?

Striesow: Wie man’s nimmt. Es gab bei beiden Filmen verschiedene Punkte, die mich gereizt haben. Aber sowohl bei Luther als auch bei Hape war die Spiritualität etwas, das sie angetrieben hat, und das war durchaus ein Aspekt für mich. Ich bin ein spiritueller Mensch. Ich glaube, das ist doch jeder – oder sollte es zumindest sein.

Gehören Sie einer Konfession an?

Striesow: Nein. Um ehrlich zu sein, sehe ich auch nicht die Notwendigkeit, einer bestimmten Religion anzugehören. Aber ich bin wie gesagt ein spiritueller Mensch. Das heißt, ich vertraue darauf, dass es neben dem, was wir sehen, riechen, tasten können, noch etwas anderes gibt.

Was hat Sie daran gereizt, Martin Luther zu spielen?

Striesow: Die große Zerrissenheit seines Charakters. Beim Spielen von Luther war es mein Ziel, diesen Menschen in seiner wechselhaften Persönlichkeit zu zeigen, wie man ihn sich anhand der Überlieferungen und seiner Lebensumstände vorstellen kann. Sein großes Engagement, seine enorme Energie, seine fast schon selbstzerstörerische Art, sich dem Leben zu nähern und den Themen, die ihn bewegten. Das war für mich eine große Herausforderung.

Es geht Ihnen um den Menschen hinter der historischen Figur.

Striesow: Genau. Wer sich damit nicht beschäftigt, sieht beim Gedanken an Luther nur das eine oder andere Bild von Lucas Cranach vor sich, der ja viele Luther-Porträts gemalt hat. Auf den Bildern von damals ruhen die Menschen immer so in sich, gucken den Betrachter an, und man denkt, die sind grundsätzlich nur mit würdevollen Schritten die Straße entlanggegangen. Dabei ist Luther doch ein ziemlich getriebener Mensch gewesen.

Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet?

Striesow: Ich habe Briefe, Handschriften und Bücher gelesen, ich habe die Wartburg besucht, und ich habe mich mit unserem Produzenten Mario Krebs ausgetauscht, der ein hervorragender Geschichtskenner ist.

Dieser Film ist ja Luthers Ehefrau Katharina von Bora gewidmet. Im Luther-Jahr geht es hier um sie – finden Sie das nicht seltsam?

Striesow: Dass man im Luther-Jahr versucht, die Reformation über seine Partnerin zu erzählen, finde ich sogar besonders spannend. Es ist wichtig, dass man die Bedeutung solcher Frauengestalten betont, die in früheren Zeiten im Hintergrund gewirkt haben.

Was würden Sie Luther heute fragen, wenn Sie ihm begegnen würden?

Striesow: Ich würde ihn schon gerne einiges über unsere Gesellschaft und unsere Werte fragen, aber bevor er dazu etwas sagen könnte, müsste er ja mal ein paar Jahre hier gelebt haben. Also ist das ein Gedanken­experiment, das fast schon märchenhafte Züge hat.