Berlin. Die Bundespräsidentenwahl, drei Landtagswahlen, die Bundestagswahl: 2017 kommt einiges auf die Bürger in Deutschland zu. Ein Überblick.
Man kann nicht gerade sagen, dass ein ruhiges Jahr vor den Bürgern liegt. Es stehen einige Veränderungen an, nicht zuletzt durch mehrere Wahlen. Einige Ergebnisse sind absehbar, andere bieten Raum für Überraschungen. Wir geben einen Überblick, welche Wahlen anstehen – und womit zu rechnen ist.
12. Februar: Die Bundespräsidentenwahl
Die erste Wahl, das höchste Amt im Land – und gleichzeitig die Abstimmung, die am wenigsten spannend ist. Denn eigentlich ist klar, wer der Nachfolger von Joachim Gauck, der aus Altersgründen nicht für eine zweite Amtszeit kandidieren will, im Schloss Bellevue wird. Der neue Bundespräsident wird Frank-Walter Steinmeier heißen. Auf den SPD-Politiker und früheren Außenminister haben sich Union und SPD nach monatelangem Gezerre dann doch noch geeinigt. Es müsste schon mit seltsamen Dingen zugehen, wenn er die Wahl nicht gewinnen würde.
SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte sich mit dem Steinmeier-Vorstoß durchgesetzt – ein klarer Sieg über Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Union. Weil keine der Parteien in der Bundesversammlung die Mehrheit hat, erspart ein gemeinsamer Kandidat viel Zeit und Nerven. Und aus Mangel an Alternativen für einen Kandidaten, auf den sich die Koalitionsparteien einigen konnten, gab es zum Schluss kaum öffentliche Widerworte zur Personalie Steinmeier.
Die SPD erhofft sich von seiner Wahl einen Schub. Steinmeier ist beliebt, auch über die Partei hinaus. Womöglich hofft der ein oder andere auch auf eine Entwicklung wie 1969, als Gustav Heinemann Bundespräsident wurde und damit die Zeichen auf einen Machtwechsel in der Regierung stellte.
Am 12. Februar wird die Bundesversammlung zusammenkommen und abstimmen. Zu ihr gehören neben den 630 Bundestagsabgeordneten auch 630 Delegierte aus den Bundesländern, darunter viele Schauspieler, Musiker und Sportler. Roland Kaiser wird ebenso wählen wie Stefanie Kloß von der Band Silbermond und Travestiekünstlerin Olivia Jones, Fußball-Bundestrainer Joachim Löw ebenso wie der Olympia-Kanute Sebastian Brendel.
Steinmeier wird allerdings nicht der einzige Kandidat sein. Die Linke hat den Armutsforscher Christoph Butterwegge nominiert, die AfD hat Albert Glase, den stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Partei, aufgestellt. Die Freien Wähler schicken Alexander Hold, bekannt als TV-Richter, ins Rennen.
Diese Stars wählen den Bundespräsidenten
26. März: Die Landtagswahl im Saarland
Das Saarland ist zwar das kleinste Flächenland, doch die Wahl könnte spannend werden – und am Ende sogar ein Signal für die Bundestagswahl sein. Bleibt es bei der großen Koalition? Oder reicht es am Ende auch für ein rot-rot-grünes Bündnis? Und: Würde sich die SPD überhaupt darauf einlassen? Ähnliche Fragen stellen sich die Politiker im Bund.
Seit Mai 2012 regiert im Saarland die CDU mit der SPD unter der Leitung von Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer und Vize-Regierungschefin Anke Rehlinger von den Sozialdemokraten. Kramp-Karrenbauer will den Kurs weiterfahren und das schwarz-rote Bündnis beibehalten. Ihre CDU liegt in Umfragen deutlich vor der SPD. Rehlinger aber legt sich noch nicht fest und schließt auch eine Koalition mit Grünen und Linken nicht aus. Zumindest rechnerisch könnte es für Rot-Rot-Grün reichen. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass alles so bleibt wie bisher.
Kramp-Karrenbauer ist beliebt. Die letzten Umfragen sehen die CDU bei 37 Prozent, die SPD bei 26 Prozent. Die Linken könnten demnach mit 15 Prozent rechnen, die Grünen mit 6 Prozent. Die AfD käme auf 9 Prozent, die FDP wäre nicht im Landtag.
7. Mai: Die Landtagswahl in Schleswig-Holstein
Im Norden stehen die Zeichen weiter auf Rot-Grün-Blau: Laut Umfragen sieht es so aus, als würde die Koalition von Ministerpräsident Torsten Albig (SPD), den Grünen und dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW) weiter regieren können. Darauf hofft der Ministerpräsident und nicht zuletzt auch SPD-Landeschef Ralf Stegner. Auch der designierte SPD-Chef im Bund, Martin Schulz, dürfte sich – trotz des derzeitigen bundesweiten Auftriebs seiner Partei – vom Ausgang der Wahl noch ein bisschen mehr Rückenwind für die Abstimmung im September erhoffen.
Bei der letzten Landtagswahl 2012 lag die SPD im Norden hauchdünn hinter der CDU. Auch jetzt stellt sich Albig auf einen sehr knappen Wahlausgang ein. „Es wird ein harter Kampf zwischen den Volksparteien, wer auch immer dann die Nase vorn haben wird“, sagte er Anfang Januar.
Interessant dürfte der Wahlausgang auch mit Blick auf die Liberalen werden. Sie kommen in Umfragen auf 12 Prozent, das wäre eine Steigerung um mehrere Prozentpunkte im Vergleich zur letzten Wahl. Der Chef der Bundes-FDP, Christian Lindner, wird mit wachsamem Auge auf das Ergebnis schauen. Die Liberalen kämpfen nach dem historischen Scheitern bei der Wahl 2013 um den Wiedereinzug in den Bundestag – und ein zweistelliges Ergebnis im Schleswig-Holstein wäre eine gute Motivation für die Wahl im September.
14. Mai: Die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen
Besonders spannend wird es im Mai, wenn die etwa 13,2 Millionen Wahlberechtigten in Nordrhein-Westfalen über den neuen Landtag in Düsseldorf abstimmen. Hannelore Kraft (SPD) will weiter mit den Grünen regieren, die CDU aber will eine Neuauflage von Schwarz-Gelb. Die Wahl in NRW gilt traditionell als „kleine Bundestagswahl“, von der ein Signal für die Abstimmung im Herbst erwartet wird.
Nach Ansicht von Wahlforschern sieht es nicht so gut aus für weitere fünf Jahre unter Rot-Grün. Das hat zum einen mit dem bestimmenden Thema des Wahlkampfes zu tun: Innere Sicherheit. Klassischerweise ist das keine Thema, mit dem die SPD punkten kann. Schon gar nicht, wenn der SPD-Innenminister Ralf Jäger seit Jahren deswegen mit immer neuen Angriffen und Rücktrittsforderungen zu kämpfen hat. Zudem ist der Glanz von Ministerpräsidentin Kraft nach fünf Jahren ein wenig verblasst. Davon könnte die CDU unter Armin Laschet profitieren.
Laut Prognosen könnte die SPD um sieben Prozentpunkte einbrechen, die CDU hingegen um bis zu fünf Punkte zulegen. Der Unterschied zwischen den beiden Parteien, der bei der letzem Wahl noch bei 12,8 Punkten lag, könnte bis zum Wahltag somit komplett dahingeschmolzen sein.
CDU und FDP hatten das Land von 2005 bis 2010 unter dem damaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) regiert. Gut möglich, dass sich die politischen Farben in Düsseldorf wieder ändern.
24. September: Die Bundestagswahl
Mit Blick auf die Bundestagswahl haben die vergangenen Tage und Wochen einiges an Klarheit gebracht. Fest steht, dass CDU-Kanzlerin Merkel für eine vierte Amtszeit antritt – und dass ihr Herausforderer von der SPD Martin Schulz heißt. Als Wahltermin wurde der 24. September bestimmt. Offen ist noch, welche Parteien zur Wahl antreten werden, das steht vermutlich erst Anfang Juli 2017 fest.
Was auch als so gut wie sicher gilt: Die AfD wird wohl das bisherige Machtgefüge aus der Balance bringen. Wahlforscher prognostizieren ein zweistelliges Ergebnis. Damit wäre die Partei wohl drittstärkste Kraft. Wer die AfD in den Wahlkampf führen wird, ist noch unklar. Fest steht, es wird nicht Parteichefin Frauke Petry allein sein, sondern eine ganze Mannschaft. Wer dort mitspielt, soll auf dem Bundesparteitag der Partei im April in Köln entschieden werden.
Die Grünen treten mit dem Duo Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt an, das hat die Partei in einer Urwahl bestimmt. Und auch bei den Liberalen ist schon sicher, welches Bild von den Plakaten schauen wird: Christian Lindner, der als Spitzenkandidat für die Wahlen in NRW gleich einen Doppel-Wahlkampf führen wird. Die Linke will mit Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch als Spitzenkandidaten in den Wahlkampf gehen.
Die letzten Umfragen sehen die SPD im Aufwind. Seit dem Rückzug von Sigmar Gabriel als Kanzlerkandidat und Parteichef legen die Sozialdemokraten stetig zu. Eine Insa-Umfrage im Auftrag der „Bild“ sah die SPD gar vor der Union. In anderen Erhebungen liegt die Partei von Kanzlerin Merkel noch knapp vor den Sozialdemokraten.
Laut des Wahltrends des Meinungsforschungsinstituts Forsa von diesem Mittwoch überspringen die Sozialdemokraten – wie auch schon bei der Insa-Erhebung – wieder die 30-Prozent-Marke und kommen auf 31 Prozent. Das ist ein Plus um fünf Prozentpunkte innerhalb einer Woche. Die Union bleibt stärkste Kraft und kommt auf 34 Prozent. Die AfD landet bei zehn Prozent, die Linke und auch die Grünen bei acht Prozent. Die FDP müsste demnach mit fünf Prozent um den Einzug in den Bundestag bangen.
Daraus ergeben sich allerlei Möglichkeiten, von einer Neuauflage der Großen Koalition bis zu – je nach Sitzverteilung rechnerisch denkbar – einer Koalition von Union, FDP und den Grünen. Für ein linkes Bündnis aus SPD, Grünen und Linken könnte es auch reichen.
Derzeit sitzen fünf Parteien im Bundestag, CDU und CSU, SPD, Linke und Grüne. Nach der Wahl werden es sicher mehr sein.
Sonstige Wahlen 2017
Und übrigens: Nicht nur in Deutschland stehen einige wichtige Abstimmungen an. Auch in Frankreich, den Niederlanden und Norwegen wird gewählt. Das Wahljahr 2017 wird also auch für Europa ein entscheidendes Jahr sein.