Berlin. Sie spielte mit Stars wie Walter Giller und Kirk Douglas. Doch meist wird Ingrid van Bergen mit einer Tat von vor 40 Jahren verbunden.

Viele, die ihren Namen hören, denken an ihre Tat: In der Nacht zum 3. Februar 1977 erschoss die Schauspielerin Ingrid van Bergen ihren Geliebten. „Damals war ich völlig außer Kontrolle“, sagt van Bergen heute. Dass ihr Racheakt sie bis zu ihrem 85. Geburtstag am Mittwoch verfolgt, hat auch mit ihrem Umgang damit zu tun: Van Bergen bemühte sich immer, die Tat als Medienspektakel zu nutzen.

Zwar lebt sie heute zurückgezogen mit ihren drei Hunden, drei Katzen und einem andalusischen Pferd in der Lüneburger Heide. Doch lange hatte sie versucht, wieder Fuß zu fassen im Showgeschäft. Fast schien es, als sei sie enttäuscht, dass sich die Sender nicht viel stärker um sie bemühten. Hatte sie doch das zu bieten, wonach der Boulevard lechzte: Sex and Crime. Doch eine Kriminelle war damals noch ein Tabu, für TV-Anstalten, Regisseure – und nicht zuletzt fürs Publikum. Man wollte saubere Helden. Und keine Frau, die sich mit Gin in Rage soff und dann abdrückte.

Immer wieder versuchte sie, in Talkshows Sympathien zu gewinnen. Erst bei RTL konnte sie die Tat als Spektakel abfeiern. Unvergessen ihre Beichte im Dschungelcamp 2009: Wie eine Märchenoma am Lagerfeuer zelebrierte van Bergen, damals 77 Jahre alt, das Drama einer Nacht. Mit gesenkter Stimme berichtete sie, wie sie von ihrem 33-jährigen Lebensgefährten Klaus Knaths, einem Finanzmakler und Frauenheld, gedemütigt worden sei. An dem besagten Abend habe sie Wein und Gin getrunken und gemeinsame Fotos im Kamin verbrannt. Sie packte regelrecht aus. Es klang wie aus einem schlechten Film, als sie von Knaths Geldkoffern sprach – und letztlich von seiner Waffe. Und daran, dass sie sich dann nur noch an die Leiche vor dem Haus erinnere. Der Abend war ein Beispiel dafür, wie sich Trash-TV zu einer Art Ersatzgericht aufspielte.

Schauspielerin ist seit 1977 Single

Ingrid van Bergen, die als deutsches Kurvenwunder sogar mit Stars wie Robert Mitchum oder Kirk Douglas drehte und mit „Rosen für den Staatsanwalt“ 1959 ihren größten Erfolg feierte, wurde für ihre Tat zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt. Nach fünf Jahren im Frauengefängnis in Bayern dann 1982 die Freilassung. Ein Medienrummel, der seinesgleichen suchen konnte und dafür sorgte, dass sie sich zurück ins Gefängnis wünschte: „Da konnte keiner rein und mir blöde Fragen stellen.“

Schauspielerin Ingrid van Bergen wird 85

Die Schauspielerin Ingrid van Bergen startete ihre Karriere direkt nach dem Abitur mit einer Ausbildung an der Staatlichen Hochschule für Musik Hamburg, wo sie auch zur Sängerin ausgebildet wurde. Erste Erfolge verbuchte sie schon zu Beginn der 50er Jahre, unter anderem war sie Mitbegründerin des politischen Kabaretts „Die kleinen Fische“. Aber auch für TV-Produktionen wurde sie schnell entdeckt, hier in dem Musical Goldilocks aus dem Jahr 1965.
Die Schauspielerin Ingrid van Bergen startete ihre Karriere direkt nach dem Abitur mit einer Ausbildung an der Staatlichen Hochschule für Musik Hamburg, wo sie auch zur Sängerin ausgebildet wurde. Erste Erfolge verbuchte sie schon zu Beginn der 50er Jahre, unter anderem war sie Mitbegründerin des politischen Kabaretts „Die kleinen Fische“. Aber auch für TV-Produktionen wurde sie schnell entdeckt, hier in dem Musical Goldilocks aus dem Jahr 1965. © imago/United Archives | imago stock&people
Eine blonde femme Fatale – die junge Schauspielerin Ingrid van Bergen mit einer Zigarette auf einem undatierten Portrait.
Eine blonde femme Fatale – die junge Schauspielerin Ingrid van Bergen mit einer Zigarette auf einem undatierten Portrait. © dpa | dpa
Sie avancierte im Verlaufe der 50er und 60er Jahre zu einer der bekanntesten deutschen Schauspielerinnen, unter anderem ihre „rauchige“ Stimme hinterließ bleibenden Eindruck. Häufig wurde sie als Bardame, Prostituierte oder untreue Hausfrau besetzt. Sie spielte mit etlichen bekannten Schauspielern, von Heinz Rühmann bis Kirk Douglas. Hier ist sie mit Heinz Reincke in dem Film „Die Flasche“ aus dem Jahr 1965 zu sehen.
Sie avancierte im Verlaufe der 50er und 60er Jahre zu einer der bekanntesten deutschen Schauspielerinnen, unter anderem ihre „rauchige“ Stimme hinterließ bleibenden Eindruck. Häufig wurde sie als Bardame, Prostituierte oder untreue Hausfrau besetzt. Sie spielte mit etlichen bekannten Schauspielern, von Heinz Rühmann bis Kirk Douglas. Hier ist sie mit Heinz Reincke in dem Film „Die Flasche“ aus dem Jahr 1965 zu sehen. © imago/United Archives | imago stock&people
Privates Glück dagegen ließ auf sich warten, so war sie insgesamt vier mal verheiratet, unter anderem mit dem Schauspieler Michael Hinz, dem Vater ihrer Tochter Carolin.
Privates Glück dagegen ließ auf sich warten, so war sie insgesamt vier mal verheiratet, unter anderem mit dem Schauspieler Michael Hinz, dem Vater ihrer Tochter Carolin. © imago/United Archives | imago stock&people
Im Affekt erschoss sie in der Nacht vom 2. auf den 3. Februar 1977 ihren damals 33-jährigen Geliebten, den Finanzmakler Klaus Knaths. Am 27. Juli 1977 wurde sie wegen Totschlages in München zu einer Haftstrafe von 7 Jahren verurteilt, wovon sie weniger als 5 Jahre verbüßte. 1982 wurde sie wegen guter Führung entlassen.
Im Affekt erschoss sie in der Nacht vom 2. auf den 3. Februar 1977 ihren damals 33-jährigen Geliebten, den Finanzmakler Klaus Knaths. Am 27. Juli 1977 wurde sie wegen Totschlages in München zu einer Haftstrafe von 7 Jahren verurteilt, wovon sie weniger als 5 Jahre verbüßte. 1982 wurde sie wegen guter Führung entlassen. © dpa | Istvan Bajzat
Es war nicht möglich für Ingrid van Bergen nach ihrer Haft an die alten Erfolge anzuknüpfen. Sie zog zeitweise nach Spanien. Im Verlauf der 90er Jahre verbesserte sich ihre Situation langsam; mit dem Einpersonenstück „Die Klatschmohnfrau“ nach einer Romanvorlage von Noëlle Châtelet eroberte sie im Jahr 2005 die Theaterbühne.
Es war nicht möglich für Ingrid van Bergen nach ihrer Haft an die alten Erfolge anzuknüpfen. Sie zog zeitweise nach Spanien. Im Verlauf der 90er Jahre verbesserte sich ihre Situation langsam; mit dem Einpersonenstück „Die Klatschmohnfrau“ nach einer Romanvorlage von Noëlle Châtelet eroberte sie im Jahr 2005 die Theaterbühne. © imago stock&people | imago stock&people
Bei den Störtebeker-Festspielen auf der Insel Rügen war Ingrid van Bergen von 2005 bis 2008 Ensemblemitglied...
Bei den Störtebeker-Festspielen auf der Insel Rügen war Ingrid van Bergen von 2005 bis 2008 Ensemblemitglied... © imago stock&people | imago stock&people
...und wagte sich – mit stolzen 78 Jahren –  im Jahr 2009 für den Sender RTL in das Dschungelcamp, das sie als Dschungelkönigin verließ.
...und wagte sich – mit stolzen 78 Jahren – im Jahr 2009 für den Sender RTL in das Dschungelcamp, das sie als Dschungelkönigin verließ. © RTL
Buddhistin, Veganerin, Tierschützerin – vielfältig aktiv ist Ingrid van Bergen bis heute. Bei diesem Fototermin ist sie in Eyendorf im Kreis Harburg (Niedersachsen) in ihrem Haus. Am 15. Juni 2016 wird die Schauspielerin 85 Jahre alt – wir gratulieren!
Buddhistin, Veganerin, Tierschützerin – vielfältig aktiv ist Ingrid van Bergen bis heute. Bei diesem Fototermin ist sie in Eyendorf im Kreis Harburg (Niedersachsen) in ihrem Haus. Am 15. Juni 2016 wird die Schauspielerin 85 Jahre alt – wir gratulieren! © dpa | Philipp Schulze
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Als sie wieder da war, war sie – wen wundert es – die Böse, die Mörderin, die Teufelin. Und damit auch privat am Ende. „Ich bin seit 1977 Single. Ich habe seither nie wieder engeren Kontakt mit einem Mann gehabt als einen Handschlag – ich habe gesehen, wo das hinführen kann. Damals war ich ja völlig außer Kontrolle.“

Doch sie brauchte Rollen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Sie musste die Gerichtskosten zahlen, den Unterhalt für die beiden Knaths-Kinder und für die Witwe. Also musste sie sich über Wasser halten mit Filmen wie „Meine polnische Jungfrau“ (2001), „Kratzbürsten – Lust und Frust im reifen Alter“ oder „Neues vom Wixxer“ (2007). Da kam ihr eine Kraft zugute, die sie selbst als ihre zentrale Energie beschreibt: „Der Glaube daran, sich selbst aus dem Sumpf zu ziehen.“ Das richtige Konzept also, um in den Dschungel zu ziehen, der ihr endlich die Aufmerksamkeit verschaffte, die sie über Jahrzehnte suchte. Ungeschminkt saß sie da, in manchen Augen wirkte sie heruntergekommen. Doch das Ungepflegte wurde Kult wie van Bergens Motto. „Ich muss nicht ewig an mir rumstylen.“

Die ewige Rolle als Vamp

Das damalige Bekenntnis zur Natürlichkeit, zu ihrem 77 Jahre alten Körper, war gewagt, doch für sie ein Gewinn: Van Bergen wurde Dschungelkönigin. Mit ihrem Appell gegen alles Oberflächliche wurde sie gar zur altersweisen Lady hochstilisiert. Dass sie – Veganerin – Känguruhoden herunterwürgte, war noch das Sahnehäubchen obendrauf.

In ihren Filmen bediente sie die Rolle des Vamps. Ein falsches Bild, sagt sie heute. Gefühlt habe sie sich nie so. „Ich hätte mit so manchem Regisseur ins Bett hüpfen können, um die Karriereleiter etwas leichter zu erklimmen. Das habe ich aber nie, nie gemacht.“ Ihr wahres Ich? „Ich bin eine gute Hausfrau, koche gern und mache gerne Gartenarbeit.“