Essen. Runder Geburtstag für Derricks Assistenten: Fritz Wepper wird 75 und hat sich mit „Um Himmels Willen“ zum TV-Liebling entwickelt.
Fritz Wepper hat geschafft, was nur wenigen gelingt: Er hat sein Image verändert. Aus Derricks Hilfskommissar Harry wurde Bürgermeister Wöller, der den Nonnen in „Um Himmels Willen“ (ARD) das Leben zur Hölle macht. Schauspielerischer Glanz am Vorabend kommt nicht so oft vor. Aber Wepper spielt diesen intriganten Stinkstiefel mit so viel Gespür für die wirklichen Stinkstiefel im Leben, dass sich ein Gedanke aufdrängt: Der Wepper ist der Wöller.
Selten genug, dass es diese Einheit von Rolle und Person gibt. Götz George und Schimanski, das ging Richtung Kult. In dieser Liga spielt Wepper keineswegs, aber er kann es durchaus mit einem anderen Pärchen aufnehmen: Klausjürgen Wussow und Prof. Brinkmann, Chef der Schwarzwaldklinik.
Seine Frau ermahnt ihn, die Filmrolle abzulegen
Während George und auch Wussow immer darauf hinzuweisen wussten, wie viel mehr noch in ihnen steckt, sieht Wepper sich nah bei Wöller, den er seit 2002 ununterbrochen spielt. Seine Frau, so sagte er unserer Redaktion, ermahne ihn sogar manchmal: „Jetzt lass den Wöller aber mal am Drehort.“ Zu seinem 75. Geburtstag, den der Schauspieler am Mittwoch feiert, kann man ihm also nur raten, weniger mit der Faust auf den Tisch zu hauen.
Der deutsche Serienstar Fritz Wepper
Auch wenn ihn das aufbrausende Temperament zu Hause nicht so beliebt macht – das Publikum hat ihn ins Herz geschlossen. Er ist ein Ekel in Hochpotenz, ein Chef zum Fürchten. „Es gibt Zuschauer, die so gerne mal ihrem Chef so richtig die Meinung sagen möchten.“ Er übernehme die Chefrolle stellvertretend. Dampf ablassen im Fernsehsessel.
1972 eine Rolle an der Seite von Liza Minnelli
Wepper hat jedoch noch eine andere Seite, die Seite der absoluten Ruhe. „Ich habe die Einführung in die Lehre des Zen unter klosterähnlichen Bedingungen von einem japanischen Zen-Meister gelernt. Das war für mich eine ganz besondere Lebenserfahrung, die ich machen durfte. Ich meditiere und lasse das Nichtdenken geschehen.“ So tankt er Kraft, auch, wenn er sich auf den Boden legt, ein Buch auf dem Bauch, den Atem auf und ab gehen sieht. Der Anti-Wöller sozusagen.
Dabei hat Wepper auch andere Rollen gespielt: 1972 wirkte er an der Seite von Liza Minnelli mit. In „Cabaret“ war er der jüdische Gigolo Fritz Wendel. Der Film wurde mit acht Oscars ausgezeichnet.
„Das gehört der Vergangenheit an“, meint Wepper. „Das Enttäuschende war eigentlich nur, dass ‚Derrick‘-Produzent Helmut Ringelmann nach der ‚Cabaret‘-Premiere zu mir kam und sagte: ‚Fritz, solche Rollen solltest du nicht spielen.‘ Ich dachte, der macht einen Witz. Es war aber keiner. Außerdem durfte ich nicht die Einladung zur Oscarverleihung wahrnehmen. Das fand ich schon sehr taktlos.“
„Harry, hol schon mal den Wagen“
Aus „Derrick“ (1974 bis 1998) ist ein Satz hängen geblieben, der TV-Geschichte schrieb. „Harry, hol schon mal den Wagen!“ Längst ist bekannt, dass der Satz in 281 Folgen nie gefallen ist. Einmal hieß es schlicht: „Harry, wir brauchen den Wagen. Sofort!“ Ein Missverständnis, das Wepper nicht weiter interessiert. Er freut sich, „dass die Zuschauer es mir gestattet haben, Harry Klein gewesen zu sein und nun als Bürgermeister Wöller wahrgenommen zu werden“.
Überraschende Worte. Denn für viele Schauspieler ist der Serienauftritt nur ein notwendiges Übel. Nicht für ihn. „Wenn die Gesundheit mitmacht – und es hängt ja auch mit dem Alter zusammen, inwieweit man diese Leistung bringen kann –, möchte ich so lange dabei sein wie möglich.“