São Paulo/Berlin. Entführer haben Berichten zufolge die Schwiegermutter von Bernie Ecclestone in ihrer Gewalt. Sie fordern ein Lösegeld in Millionenhöhe.

Bernie Eccle­stone hat viel erlebt in seinen bisher 85 Jahren. Er ist Rennsport-Legende, Milliardär und Machtmensch, er wurde bedroht, erpresst und geschlagen. Doch was er nun mitmacht, ist auch für ihn eine neue Dimension. Ecclestone bangt um das Leben seiner Schwiegermutter: Die 67 Jahre alte Aparecida Schunk ist in São Paulo entführt worden, berichten brasilianische Medien.

Die Details liegen im Dunkeln. Bisher weiß man, dass die Mutter von Ecclestones brasilianischer Ehefrau Fabiana Flosi bereits am Freitag in die Hände der Entführer fiel. Das berichtet Brasiliens Hauptnachrichtensendung „Jornal Nacional“. Die Geiselnehmer haben die Familie demnach kontaktiert und umgerechnet rund 42 Millionen Euro Lösegeld gefordert. Es wäre die höchste Lösegeldforderung in der Kriminalgeschichte des südamerikanischen Landes, in dem immer wieder Angehörige von Prominenten und auch Touristen entführt werden. Die Kidnapper hätten von Ecclestones Familie verlangt, dass ihnen die Summe in britischem Pfund ausgezahlt und in vier Taschen verpackt werde, schreibt das Wochenmagazin „Veja“.

Dass der Fall überhaupt öffentlich wurde, ist ungewöhnlich. „Ich kann mir nicht erklären, warum die Familie diese Information an die Presse gegeben haben könnte“, sagt der Münchner Sicherheitsberater Markus Weidenauer dieser Redaktion. So ein Vorgehen sei in Entführungsfällen untypisch, zumal er davon ausgehe, dass Ecclestone mit einem privaten Krisenstab zusammenarbeite. „Ich kann es mir nur so erklären, dass die Familie die örtlichen Behörden einbezogen hat und die Information von dort an die Medien durchgestochen wurde.“

Ecclestones Privatvermögen: drei Milliarden Euro

Ecclestone hatte die 47 Jahre jüngere Fabiana Flosi 2009 beim Großen Preis von São Paulo kennengelernt. Flosi ist die dritte Ehefrau des langjährigen Formel-1-Alleinherrschers, der aus vorherigen Beziehungen drei Töchter hat. Ecclestone, dessen Vermögen das Magazin „Forbes“ auf drei Milliarden Euro schätzt, ist eine der schillerndsten Persönlichkeiten der Sportwelt. Und ein Mensch, der sich zu seinem Streben nach Reichtum bekennt.

1930 wurde er als Sohn eines Fischkutterkapitäns in Ipswich (England) geboren und stellte schnell seine Geschäftstüchtigkeit unter Beweis. Schon als Elfjähriger soll er beim Bäcker nebenan Brötchen gekauft und sie für das Doppelte auf dem Schulhof verhökert haben. Mit 16 brach er die Schule ab, wurde zunächst Autohändler und ein mäßig begabter Rennfahrer. Später engagierte Jochen Rindt ihn als Manager. Der deutsch-österreichische Formel-1-Pilot verunglückte 1970 in Monza tödlich, wurde aufgrund seines Punktevorsprungs aber posthum Weltmeister. Seit Anfang der 70er-Jahre arbeitet Ecclestone an der Professionalisierung der Formel 1 und vermarktet weltweit die Rennveranstaltungen an Fernsehsender und Werbefirmen. Es ist sein Verdienst, dass die Formel 1 heute nach Olympischen Spielen und Fußball-Weltmeisterschaften das größte Sportereignis der Welt ist.

Bereits mehrfach Opfer von Kriminellen

Der – auch zur Schau gestellte – Erfolg bringt ihn und sein Umfeld immer wieder in Gefahr. Ecclestone war bereits mehrfach Opfer von Kriminellen. 2010 wurde er in London bei einem Raubüberfall verletzt. Vier Männer hatten ihm und seiner Freundin in der Nähe seines Büros aufgelauert und Schmuck und Wertsachen im Wert von fast 237.000 Euro erbeutet. 2012 versuchte ein Zahntechniker, von dem Formel-1-Boss rund 250.000 Euro zu erpressen: Der Mann gab sich gegenüber Ecclestone als Sicherheitsspezialist aus und behauptete, es gebe Pläne, Ecclestones damals 27-jährige Tochter Tamara zu entführen. Er wisse, wie die Entführung zu verhindern sei – doch dafür wollte er bezahlt werden. Die Polizei konnte den Erpresser überführen, ein Gericht verurteilte ihn zu fünf Jahren Gefängnis.

Dem Gefängnis war auch Ecclestone selber nahe. Er soll den damaligen BayernLB-Vorstand mit 33 Millionen Euro geschmiert haben. Den Prozess gegen Ecclestone stellte das Münchner Landgericht 2014 gegen eine Zahlung von rund 100 Millionen Dollar ein. Doch das war offenbar nicht die schwerste Prüfung seines Lebens.