David Bowie, Ali, „Schimanski“ – Wenn unsere Idole sterben
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Von Walter Bau
Berlin. Idole sind ein Stück unseres Lebens – und wenn sie sterben, geht auch ein Stück unseres Lebens verloren. Das macht es so schwer.
Als David Bowie starb, hatte ich sofort ein Bild vor Augen. Das Bild eines, nun ja, etwas schrägen Schallplatten-Covers: Bowie, halb Mensch, halb Tier, auf dem Holzboden kauernd,neben ihm zwei bucklige Gnome. Ich weiß noch, dass meine Mutter ein bisschen besorgt guckte, als ihr 14-jähriger Sohn die LP anschleppte. James Last, meinte sie, sei doch auch ganz schön.
„Diamond Dogs“ war eine meiner ersten eigenen Langspielplatten, und ich hütete sie wie einen Schatz. Das war 1974 und Bowie war mein Held. In den folgenden vier Jahrzehnten habe ich David Bowie immer mal wieder aus den Augen verloren und wiedergefunden. Die Nachricht von seinem Tod Anfang des Jahres hat mich geschockt. Ich fühlte, da war für mich mehr gestorben als ein großer Musiker. Da starb ein Stück meiner Jugend. Idole sind nicht zuletzt Erinnerungen.
Schon mehr als 30 prominente Todesfälle in 2016
Anderen mag es in den letzten Monaten ähnlich ergangen sein, vielleicht beim Tod von Lemmy Kilmister, bei Prince oder auch bei Peter Behrens. 2016 ist schon jetzt ein Jahr prominenter Todesfälle. Mehr als 30 Mal schickte die Deutsche Presse Agentur (dpa) in diesem Halbjahr schon eine „Eilmeldung“ für einen toten Prominenten. 2015 gab es im ersten Halbjahr 25 solcher Meldungen, 2014 waren es 16, in den ersten Halbjahren 2013 und 2012 jeweils acht.
Als jetzt Bud Spencer starb, rief mich ein alter Bekannter auf dem Handy an. „Haste gehört? Bud Spencer. Mann! Zwei Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle, weiß ich noch wie gestern.“ Wieder wurden Bilder lebendig: Bud Spencer und Terence Hill prügeln sich durch die Kulissen, immer mit viel Radau, aber komischerweise nie ein Spritzer Blut. Dazu die Hits von Oliver Onions: „Flying through the air“. Wir waren Jungs, zwölf oder dreizehn, alles fing gerade erst an. „Für pubertierende Knaben in den siebziger Jahren war Bud Spencer eine Fleischberg gewordene Allmachtsfantasie mit einem Schuss Humor und Gutmütigkeit“, schrieb die FAZ zum Tod von Bud Spencer. Bud Spencer war ein Kumpel. Unser Kumpel.
So verlief die Karriere von Bud Spencer
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Wir zünden Kerzen an und kramen die alten Platten raus
Wenn Idole unserer frühen Jahre sterben, trifft uns das tief. Selbst dann, wenn man nicht den Schrank voll hat mit einschlägigen Platten oder CDs. Wir treffen uns vor Clubs und Musikstudios, legen Blumen nieder und zünden Kerzen an, kramen die alten CDs raus oder gucken mit feuchten Augen die Filme von damals.
Als Muhammad Ali starb, sah ich mich sofort wieder in unserem alten Wohnzimmer vor dem Fernseher, morgens um vier Uhr, mit meinem Vater und meinem Bruder, wie wir gebannt die Live-Übertragung vom Boxkampf aus Zaire oder aus dem Madison Square Garden verfolgten. Vielleicht entspringen die Trauer und das Erschrecken über Alis Tod ja nicht zuletzt dem Wissen um die Unwiederbringlichkeit solcher Momente.
Das Leben von Box-Legende Muhammad Ali
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„Wir können nicht nach Ersatz-Idolen googeln“
Idole sind nicht ersetzbar, nicht austauschbar. Ebenso wenig die Gefühle, die sie in uns wecken. So ein Unaustauschbarer war der gerade verstorbene Götz George – der Mann, der Horst Schimanski war. „Schimmi“, auch so ein Held aus einer Zeit, als es nur zwei Fernsehprogramme gab und noch nicht jede Serie, die es auf mehr als eine Staffel brachte, gleich in den Kultstatus erhoben wurde. Kult musste man sich hart erarbeiten. So wie Schimanski, den wir um seine rabaukenhafte Unangepasstheit beneideten. Der traute sich was! „Für Götz George und Bud Spencer werden wir nicht gleich morgen nach Ersatz googeln“, schrieb Thomas Gottschalk gerade bei „Spiegel Online“ zum Tod der beiden Mimen, „sondern sie werden uns einfach fehlen.“ So ist das.
Am Freitag sendet die ARD zwei alte „Schimanski“-Folgen hintereinander. Ich werd’ sie beide gucken.