Berlin. Sie gilt als anspruchsvoll, doch der Erfolg gibt ihr Recht: Susan Sarandon spricht über ihre Rolle als Übermutter und über Erneuerung.

Ein Interview mit Susan Sarandon ist nicht einfach nur ein Interview. Es ist eine intensive Begegnung mit tief empfundenen Ansichten über das Leben, die Welt und die Liebe. Da gerät die Komödie „Mit besten Absichten“ (ab 14. Juli im Kino) fast in den Hintergrund – obwohl der 69-Jährigen dafür eine Oscarnominierung prophezeit wird. Mit Susan Sarandon sprach Rüdiger Sturm.

Sie spielen in „Mit besten Absichten“ eine Mutter, die das Leben ihrer Tochter zu steuern versucht. Da liegt die erste Frage nahe ...

Susan Sarandon: Ob ich mich selbst auch so einmische? Aber natürlich. Auch aus diesem Grund macht mir das Leben als Mutter besonderen Spaß.

Aber finden das Ihre Kinder so toll? Ihre Filmtochter reagiert ja reichlich genervt.

Sarandon: Ich halte meine Grenzen im Kontakt zu meinen Kindern ein. Ich dränge ihnen meinen Rat nicht auf. Es geht eher darum, dass ich ihnen Sachen empfehle – Musik oder Bücher. Auch kenne ich ihre Freunde. Gleichzeitig geben sie mir Empfehlungen und manchmal reden sie mir in mein Privatleben rein, was ich dann nicht unbedingt gebrauchen kann.

Sie sind inzwischen 69, wirken aber immer noch sehr jugendlich. Merken Sie das Älterwerden?

Sarandon: Natürlich, aber ich trete in meinem Leben nicht auf die Bremse, gehe weiterhin aus, was meine Kinder etwas verwunderlich finden. Gleichzeitig bin ich für ihre Einflüsse offen. Ich lerne viel von ihnen – vor allem, wenn wir gleichzeitig dieselben Bücher lesen oder Filme sehen und darüber diskutieren. Ich versuche, geistig beweglich zu bleiben.

Ihr Liebesleben ist ja auch in Bewegung. Vor sieben Jahren trennten Sie sich von Tim Robbins, um danach eine Beziehung mit dem 31 Jahre jüngeren Jonathan Bricklin zu beginnen, die letztes Jahr zu Ende ging ...

Sarandon: Für manche Leute ist das Leben ein linearer Prozess – du kommst immer wieder zu einem bestimmten Punkt, an dem du etwas erreicht hast, und irgendwann stoppst du. Aber ich sehe das nicht so. Es ist ein lebendiger, ständig wachsender Organismus. Und das gilt auch für meine Beziehungen. Eine meiner größten Stärken ist es, für unerwartete Entwicklungen offen zu sein. Ich ändere die Richtung und probiere etwas völlig Unbekanntes aus. Ich plane meine Beziehungen nicht, und deshalb lässt sich das Leben für mich immer etwas Neues einfallen.

Wie ist es, wenn Ihnen das Leben Enttäuschungen bereitet? Gehen Sie damit so locker um?

Sarandon: Ich will nicht behaupten, dass alles ein Zuckerschlecken ist. Aber ich habe mir ein Motto auf mein rechtes Handgelenk tätowieren lassen, das mir da weiterhilft. Es sieht aus wie ein Stück Stacheldraht, aber eigentlich sind es die ineinander verflochtene Buchstaben ‚AND‘ – sie stehen für ‚A New Dawn, A New Day‘. Das heißt: ‚Jeder neue Morgen ist der Beginn eines neuen Tages.‘ Jeden Tag, wenn ich aufwache, erinnert es mich, dass ich neu anfangen und die Probleme, die mich gestern geplagt haben, ziehen lassen kann.

Verändert sich die Liebe mit dem Älterwerden?

Sarandon: Natürlich verändert sich die Liebe im Alter – wie alles. Es wäre ja auch schlimm, wenn ich mit 69 genauso über die Liebe denken würde wie mit 19. Je länger du lebst, desto mehr Fehler hast du gemacht, aus denen du lernen kannst. Du weißt, wie viel Mitgefühl und Verständnis notwendig ist, und was du von deinem Partner verlangen kannst und was nicht. Es geht nicht darum, den anderen zu besitzen. Wichtig ist Ehrlichkeit, Authentizität – du suchst jemand, der dich auf gute Weise herausfordert. Wobei so jemand nicht leicht zu finden ist.

Hätten Sie eigentlich auch ein Lächeln für Donald Trump übrig?

Sarandon: Sagen wir es so, in diesem Mann gibt es sicher etwas Liebeswertes. Das lässt sich auch finden. Aber das heißt nie und nimmer, dass ich ihn politisch jemals unterstützen würde.