Was im Fernsehen nach lockerer Plauderei klingt, ist tatsächlich harte Arbeit. Oliver Schmidt berichtet vom Alltag eines Kommentators.

Seine Stimme werden am Donnerstagabend wieder mehr als 15 Millionen Menschen hören – und einige auch über ihn schimpfen. Oliver Schmidt kommentiert für das ZDF das Spiel Deutschland gegen Polen (21 Uhr). Bei aller Aufmerksamkeit um die Begegnung, der 44-Jährige bleibt sicher ruhig. „Vorfreude ist da, aber Aufregung? Nein.“ Für Schmidt ist das inzwischen Gewohnheit. Seit 2007 kommentiert er Fußballspiele im Fernsehen. Seit 2010 auch bei Turnieren.

Was für viele Zuschauer manchmal wie einfaches Geplauder klingt, ist tatsächlich mit viel Aufwand verbunden. Seit dem Frühjahr weiß Schmidt, welche Spiele der EM-Vorrunde er kommentieren wird. Seitdem bereitet er sich vor. „Ich schaue mir natürlich so viele Spiele wie möglich an“, erklärt Schmidt. Gerade bei Mannschaften wie Polen gehe es aber auch um die richtige Aussprache der Namen. „Da frage ich dann schon mal Kollegen um Rat.“ Auch den Kontakt zu Journalisten und Experten aus dem jeweiligen Land sucht Schmidt.

Richtig ernst aber wird es auch für die Kommentatoren erst mit Turnierbeginn – und stressig. Am Wochenende war Schmidt in Marseille für die Partie England gegen Russland, am Dienstag in Bordeaux, heute in Paris und morgen schon wieder in Nizza. „Wir brauchen aber kein Mitleid“, scherzt Schmidt mit Blick auf den Reiseplan. Direkt nach der langen Bundesligasaison jetzt also ein Turnier. Die zwei Söhne von Oliver Schmidt werden noch einige Wochen auf den Vater verzichten müssen. „Zum Glück sind jetzt noch keine Sommerferien“, sagt Schmidt. Der Familienurlaub ist auf jeden Fall gesichert.

Jedem Kommentator steht ein Redakteur zur Seite

Bis dahin aber liegt noch einiges vor ihm. Die Debatten um Sicherheit und die Gefahr von Terrorangriffen versucht Schmidt möglichst zu verdrängen. „Natürlich nimmt man die Diskussion wahr. Aber während der Arbeit lassen wir das nicht an uns ran“, sagt er. „Wir müssen ruhig bleiben. Um uns herum herrscht schon Aufregung genug.“

Die Ausschreitungen rund um das Spiel England gegen Russland in Marseille habe er auch nur im Fernsehen gesehen. „In den Städten versuchen wir große Menschengruppen zu meiden.“

Auf all seinen Touren und auch bei der Vorbereitung steht jedem Kommentator ein Redakteur zur Seite. Für Oliver Schmidt ist das Alexander Kramer. „Wir sind quasi ein Ehepaar auf Zeit“, sagt Schmidt. Die anderen Kommentatoren-Kollegen trifft er nur selten. „Wenn es passt, machen wir mal einen Teamabend in Paris“, sagt Schmidt. Aber so eine Europameisterschaft sei eben eine intensive Zeit, bei der kaum Freizeit bleibt.

Auch für den Kommentator gilt: „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“

Am Spieltag selbst sind die Kommentatoren meist schon fünf bis sechs Stunden vor Spielbeginn im Stadion. Dann geht es vor allem um technische Einstellungen. „Manchmal gibt es auch noch ein kurzes Telefonat mit dem Co-Trainer der Nationalmannschaft, Thomas Schneider“, sagt Schmidt. Bis zum Anpfiff werden letzte Absprachen mit der Regie in Paris geführt und dann geht es los. 90 Minuten konzentriert sich Schmidt dann auf das Spiel und auf seine Worte.

Obwohl das Spiel der deutschen Mannschaft besondere Beachtung genießt, Partien wie Österreich gegen Ungarn kommentiert Schmidt ebenso gerne. „Jedes Spiel kann spannend sein, und gerade bei den vermeintlich kleinen gibt es ja oft Überraschungen.“ Und auch deutsche Spiele seien ja nicht immer spektakulär, fügt er leise hinzu. Nach dem Abpfiff Mittwochabend heißt es für Schmidt vor allem, schnell ins Hotel zu kommen. Früh am Freitagmorgen geht es weiter zur Partie Spanien gegen die Türkei in Nizza – dann beginnt alles wieder von vorne. „Da hat man auch wenig Zeit, Eindrücke sacken zu lassen“, erklärt Schmidt. Nur mit seinem Kollegen Alexander Kramer gibt es kurze Auswertungen des Spiels und der eigenen Leistung.

Für das wichtige Spiel der deutschen Mannschaft am Abend wünscht sich Oliver Schmidt vor allem eins: Tore. „Ein 2:2 wäre doch ein Ergebnis, mit dem alle leben könnten.“