Bad Münstereifel. Heino war einst der Sänger deutscher Wohnstuben. Im Interview spricht er über seine Zeit als Konditor und über Lieder für das Fest.

Für ganze Generationen war Heino an Heiligabend der Sänger deutscher Wohnstuben. „Mit weihnachtlichen Grüßen“ (Sony) meldet sich der Sänger aktuell zurück. Lars von der Gönna sprach mit Heino (77) über alte Zeiten, Wunschzettel, Geschenke, Plätzchen – und Heino-Platten.

Für fast jeden ist Weihnachten eine Reise in die Kindheit. Weihnachten 1945 waren Sie sieben Jahre alt und Sohn einer Kriegswitwe. Eine entbehrungsreiche Zeit?

Heino: Ja, bestimmt. Aber ich habe das nicht so empfunden. Und natürlich habe ich trotzdem einen Wunschzettel geschrieben.

Ihr größter Wunsch war...

Heino: ... ein rotes Akkordeon! Immer habe ich auf dem Schulweg in Düsseldorf einen Umweg gemacht, um am Schaufenster eines Musikgeschäfts stehen zu bleiben. Da stand es. Ich hab’s meiner Mutter gezeigt. Sie sagte: Heinz Georg, das können wir uns noch nicht erlauben.

War Heinz Georg traurig?

Heino: Nein, die Geschichte ist ja noch nicht zu Ende. Weihnachten stand das Akkordeon auf dem Gabentisch. Für mich, den Achtjährigen, war das eine Sensation. Erst später habe ich registriert, dass meine Mutter es jeden Monat abbezahlt hat – in Raten zu fünf Mark.

2016 geben Deutsche im Schnitt 280 Euro für Weihnachtsgeschenke aus, ist das viel oder wenig?

Heino: Tja, wenn ich sage, das ist in Ordnung, weil wir ein reiches Land sind und es mir selbst sehr gut geht, könnte man das missverstehen. Wenn ein Mensch alles hat wie ich, dann ist es leicht, zu sagen: „Geschenke sind mir nicht so wichtig.“ Es gibt aber auch in unserem Land noch viele arme Leute. Ich wünsche eigentlich allen, dass sie sich auch über wenig freuen können. Für mich ist das manchmal ein Lächeln, ein Händedruck. Auch ein Besuch ist ein Geschenk.

Weihnachten ist Plätzchenduft. Für Sie als Konditorlehrling der 1950er war das vermutlich kein Aroma reiner Romantik?

Heino: Im Gegenteil. Die Stollen, die Plätzchen, das war harte Arbeit. Wir haben 14 Tage vor Heiligabend gar nicht mehr geschlafen, höchstens ’ne Stunde in der Bäckerei, wir sind gar nicht ins Bett gegangen.

Klingt wie aus einer anderen Welt ...

Heino: Wir kannten es nicht anders. Im ersten Lehrjahr habe ich bei Kost und Logis 50 Pfennig im Monat bekommen. Es glaubt Ihnen ja keiner mehr, wenn Sie sagen, dass ich als Lehrjunge eine 80-Stunden-Woche hatte – da hat sich keiner aufgeregt.

Zuletzt hat Heino gezeigt, dass er Metal kann. Ihr neues Weihnachtsalbum klingt behutsam. Gilt für „Stille Nacht“ ein anderer Respekt als für den „blauen Enzian“?

Heino: Ja, das sind Werke, mit denen ich anders umgehe. Klar, kann man die auch rockig machen. Das ist nicht so mein Ding. Für mich muss es beim Fest der Liebe harmonischer klingen, ruhiger – wie wir uns Weihnachten eben wünschen.

Jüngere finden es uncool zu singen, wenn nicht gerade eine Talentshow ruft, auch zu Weihnachten ...

Heino: Man kann auch sagen: Wenn viele Kinder nicht wissen, was Familie bedeutet, fehlt ihnen einfach der Zugang. Mein Appell an Schulen, dort wieder anders und mehr zu singen, ist ja bekannt. Was ich da bei Besuchen in Schulen erlebe, ist haarsträubend. Manche Kinder kennen kein einziges deutsches Weihnachtslied mehr.

Man hat Ihren Wunsch nach mehr deutschen Liedern auf eine ganz bestimmte Weise gedeutet ...

Heino: Ja, das Thema wird nationalisiert, Deutschtümelei und so. Man darf sich doch nicht schämen, ein schönes deutsches Lied zu singen! Das macht mich traurig, da krieg’ ich Probleme. Ich bin jetzt 52 Jahre auf dem Markt und singe deutsche Volkslieder, Kirchenlieder. Anonym werden die Titel gekauft, aber man schämt sich. Ich war jetzt in der Silbereisen-Show: schöne, gefühlvolle Musik, das sehen 6,6 Millionen – da bin ich überglücklich.

Was bedeutet das Singen für Sie?

Heino: Wenn mir viele Leute zugehört haben, hab’ ich das Gefühl: „Aha, bis jetzt hab’ ich alles richtig gemacht.“ Im Grunde bin ich ja immer belächelt worden: Am Anfang, als ich in der Blütezeit des Beats Volkslieder gesungen habe, und später wurde ich für alles das, was ich getan habe fürs deutsche Lied, in die rechte Ecke gedrückt, wo ich gar nicht hinwill.

Die biblische Suche nach der Herberge ist weltweit von trauriger Aktualität. Wie erleben Sie das?

Heino: Ich will nicht politisch werden, es ist eine traurige Zeit. Ist es nicht auch ein Bibelwort, dass zeitlebens immer Krieg sein wird? Aber ich wünsche den Menschen, die derzeit so Schlimmes erleben, dass diese Zeiten auch wieder gehen, dass es sich zum Guten wendet.

Hört Heino zum Fest Heino?

Heino: Oh ja, meine erste Platte zum Fest habe ich vor 52 Jahren gemacht, die lege ich auf, als CD. Die Lieder werden in meinem kleinen Kreis, in dem ich feiere, gespielt. Und da freue ich mich drauf!