London . Elton John zeigt in London seine große Schwarz-Weiß-Sammlung. Die Liebe zur Kunst half ihm, seine Alkoholabhängigkeit zu überwinden.

Der britische Pop-Star Elton John offenbart eine bisher kaum bekannte Facette seines Lebens: seine Sammelleidenschaft für Fotografien der Klassischen Moderne. Am Donnerstag begann in der Londoner Tate Modern Gallery die Ausstellung „The Radical Eye“, die die besten Stücke aus einer über 8000 Fotos umfassenden Foto-Kollektion der Musik-Ikone präsentiert.

Der Titel der Show ist Programm: Das „radikale Auge“ zeigt experimentale Fotografie von ihren frühen Anfängen in den 20er- bis zu den 50er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Rund 190 Meisterwerke der künstlerischen Schwarz-Weiß-Fotografie mit Bildern von Man Ray über Andre Kertesz bis zu Alexander Rodchenko und vielen nicht so bekannten Meistern sind in London noch bis zum Mai nächsten Jahres zu sehen.

Sammlung umfasst mehr als 8000 Bilder

Ein Poster von Man Ray's
Ein Poster von Man Ray's "Glass Tears" in der Tate Modern in London. © picture alliance / AP Photo/picture alliance | jfillery|File|Filed|11/8/2016 12

Sir Elton – 1998 wurde er von der Queen wegen seiner „Verdienste um die Musik“ zum Ritter geschlagen – entdeckte erst 1990 seine Liebe zur künstlerischen Fotografie. Der damals 43-Jährige hatte gerade eine Entziehungskur wegen seiner Alkoholabhängigkeit hinter sich und wandte sich „einer viel gesünderen Sucht“ zu.

„Es war“, sagte er, „als ob meine Augen geöffnet würden. Fotografie wurde dieser unglaubliche Begleiter, der Hand in Hand mit meiner neuen Nüchternheit ging, die ebenfalls frisch und eine Erleichterung war.“ Seine ersten Bilder, zwölf schwarz-weiße Modefotos, erwarb er 1990 auf einer Reise nach Südfrankreich. „Ich kam mir vor wie ein Kind in einem Süßwarenladen.“

Verkaufspreise von 1,3 Millionen Pfund

Seitdem, so der 69-Jährige, habe diese Leidenschaft „in gewisser Weise mein Leben übernommen“. Zusammen mit seinem Partner David Furnish, den er 2005 heiratete, baute er eine Sammlung von mehr als 8000 Fotos auf, die zu den größten und bedeutendsten Privatkollektionen der Welt zählt. Geholfen dabei hat sicherlich, dass Anfang der 90er-Jahre Fotos der Klassischen Moderne noch relativ erschwinglich waren. „Wenn ich 20 Jahre später angefangen hätte zu sammeln“, meint der Musiker, „wären die meisten der klassischen Werke nicht mehr erhältlich und die Preise drastisch anders gewesen.“

Der britische Sänger Elton John und seine Band bei einem Konzert auf dem Erfurter Domplatz im Juni 2016.
Der britische Sänger Elton John und seine Band bei einem Konzert auf dem Erfurter Domplatz im Juni 2016. © FUNKE Foto Services | Marco Kneise / Thueringer Allgem

Er aber setzte einen Preisrekord, als er 1993 auf einer Auktion das Foto „Glastränen“ von Man Ray erwarb: das Gesicht einer Frau mit Glasperlen auf den Wangen. Es war auf 20.000 Pfund geschätzt worden. Elton ersteigerte es für 112.500 Pfund. „Jeder dachte, ich wäre völlig verrückt“, erinnert er sich, „aber ich musste es haben. Wenn man heute darüber nachdenkt, war es ein Schnäppchen.“ Da hat er recht. Nur sechs Jahre später erzielte ein anderer Abzug der „Glastränen“ den Verkaufspreis von 1,3 Millionen Dollar.

Bilder stammen aus seinem Anwesen

Doch Wertsteigerung ist nicht das Motiv für Sir Elton, der betont, dass er niemals ein Werk gekauft hätte, um Geld zu machen. Stattdessen sei seine Sammlertätigkeit so etwas wie „zur Universität zu gehen und ein Fach zu studieren, das ich komplett und total verehre.“ Fotografie, sagt er sei „die Kunstform, die ich am meisten liebe, die mich am meisten aufregt und über die ich am meisten weiß.“ Folglich verschwinden seine Schätze auch nicht im Depot, sondern finden ihren Platz in seinem Leben.

Die in London gezeigten Fotos kommen direkt aus Elton Johns 1600-Quadratmeter-Appartement in Atlanta. Aus seinem Wohnzimmer stammt ein Bild, das der Musiker die „Mona Lisa der Fotografie“ nennt. Es ist das Foto „Migrant Mother“ von Dorothea Lange, das eine Frau mit ihren beiden Kindern während der Depression in den USA der 30er-Jahre zeigt. „Ihr Gesicht ist so elegant und würdevoll, und doch macht sie die allerschlimmste Zeit durch.“

Aus Sir Eltons Schlafzimmer kommt ein Foto „Noire et Blanche“ von Man Ray. „Es hängt direkt über meinem Bett“, scherzt der Brite, „wenn es einmal herunterfällt und ich sterbe, bin ich wenigstens von Man Ray getötet worden.“