Essen. Runder Geburtstag für Derricks Assistenten: Fritz Wepper wird 75 und hat sich mit „Um Himmels Willen“ zum TV-Liebling entwickelt.

Fritz Wepper hat geschafft, was nur wenigen gelingt: Er hat sein Image verändert. Aus Derricks Hilfskommissar Harry wurde Bürgermeister Wöller, der den Nonnen in „Um Himmels Willen“ (ARD) das Leben zur Hölle macht. Schauspielerischer Glanz am Vorabend kommt nicht so oft vor. Aber Wepper spielt diesen intriganten Stinkstiefel mit so viel Gespür für die wirklichen Stinkstiefel im Leben, dass sich ein Gedanke aufdrängt: Der Wepper ist der Wöller.

Selten genug, dass es diese Einheit von Rolle und Person gibt. Götz George und Schimanski, das ging Richtung Kult. In dieser Liga spielt Wepper keineswegs, aber er kann es durchaus mit einem anderen Pärchen aufnehmen: Klausjürgen Wussow und Prof. Brinkmann, Chef der Schwarzwaldklinik.

Seine Frau ermahnt ihn, die Filmrolle abzulegen

Während George und auch Wussow immer darauf hinzuweisen wussten, wie viel mehr noch in ihnen steckt, sieht Wepper sich nah bei Wöller, den er seit 2002 ununterbrochen spielt. Seine Frau, so sagte er unserer Redaktion, ermahne ihn sogar manchmal: „Jetzt lass den Wöller aber mal am Drehort.“ Zu seinem 75. Geburtstag, den der Schauspieler am Mittwoch feiert, kann man ihm also nur raten, weniger mit der Faust auf den Tisch zu hauen.

Der deutsche Serienstar Fritz Wepper

Fritz Wepper ist eines der prominentesten Seriengesichter des deutschen Fernsehens. Bilder seiner Karriere.
Fritz Wepper ist eines der prominentesten Seriengesichter des deutschen Fernsehens. Bilder seiner Karriere. © imago stock&people | STAR-MEDIA
„Hol schon mal den Wagen, Harry“ – dieser Satz scheint unwiderruflich mit Fritz Wepper und seiner Rolle als Harry Klein in dem ZDF- Dauerbrenner „Derrick“ verbunden zu sein. Von 1974 bis 1998 stand er als Inspektor ...
„Hol schon mal den Wagen, Harry“ – dieser Satz scheint unwiderruflich mit Fritz Wepper und seiner Rolle als Harry Klein in dem ZDF- Dauerbrenner „Derrick“ verbunden zu sein. Von 1974 bis 1998 stand er als Inspektor ... © dpa | Istvan Bajzat
... an der Seite von Horst Tappert (l.) alias Oberinspektor Stephan Derrick vor der Kamera.
... an der Seite von Horst Tappert (l.) alias Oberinspektor Stephan Derrick vor der Kamera. © REUTERS / Michael Kappeler
„Um Himmels Willen“ ist ein weiterer Erfolgs-Garant mit dem Münchner. Seit 2002 mimt Wepper den Bürgermeister Wöller der fiktiven niederbayerischen Stadt Kaltenthal.
„Um Himmels Willen“ ist ein weiterer Erfolgs-Garant mit dem Münchner. Seit 2002 mimt Wepper den Bürgermeister Wöller der fiktiven niederbayerischen Stadt Kaltenthal. © imago stock&people | APress
Als Bürgermeister macht er es den Klosterschwestern mit seiner intriganten, aufbrausenden und egoistischen Art nicht immer leicht.
Als Bürgermeister macht er es den Klosterschwestern mit seiner intriganten, aufbrausenden und egoistischen Art nicht immer leicht. © dpa | Ursula Düren
1979 heiratete Wepper seine Freundin Angela, 1981 wurde Tochter Sophie geboren. 2009 dann ein Bruch: Wepper ging eine Beziehung zu einer 35 Jahre jüngeren Frau ein und bekam mit ihr 2011 auch eine Tochter. Doch 2012 kehrte Wepper wieder zu seiner Ehefrau zurück.
1979 heiratete Wepper seine Freundin Angela, 1981 wurde Tochter Sophie geboren. 2009 dann ein Bruch: Wepper ging eine Beziehung zu einer 35 Jahre jüngeren Frau ein und bekam mit ihr 2011 auch eine Tochter. Doch 2012 kehrte Wepper wieder zu seiner Ehefrau zurück. © dpa | Felix Hörhager
Wer mehr Details wissen will, den verweist der Schauspieler auf seinen Lieblingsschriftsteller Oscar Wilde: „Nicht die Frage ist indiskret, sondern die Antwort.“
Wer mehr Details wissen will, den verweist der Schauspieler auf seinen Lieblingsschriftsteller Oscar Wilde: „Nicht die Frage ist indiskret, sondern die Antwort.“ © dpa | Felix Hörhager
Wepper ist populär und wurde vielfach ausgezeichnet, etwa mit dem Deutschen und dem Bayerischen Fernsehpreis. Als Psychologe Wendelin Winter stand er gemeinsam mit seiner Tochter Sophie vor der Kamera, als ihr Filmvater. „Wir verstehen uns prächtig, gerade auch durch unseren ähnlichen Humor.“
Wepper ist populär und wurde vielfach ausgezeichnet, etwa mit dem Deutschen und dem Bayerischen Fernsehpreis. Als Psychologe Wendelin Winter stand er gemeinsam mit seiner Tochter Sophie vor der Kamera, als ihr Filmvater. „Wir verstehen uns prächtig, gerade auch durch unseren ähnlichen Humor.“ © dpa | Jens Kalaene
„Von meiner Mutter und meiner Großmutter habe ich gelernt, Dinge nicht so ernst zu nehmen“, sagte Wepper (r.) einmal. Dabei war seine Kindheit entbehrungsreich. Als er etwa drei Jahre alt war, wurde sein Vater 1944 in Russland als vermisst gemeldet. Die Mutter musste sich mit ihm und dem knapp drei Jahre jüngeren Bruder Elmar alleine durchschlagen. Trotzdem ging es fröhlich zu. Seine Mutter sei sehr kultiviert gewesen und habe ihnen das Lachen beigebracht, erinnert sich der Darsteller. Das Erbe: Selbstironie und Mutterwitz.
„Von meiner Mutter und meiner Großmutter habe ich gelernt, Dinge nicht so ernst zu nehmen“, sagte Wepper (r.) einmal. Dabei war seine Kindheit entbehrungsreich. Als er etwa drei Jahre alt war, wurde sein Vater 1944 in Russland als vermisst gemeldet. Die Mutter musste sich mit ihm und dem knapp drei Jahre jüngeren Bruder Elmar alleine durchschlagen. Trotzdem ging es fröhlich zu. Seine Mutter sei sehr kultiviert gewesen und habe ihnen das Lachen beigebracht, erinnert sich der Darsteller. Das Erbe: Selbstironie und Mutterwitz. © ZDF | ZDF / privat
Die Wepper-Brüder: Zwei erfolgreiche Schauspieler.
Die Wepper-Brüder: Zwei erfolgreiche Schauspieler. © imago | Zeppo
1959 gelang Fritz Wepper (r.) der Durchbruch, auch international, mit Bernhard Wickis Antikriegsfilm „Die Brücke“ – in der Rolle des Albert Mutz.
1959 gelang Fritz Wepper (r.) der Durchbruch, auch international, mit Bernhard Wickis Antikriegsfilm „Die Brücke“ – in der Rolle des Albert Mutz. © imago | United Archives
Auch sein Spiel im US-amerikanischen Film-Musical „Cabaret“ aus dem Jahr 1972 brachte ihm (l.) Bekanntheit.
Auch sein Spiel im US-amerikanischen Film-Musical „Cabaret“ aus dem Jahr 1972 brachte ihm (l.) Bekanntheit. © imago stock&people | Imago United Archives
Und eine langjährige Freundschaft mit Liza Minnelli, die durch ihre „Cabaret“-Verkörperung der Sally Bowles weltbekannt wurde.
Und eine langjährige Freundschaft mit Liza Minnelli, die durch ihre „Cabaret“-Verkörperung der Sally Bowles weltbekannt wurde. © imago | Weißfuß
2016 wagte er sich für den Bezahlsender A & E in die finstere Gedankenwelt eines Serienmörders. Schauspieler spielen in der Kriminalreihe „Protokolle des Bösen“ Interviews mit Serienkillern nach. Weppers Part: Ein brutaler Mörder, der drei Menschen umgebracht hat und der sich noch Jahre später an grausamen Fantasien ergötzt: „Ich könnte jederzeit töten, wie ein Monster; ich liebe dieses Biest.“
2016 wagte er sich für den Bezahlsender A & E in die finstere Gedankenwelt eines Serienmörders. Schauspieler spielen in der Kriminalreihe „Protokolle des Bösen“ Interviews mit Serienkillern nach. Weppers Part: Ein brutaler Mörder, der drei Menschen umgebracht hat und der sich noch Jahre später an grausamen Fantasien ergötzt: „Ich könnte jederzeit töten, wie ein Monster; ich liebe dieses Biest.“ © A&E | Joerg Koch
Keine einfache Rolle: „Die Darstellung dieses Mörders und Psychopathen ist eine der größten Herausforderungen meiner bisherigen schauspielerischen Laufbahn“, gibt Wepper zu.
Keine einfache Rolle: „Die Darstellung dieses Mörders und Psychopathen ist eine der größten Herausforderungen meiner bisherigen schauspielerischen Laufbahn“, gibt Wepper zu. © Getty Images for A&E | Joerg Koch
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Auch wenn ihn das aufbrausende Temperament zu Hause nicht so beliebt macht – das Publikum hat ihn ins Herz geschlossen. Er ist ein Ekel in Hochpotenz, ein Chef zum Fürchten. „Es gibt Zuschauer, die so gerne mal ihrem Chef so richtig die Meinung sagen möchten.“ Er übernehme die Chefrolle stellvertretend. Dampf ablassen im Fernsehsessel.

1972 eine Rolle an der Seite von Liza Minnelli

Wepper hat jedoch noch eine andere Seite, die Seite der absoluten Ruhe. „Ich habe die Einführung in die Lehre des Zen unter klosterähnlichen Bedingungen von einem japanischen Zen-Meister gelernt. Das war für mich eine ganz besondere Lebenserfahrung, die ich machen durfte. Ich meditiere und lasse das Nichtdenken geschehen.“ So tankt er Kraft, auch, wenn er sich auf den Boden legt, ein Buch auf dem Bauch, den Atem auf und ab gehen sieht. Der Anti-Wöller sozusagen.

Dabei hat Wepper auch andere Rollen gespielt: 1972 wirkte er an der Seite von Liza Minnelli mit. In „Cabaret“ war er der jüdische Gigolo Fritz Wendel. Der Film wurde mit acht Oscars ausgezeichnet.

„Das gehört der Vergangenheit an“, meint Wepper. „Das Enttäuschende war eigentlich nur, dass ‚Derrick‘-Produzent Helmut Ringelmann nach der ‚Cabaret‘-Premiere zu mir kam und sagte: ‚Fritz, solche Rollen solltest du nicht spielen.‘ Ich dachte, der macht einen Witz. Es war aber keiner. Außerdem durfte ich nicht die Einladung zur Oscarverleihung wahrnehmen. Das fand ich schon sehr taktlos.“

„Harry, hol schon mal den Wagen“

Aus „Derrick“ (1974 bis 1998) ist ein Satz hängen geblieben, der TV-Geschichte schrieb. „Harry, hol schon mal den Wagen!“ Längst ist bekannt, dass der Satz in 281 Folgen nie gefallen ist. Einmal hieß es schlicht: „Harry, wir brauchen den Wagen. Sofort!“ Ein Missverständnis, das Wepper nicht weiter interessiert. Er freut sich, „dass die Zuschauer es mir gestattet haben, Harry Klein gewesen zu sein und nun als Bürgermeister Wöller wahrgenommen zu werden“.

Überraschende Worte. Denn für viele Schauspieler ist der Serienauftritt nur ein notwendiges Übel. Nicht für ihn. „Wenn die Gesundheit mitmacht – und es hängt ja auch mit dem Alter zusammen, inwieweit man diese Leistung bringen kann –, möchte ich so lange dabei sein wie möglich.“