Berlin. In seiner neuen Autobiografie „Not dead yet“ spricht der Musiker über Selbstzweifel – und den Wunsch, vom Publikum geliebt zu werden.

Ist es ein eitler Witz, wenn jemand im Alter von 65 Jahren seiner Autobiografie den Titel „Not dead yet“ gibt, also „Noch nicht tot“? Eigentlich ja, doch im Falle von Sänger Phil Collins auch nicht unwahr. Denn Collins sorgte in der Vergangenheit vor allem durch seine Gesundheit für Schlagzeilen: Alkoholsucht und eine schwere Rücken­operation.

Der deutsche Titel der Autobiografie klingt da etwas positiver: „Da kommt noch was“ (Heyne Verlag). In der vergangenen Woche musste er dieses Interview verschieben. Phil Collins war in der Nacht im Hamburger Hyatt-Hotel gestürzt. Auf Facebook postete er ein Foto von sich mit blauem Auge. Phil Collins rief schließlich zwei Tage später Diana Zinkler an, da war er schon wieder in London.

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Ich habe gesehen, Sie haben ein blaues Auge von ihrem Sturz?

Phil Collins: Ja, ich bin im Badezimmer des Hotels hingefallen. Ich kam aus Miami und hatte auf dem Flug nicht viel geschlafen, also wollte ich früh zu Bett. Als wir am nächsten Tag verabredet waren, fühlte ich mich nicht besonders gut. Es tut mir wirklich sehr leid, dass wir das verschieben mussten.

Ich hatte zuerst gedacht, es steckt bestimmt so eine Rockstar-Geschichte dahinter, Alkohol, Frauen ...

Collins: Oh, nein, nein. Ich nehme verschiedene Medikamente und eins davon ist ein Blutverdünner. Und wenn ich mich verletze, blute ich fünfmal so viel wie normal. Und wenn ich stürze, habe ich gleich viel schlimmere Blutergüsse und es sieht gleich so aus, als ob ich eine Begegnung mit Mike Tyson hatte.

Sie betiteln ihr Buch mit „Not dead yet“, außerdem sind 2016 einige ihrer musikalischen Weggefährten gestorben. Wie glücklich sind Sie, dass Sie noch am Leben sind?

Collins: Der Titel „Not dead yet“ ist eher humorvoll gemeint. Es hat auch nicht so viel damit zu tun, dass in diesem Jahr David Bowie oder Lemmy Kilmister von Motörhead gestorben sind, eher damit, dass viele Menschen über meine Gesundheit geredet haben. Ich wollte etwas anderes von mir erzählen, das, was in meinem Leben wirklich passiert ist. Außerdem drängen mich meine Kinder, zur Arbeit zurückzukehren. Das Buch ist so zu verstehen, dass ich einfach noch nicht fertig bin.

Ihr Vater starb, als sie 21 waren, Ihren Erfolg hat er nicht miterlebt. Wie wichtig wäre Ihnen seine Anerkennung gewesen? Auch das ist eines Ihrer Lebensthemen. Sie fragten sich immer wieder: Bin ich gut genug?

Collins: Jedes Kind möchte, dass die Eltern stolz sind. Mein Vater hat ziemlich deutlich gemacht, dass er ein Problem mit meiner Berufswahl hatte. Ich hatte nicht die Zeit, ihm zu beweisen, dass er falsch lag.

Sie haben als Solokünstler mehr als 100 Millionen Platten verkauft, schließt man ihre Verkäufe mit der Band Genesis ein, sind es 250 Millionen. Mit welchem Lied kamen Sie der Perfektion am nächsten, „In The Air Tonight“?

Collins: Vielleicht. Jeder denkt das. Aber ich bin mir nicht so sicher. Ich erkenne zwar die besondere Stimmung des Liedes an, die Schlagzeugsache in der Mitte, die jeder liebt, aber für mich als Songwriter gibt es zwei andere Lieder, die für mich auf den Punkt genau sind. Beide sind auf dem Album „Both Sides“: Eines ist „Can’t Turn Back The Years“ und das andere „I’ve Forgotten Everything“. Auf diesem Album habe ich den perfekten Mix zwischen Schreiben und dem Aufnehmen meiner Gedanken und inneren Gefühle gefunden. Das war pur.

Sie wären beinahe einmal auf dem ersten Soloalbum von Beatle George Harrison gelandet. 30 Jahre lang fragten Sie sich, warum Ihre Percussion-Performance rausgenommen wurde …

Collins: Es war natürlich nicht so, dass ich nicht gut genug war ... Er hat nur das Arrangement, die Produktion verändert. Aber mal ehrlich: Percussions sind etwas anderes als Schlagzeug. Und ich hatte damals wirklich nicht die Expertise für die Congas. Aber für mich ist das Wichtigste, dass ich einmal die Chance hatte, mit George Harrison und Ringo Starr für ein Album zu spielen, das ein Klassiker geworden ist. Ich habe dieselbe Luft wie die beiden geatmet.

Ja, aber Ihre Verunsicherung über diesen Vorfall hielt Jahrzehnte an …

Collins: Hören Sie: Unsicherheit ist ein wichtiger Bestandteil des Buches. Und ich wollte zeigen, dass Phil Collins dieselben Probleme hat wie jeder andere auch. Bin ich gut genug? Nichts gibt es automatisch. Werde ich in diesem Moment gut genug sein? Und Menschen, die das nicht zugeben, sind arrogant oder belügen sich selbst. Wenn ich auf die Bühne gehe, sage ich: Bitte mögt mich. Weil ich mein Bestes gebe. 110 Prozent. Jeden Abend.

Entstand deshalb auch ihre Rivalität mit Peter Gabriel, dem früheren Sänger von Genesis?

Collins: Es gab nie eine Rivalität zwischen mir und Peter. Wir waren und sind immer noch gute Freunde.

Es gab viele Geschichten über ihre Gesundheit. Wie geht es Ihnen?

Collins: Ich kann nicht mehr so gut Schlagzeug spielen, wie ich es mal konnte. Aber ich übe es. Und meine Gesundheit ist gut. Ich erhole mich von einer Rückenoperation. Allerdings ist mein rechter Fuß taub, was bedeutet, dass ich die Drums nicht richtig bedienen kann. Aber dem Rest von mir geht es gut.