Berlin. Eckart von Hirschhausen ist Arzt und Entertainer. Im Gespräch erklärt er, wie wir mit mehr Selbstliebe besser durchs Leben kommen.

Eckart von Hirschhausen (49) ist Arzt, Entertainer und Autor. Mit seinem Buch „Wunder wirken Wunder“ hat er wieder einmal den Kampf mit der Schulmedizin aufgenommen. Statt nur auf Pillen zu setzen, sollten sich die Ärzte stärker um die Selbstheilungskräfte des Menschen bemühen. Petra Koruhn sprach mit Eckart von Hirschhausen über Arztbesuche, Ehrenamt und über Lachen als Therapie.

Herr von Hirschhausen, die Deutschen sind Weltmeister bei den Arztbesuchen, sind wir so krank?

Eckart von Hirschhausen: Menschen wollen gehört, gesehen, berührt und ernst genommen werden. Erst recht wenn sie krank sind. Weil wir viele Spezialisten und zu wenige Hausärzte und Allgemeinmediziner haben, wird viel untersucht, aber wenig erklärt, geredet und die Befunde und Themen sortiert. Es gibt auch ein paar Patienten, denen geht es nicht gut, wenn es ihnen gut geht. Da sind die Arztbesuche auch ein Wunsch nach Kontakt.

Wie erkennen Sie denn diese Leute, die nur deshalb zum Arzt gehen?

Von Hirschhausen: Die erkennt man schon, wenn sie sagen: „Ich hätte gerne wieder ein EKG, das im letzten Quartal hat mir so gutgetan.“ Zuwendung ist aber im Gesundheitswesen immer Mangelware. Ein guter Weg, etwas für sich zu tun, ist überraschenderweise: Tue etwas für andere, ein Ehrenamt zum Beispiel, das hält gesund! Bis zu sieben Jahre werden einem geschenkt, wenn man sich engagiert. Wer Sinn empfindet, sich gebraucht fühlt und das Gefühl hat, zu etwas beizutragen, was über ihn hinausweist, ist dadurch glücklicher und lebt länger. Gute Medizin setzt in den Lebenswelten und im Alltag des Patienten an, denn da liegt der größte Schlüssel zur eigenen Gesundheit.

Auch Sport soll ein Schlüssel für ein langes Leben sein.

Von Hirschhausen: Auf jeden Fall. Nicht nur vorbeugend vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Bewegung ist vor allem auch für die eigene Stimmung wichtig, schützt vor Depression und Demenz. Und es muss überhaupt nicht jeder für sich ins Fitnessstudio, viel wirkungsvoller ist gemeinsam etwas mit viel Freude und Freunden zu tun. Regelmäßig zu tanzen kann das Risiko, an Demenz zu erkranken, um 76 Prozent senken! Das ist besser als jedes Medikament!

Was meinen Sie, müssen unsere Ärzte überhaupt besser machen?

Von Hirschhausen: Grundsätzlich gibt es viele sehr gute und engagierte Ärzte, und 90 Prozent der Weltbevölkerung wäre gerne bei uns krankenversichert. Was ein echter Mangel ist: Zeit für Gespräche, Mut zum Abwarten und Beobachten und Motivation zu Lebensstiländerungen. Wenn ich als Arzt in die Schulen gehe und dazu beitrage, dass fünf Jugendliche erst gar nicht mit dem Rauchen anfangen, habe ich mehr zur Gesundheit der Gesamtbevölkerung beigetragen, als wenn ich mit teuren Medikamenten 40 Jahre später einen vermeidbaren Krebs behandle.

Sie schreiben in ihrem neuen Buch „Wunder wirken Wunder“, dass die Medizin mehr „Magie“ braucht, was meinen Sie damit?

Von Hirschhausen: Ich bin von Kind auf begeisterter Zauberkünstler und habe mich viel mit dem magischen Denken beschäftigt, das auch in der Medizin eine große Rolle spielt. Eins der erstaunlichsten Dinge, die ich recherchiert habe, ist die aktuelle Placebo-Forschung. Es geht überhaupt nicht darum, Menschen zu täuschen oder ihnen etwas vorzumachen. Es geht vielmehr darum, die persönliche Energie des Patienten zu wecken. Wir haben enorme Selbstheilungskräfte, die in der Sechs-Minuten-Medizin gar nicht genutzt werden können. Dazu muss man sein Gegenüber kennen, verstehen, wie jemand tickt, ihn ernst nehmen, viel erklären und vielleicht auch mal berühren. Ärzte wissen verblüffend wenig über die Wirkung von Worten, ihrer Persönlichkeit und darüber, wie man Rituale verordnet und Hoffnung gibt.

Das möchten Sie gern ändern?

Von Hirschhausen: Ja schon. Ich versuche auf den verschiedenen Kanälen gesundes Wissen zu verbreiten, ob mit meiner Sendung „Quiz des Menschen“, ob mit meinen Büchern und Bühnenprogrammen oder auch mit Vorlesungen für die nächste Generation. Gerade habe ich wieder vor Medizinstudierenden gesprochen und in lauter offene und neugierige Augen geschaut.

Werden Sie denn als Fernsehgesicht von Medizinern akzeptiert?

Von Hirschhausen: Auf jeden Fall, mehr denn je. Darüber freue ich mich sehr, ich bin nicht das schwarze Schaf der Branche, sondern ein Brückenbauer zwischen den Welten und arbeite mit bei Ärztetagungen, bei Stiftungen, beim Aktionsbündnis Wiederbelebung oder in politischen Talksendungen. Ich habe die Möglichkeit, viele Millionen Menschen zu erreichen, und damit gehe ich möglichst verantwortungsvoll um. Das Unterhaltsame ist der Weg der Vermittlung, nicht der Inhalt.

Ein Credo von Ihnen lautet „Lachen ist gesund“, stimmt das?

Von Hirschhausen: Das sagt nicht nur der Volksmund, das sagt auch die Wissenschaft. Durch meine Stiftung „Humor hilft Heilen“ bringen wir seit acht Jahren heilsame Stimmung ins Krankenhaus, mit Clowns, mit Workshops für Pflegende und mit Forschungsprojekten.

Ist aber nicht immer alles lustig.

Von Hirschhausen: Aber es wird ja auch nicht besser, wenn man nicht lacht, oder? Dass Lachen gegen Schmerzen hilft, kann jeder selber ausprobieren. Nehmen Sie einen Hammer, und schlagen Sie sich zweimal auf den eigenen Daumen. Einmal alleine, einmal in Gesellschaft. Sie spüren den Unterschied!

Wie denkt man denn positiv?

Von Hirschhausen: Wir überschätzen, was die Medizin für uns tun kann, und wir unterschätzen, was wir selber tun können. Viele Menschen sind gefühlt ständig im Krieg mit sich, mit ihren Pölsterchen, den ergrauenden Haaren, der Glatze oder einer krummen Nase – ist das wirklich so wichtig?

Was ist denn wichtig?

Von Hirschhausen: Eine heitere Gelassenheit und Selbstliebe. Nicht als Selbstverliebtheit, sondern in dem Sinne, dass man mit sich gut befreundet ist. Warum sind wir mit uns strenger als mit anderen? Einen Freund oder eine Freundin sehen wir doch nicht als Versager, wenn etwas nicht klappt, sondern wir wissen, wie wir Mut zusprechen können. Und diese Haltung kann man sich selber gegenüber auch angewöhnen. Man ist doch eben auch nur ein Mensch.