Berlin. Raue Stimme, unzählige Hits, Engagement: Seit 50 Jahren mischt Frank Zander die Unterhaltungsszene auf. Nun feiert er 75. Geburtstag.

Diese markante Schotterpiste von einer Stimme scheint ihm schon in die Wiege gelegt worden zu sein. War natürlich nicht so. Frank Zander, der am heutigen Sonnabend 75 Jahre alt wird, ist eher durch jugendliche Unvernunft zu seinem späteren Markenzeichen gekommen. Anfang der 60er-Jahre, als er in der quirligen Berliner Beat-Szene als Sänger und Gitarrist den Gloomys vorstand, ging er trotz Mandelentzündung auf Tournee. Und hatte fortan diese kantig-raue Reibeisenstimme weg.

Eine Stimme, die dem Ur-Berliner Popsänger und Schlager-Komödianten in den 70er-Jahren Hits bescherte wie „Der Ur-Ur-Enkel von Frankenstein“, „Ich trink auf dein Wohl, Marie“ oder „Oh, Susi (Der zensierte Song)“. Seit mehr als 50 Jahren mischt der Entertainer mit dem großen Herzen für Komik und Kalauer die deutschsprachige Unterhaltungsszene auf. 2015 erschien mit „Immer noch der Alte“ ein neues Album mit Songs, die Zander sowohl als den bewährten Stimmungsmacher wie auch als einfühlsamen Interpreten berührender Balladen zeigen.

Einladung zum Gänsebraten an Weihnachten

Mitfühlend erzählt er da etwa die Geschichte eines fiktiven Freundes, der unerwartet vom Wohlstand in die Obdachlosigkeit schlittert. „Nichts ist mehr so wie es war“ basiert auf der Melodie des 80er-Jahre-Hits „I wanna wake up with you“ von Boris Gardiner. Bereits seit 1995 lädt Frank Zander jedes Jahr vor Weihnachten Tausende Obdachlose zum Gänsebraten in ein Berliner Hotel ein und prominente Kollegen kellnern.

Frank Zander: Bilder aus seiner Karriere

Wenn sich jemand „Berliner Urgestein“ auf die Visitenkarte drucken könnte, dann Frank Zander, einer der Fernsehstars der 70er- und 80er Jahre. Bilder des Entertainers, Sängers und Schauspielers.
Wenn sich jemand „Berliner Urgestein“ auf die Visitenkarte drucken könnte, dann Frank Zander, einer der Fernsehstars der 70er- und 80er Jahre. Bilder des Entertainers, Sängers und Schauspielers. © imago | United Archives
Zum Fernsehstar wurde der (immer noch) blonde Schnauzbart-Träger mit der markant-rauen Stimme in einer Zeit, als es nur drei Programme gab. Mit Helga Feddersen stand er in der legendären ARD-Sendung „Plattenküche“ vor der Kamera. Diese Aufnahme entstand am 23. September 1978.
Zum Fernsehstar wurde der (immer noch) blonde Schnauzbart-Träger mit der markant-rauen Stimme in einer Zeit, als es nur drei Programme gab. Mit Helga Feddersen stand er in der legendären ARD-Sendung „Plattenküche“ vor der Kamera. Diese Aufnahme entstand am 23. September 1978. © © epd-bild / KEYSTONE | Röhnert
Frank Zander mit Jürgen von der Lippe (r.) und der Musikgruppe Gebrüder Blattschuss.
Frank Zander mit Jürgen von der Lippe (r.) und der Musikgruppe Gebrüder Blattschuss. © imago | United Archives
Geboren in Berlin-Neukölln, machte Zander in den 60er-Jahren eine Ausbildung als Grafiker, seine Anfänge als Musiker waren rockig. Berühmt wurde er in den 70er- und 80er-Jahren.
Geboren in Berlin-Neukölln, machte Zander in den 60er-Jahren eine Ausbildung als Grafiker, seine Anfänge als Musiker waren rockig. Berühmt wurde er in den 70er- und 80er-Jahren. © imago | teutopress
Einer seiner großen Hits heißt „Hier kommt Kurt“.
Einer seiner großen Hits heißt „Hier kommt Kurt“. © imago | teutopress
Zander war mal der Spaßvogel der Nation. Mit Isabel Varell brachte er in den 80er-Jahren das ARD-Publikum in der Sketch-Show „Frankobello“ zum Lachen.
Zander war mal der Spaßvogel der Nation. Mit Isabel Varell brachte er in den 80er-Jahren das ARD-Publikum in der Sketch-Show „Frankobello“ zum Lachen. © imago stock&people | teutopress
Im „Tatort“ hat der blonde Schnauzbart-Träger vor ein paar Jahren mal einen Zuhälter gespielt. Und auch in „Liebling Kreuzberg“ stand er schon neben Manfred Krug vor der Kamera.
Im „Tatort“ hat der blonde Schnauzbart-Träger vor ein paar Jahren mal einen Zuhälter gespielt. Und auch in „Liebling Kreuzberg“ stand er schon neben Manfred Krug vor der Kamera. © imago | United Archives
Was viele nicht wissen: Von Zander stammt die Stadion-Hymne von Hertha BSC, „Nur nach Hause geh’n wir nicht“ nach Rod Stewarts „I Am Sailing“.
Was viele nicht wissen: Von Zander stammt die Stadion-Hymne von Hertha BSC, „Nur nach Hause geh’n wir nicht“ nach Rod Stewarts „I Am Sailing“. © dpa | Soeren Stache
Jedes Jahr lädt Zander vor Weihnachten Tausende Obdachlose zum Gänsebraten in ein Berliner Hotel ein, wo Prominente kellnern. So mussten auch schon Gregor Gysi und Michael Müller die Gäste bedienen.
Jedes Jahr lädt Zander vor Weihnachten Tausende Obdachlose zum Gänsebraten in ein Berliner Hotel ein, wo Prominente kellnern. So mussten auch schon Gregor Gysi und Michael Müller die Gäste bedienen. © imago | APP-Photo
„Ein bisschen was von eurer vielen Kohle könnt ihr schon mal anderen geben“, so Zander zu seinen prominenten Kellnern.
„Ein bisschen was von eurer vielen Kohle könnt ihr schon mal anderen geben“, so Zander zu seinen prominenten Kellnern. © imago | Stefan Zeitz
Im Juni 2016 hat er den Brandenburger Verdienstorden für sein soziales Engagement bekommen, das Bundesverdienstkreuz hat er schon.
Im Juni 2016 hat er den Brandenburger Verdienstorden für sein soziales Engagement bekommen, das Bundesverdienstkreuz hat er schon. © dpa | Ralf Hirschberger
Zander ist ein Familienmensch. „Wichtig ist das Zuhause, das ist wie ein Fundament.“ Seit Jahrzehnten wohnt er im selben Haus in Charlottenburg und ist mit seiner Evy glücklich verheiratet. Die beiden sind Eltern von Sohn Marcus.
Zander ist ein Familienmensch. „Wichtig ist das Zuhause, das ist wie ein Fundament.“ Seit Jahrzehnten wohnt er im selben Haus in Charlottenburg und ist mit seiner Evy glücklich verheiratet. Die beiden sind Eltern von Sohn Marcus. © dpa | Jörg Carstensen
Zander als Maler.
Zander als Maler. © imago | Michael Handelmann
Ein Rentner zu sein, das ist nichts für ihn. Da denkt er an alte Männer, die am Ofen sitzen und den Keks in den Kaffee stippen. „Ich möchte weiter machen, ich habe einfach noch Lust.“ Im Kopf sei er noch 49, sagte er kurz vor seinem 75. Geburtstag am 4. Februar 2017. „Und irgendwann werde ich erwachsen.“
Ein Rentner zu sein, das ist nichts für ihn. Da denkt er an alte Männer, die am Ofen sitzen und den Keks in den Kaffee stippen. „Ich möchte weiter machen, ich habe einfach noch Lust.“ Im Kopf sei er noch 49, sagte er kurz vor seinem 75. Geburtstag am 4. Februar 2017. „Und irgendwann werde ich erwachsen.“ © imago stock&people | STAR-MEDIAARD
Morgens hat Zander seine Rituale: erst den harten Schwamm mit kaltem Wasser, dann bei einem Apfel-Bananen-Frühstück die Nachrichtensender gucken. Die „Arschlöcher“ auf der Welt, der Klimawandel, die Börse, das macht Zander nachdenklich: „Sind wir denn nur noch auf Wachstum aus?“ Aber er sei Optimist. „Irgendwie kriegen wir das schon hin.“
Morgens hat Zander seine Rituale: erst den harten Schwamm mit kaltem Wasser, dann bei einem Apfel-Bananen-Frühstück die Nachrichtensender gucken. Die „Arschlöcher“ auf der Welt, der Klimawandel, die Börse, das macht Zander nachdenklich: „Sind wir denn nur noch auf Wachstum aus?“ Aber er sei Optimist. „Irgendwie kriegen wir das schon hin.“ © imago | Christian Schroedter
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Für sein soziales Engagement bekam er 2002 das Bundesverdienstkreuz, kürzlich wurde er auch mit dem Verdienstorden des Landes Brandenburg geehrt. Rund 3000 Obdachlose kamen im vergangenen Jahr zur Feier ins Neuköllner Estrel-Hotel.

Immer der passende Songzur richtigen Zeit

In Neukölln war es auch, wo der Musiker als Frank Kurt Adolf Zander am 4. Februar 1942 geboren wurde. Seinen dritten Vornamen ließ er 1995 „offiziell und mit großer Anstrengung“ aus seinem Ausweis streichen. 600 D-Mark hat ihn das damals gekostet. Er machte in den frühen 60ern eine Ausbildung zum Grafiker, wurde Sänger und Gitarrist der Gloomy Moon Singers, den späteren Gloomys, und der Weg ins Showbusiness war damit vorgegeben. 1974 landete er mit dem „Ur-Ur-Enkel von Frankenstein“ seinen ersten Hit. Viele sollten folgen.

Die 70er-und 80er-Jahre waren seine große Zeit. Sein mitunter derber Humor kam an, wurde aber immer wieder auch Ziel von Kritik. Mal war sein Humor zu schwarz, mal zu zotig, mal zu platt. So kam sein Lied „Oh, Susi“ 1977 beim Bayerischen Rundfunk auf den Index. Man könne den Song aus „Gründen des guten Geschmacks leider nicht bringen“, hieß es damals.

Das Lied, in dem Zander Schlüpfrigkeiten und Kraftausdrücke vorsätzlich durch Geräusche ersetzt hatte, wurde deshalb erst recht zum Erfolg. Mit Helga Feddersen moderierte und spielte er in der legendären TV-Musik- und Comedyshow „Plattenküche“. Später arbeitete Zander in TV-Sendungen wie „Bananas“ oder „Vorsicht, Musik!“.

Richtiger Riecher für passende Songs

Für „Ja, wenn wir alle Englein wären“, seine „Ententanz“-Parodie von 1981, erhielt Frohnatur Zander seine erste Goldene Schallplatte – eingespielt unter dem Pseudonym Fred Sonnenschein und seine Freunde. Die Freunde waren vier Goldhamster. Zu seinem wohl größten Erfolg wurde 1990 „Hier kommt Kurt“, den er 2007 als „Hier kommt Knut“ für den gleichnamigen Berliner Eisbären variierte.

Zander hatte immer den richtigen Riecher für den passenden Song zur richtigen Zeit. Und dabei durchaus etwas Revolutionäres. Sein „Nick-Nack Man“ von 1974 geht durchaus als erster deutscher Rap-Song durch. Für Hertha BSC schrieb und sang Zander 1993 das Vereinslied „Nur nach Hause (geh’n wir nicht)“, mit einem Chor von 60.000 Stimmen. Und lange vor Kollege Heino hat Zander den deutschen Schlager in Rammstein-Manier in die Mangel genommen. Seit 1997 besingt Zander „ganz persönliche Geburtstags-CDs“ mit einem Geburtstagslied für einen bestimmten Vornamen, produziert von seiner Firma „Handgebrannt“. Mehr als 8000 Namen sollen es inzwischen sein.

Der Familienmensch ist seit 48 Jahren mit seiner Frau und Managerin Evy verheiratet, Sohn Marcus ist Musikverleger. Seit Jahrzehnten leben sie in einem Haus mit eigenem Studio in Charlottenburg und auf Ibiza. Geburtstag wird bei einem Freund in Lübars gefeiert. Frank Zander ist keiner, der im Alter auf der Parkbank sitzt und das Leben an sich vorbeiziehen lässt. Eine neue Platte soll kommen. Eine neue Ausstellung mit seinen Gemälden wird es geben. Einer wie er, kann gar nicht aufhören. Der muss weitermachen.