Köln. Sie galt Mitte der Achtzigerjahre als Sex-Expertin, war Moderatorin und Buchautorin. Nun starb Erika Berger am Pfingstsonntag in Köln.

Wenn man von irgendeiner Frau gedacht hätte, dass sie 90 Jahre oder älter werden würde, dann war das die „Sexpertin“ Erika Berger. Sie sah immer mindestens zehn Jahre jünger aus und bewegte sich dank regelmäßigen Sporttrainings flinker als so manche Frau in mittleren Jahren. Ihr Tod mit 76 kam für alle, die sie kannten, völlig überraschend.

Die Buchautorin und Moderatorin Erika Berger starb am Pfingstsonntag völlig überraschend in Köln. Sie soll vor den Augen einer Bekannten am Nachmittag zusammengebrochen sein. Die Kölner Feuerwehr bestätigte am späten Sonntagabend einen entsprechenden Bericht des Kölner „Express“. Nähere Angaben zu den Todesumständen wollte die Feuerwehr nicht machen.

„Je älter man wird, desto klarer wird auch, dass das Leben endlich ist“, sagte Erika Berger vor zwei Jahren in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. „Deshalb sollte man sich jetzt vorrangig mit Dingen beschäftigen, die Spaß machen.“ Sie selbst hat sich daran bis zuletzt gehalten und das Leben in vollen Zügen genossen.

Erika Berger – Pionierin und „Sexpertin“

So kannten sie die Zuschauer in den Achtziger- und Neunzigerjahren: Erika Berger am Telefon auf RTL. Dort war sie die „Sexpertin“.
So kannten sie die Zuschauer in den Achtziger- und Neunzigerjahren: Erika Berger am Telefon auf RTL. Dort war sie die „Sexpertin“. © dpa | Hermann Wöstmann
1987 ging sie mit „Eine Chance für die Liebe“ auf Sendung –  und war für die Deutschen fortan Ansprechpartnerin für erotische Fragen. In der Sendung konnten Zuschauer anrufen und ihre Fragen stellen.
1987 ging sie mit „Eine Chance für die Liebe“ auf Sendung – und war für die Deutschen fortan Ansprechpartnerin für erotische Fragen. In der Sendung konnten Zuschauer anrufen und ihre Fragen stellen. © imago stock&people | imago stock&people
Die gebürtige Münchnerin ging mit dem Thema Sex extrem locker um – in einer Zeit, in der das noch eher ein Skandal war.
Die gebürtige Münchnerin ging mit dem Thema Sex extrem locker um – in einer Zeit, in der das noch eher ein Skandal war. © imago stock&people | imago stock&people
Die Moderatorin machte jedenfalls nie einen Hehl daraus. In einem Interview anlässlich ihres 75. Geburtstags sagte sie: „Man muss die Dinge einfach beim Namen nennen, dann ist es nicht peinlich im Sinne von unfreiwillig komisch. Ein Penis ist nun mal ein Penis, fertig.“
Die Moderatorin machte jedenfalls nie einen Hehl daraus. In einem Interview anlässlich ihres 75. Geburtstags sagte sie: „Man muss die Dinge einfach beim Namen nennen, dann ist es nicht peinlich im Sinne von unfreiwillig komisch. Ein Penis ist nun mal ein Penis, fertig.“ © imago stock&people | imago stock&people
Auch die Kritik von einigen Sexualtherapeuten, sie mache in der Sendung „Propaganda für den Seitensprung“, konnte Erika Bergers Popularität nichts anhaben.
Auch die Kritik von einigen Sexualtherapeuten, sie mache in der Sendung „Propaganda für den Seitensprung“, konnte Erika Bergers Popularität nichts anhaben. © Imago
Als in den Neunzigerjahren auf Ibiza der Film „Die heimliche Lust auf Ekstase“ gedreht wurde, war Erika Berger Gast.
Als in den Neunzigerjahren auf Ibiza der Film „Die heimliche Lust auf Ekstase“ gedreht wurde, war Erika Berger Gast. © imago stock&people | imago stock&people
Erika Berger war nicht nur Moderatorin und TV-Gesicht. Sie schrieb auch einige Bücher und war regelmäßiger Gast auf den Buchmessen, wie hier in Frankfurt im Jahr 2007.
Erika Berger war nicht nur Moderatorin und TV-Gesicht. Sie schrieb auch einige Bücher und war regelmäßiger Gast auf den Buchmessen, wie hier in Frankfurt im Jahr 2007. © dpa | Frank May
Eines ihrer Bücher heißt
Eines ihrer Bücher heißt "Lust statt Frust – Meine Wohlfühlformeln", darin geht es um die Wechseljahre. Erschienen ist es 2007. © dpa | Frank May
Zusammen mit Lilo Wanders präsentierte Erika Berger 2009 auf der Buchmesse in Frankfurt ihr gemeinsames Buch „Sex – Deutsch, Deutsch – Sex“.
Zusammen mit Lilo Wanders präsentierte Erika Berger 2009 auf der Buchmesse in Frankfurt ihr gemeinsames Buch „Sex – Deutsch, Deutsch – Sex“. © imago stock&people | imago stock&people
Richard Mahkorn war Bergers zweiter Ehemann, ihre erste Ehe wurde 1969 geschieden. Mahkorn lernte sie als Aushilfe in einer Münchner Diskothek kennen,  1974 heirateten die beiden.
Richard Mahkorn war Bergers zweiter Ehemann, ihre erste Ehe wurde 1969 geschieden. Mahkorn lernte sie als Aushilfe in einer Münchner Diskothek kennen, 1974 heirateten die beiden. © Imago
2001 besuchten die beiden zusammen die Verleihung des Deutschen Fernsehpreises in Köln.
2001 besuchten die beiden zusammen die Verleihung des Deutschen Fernsehpreises in Köln. © Imago
Ab 2009 war Erika Berger Liebesexpertin für die Sendung „Big Brother“. Sie analysierte die Beziehungen in der TV-WG. Unter anderem deshalb war sie auch oft Gast in Talkshows, wie hier bei Markus Lanz 2011.
Ab 2009 war Erika Berger Liebesexpertin für die Sendung „Big Brother“. Sie analysierte die Beziehungen in der TV-WG. Unter anderem deshalb war sie auch oft Gast in Talkshows, wie hier bei Markus Lanz 2011. © imago stock&people | imago stock&people
Ihre Karriere machte Erika Berger zu einem wichtigen Teil der Fernsehgeschichte des Privatsenders RTL. Kein Wunder also, dass sie 2013 Gast in der Sendung  „30 Jahre RTL –  Die große Jubiläumsshow“  war.
Ihre Karriere machte Erika Berger zu einem wichtigen Teil der Fernsehgeschichte des Privatsenders RTL. Kein Wunder also, dass sie 2013 Gast in der Sendung „30 Jahre RTL – Die große Jubiläumsshow“ war. © dpa | Henning Kaiser
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Weil sich Erika Berger so gut gehalten hatte, konnte man sie auf der Straße leicht wiedererkennen. Hundertprozentig sicher waren sich die Leute aber immer erst, wenn sie ihre Stimme mit der typisch bayerischen Färbung gehört hatten. „Hallo, hier ist Erika Berger, wer spricht?“ Das hatte man auch Jahrzehnte später noch im Ohr. Es war ein Kultsatz, der zahllose Male parodiert wurde. Ihr zweites Markenzeichen waren die gekonnt übereinandergeschlagenen Beine.

Ihre Sendung war ein Riesenaufregerthema

Auch an ihr Sofa erinnern sich noch viele, obwohl es mittlerweile ein Vierteljahrhundert her ist, seit sie in der RTL-Live-Sendung „Eine Chance für die Liebe“ am roten Telefon Zuschauerfragen beantwortete. 1987 startete die Sendung und war ein Riesenaufregerthema, einmal wurde sogar wegen Aufforderung zum Exhibitionismus gegen sie ermittelt. Sie selbst sagte rückblickend: „Es war Aufklärungsarbeit, weil die Leute wirklich nicht wussten, was Sache war.“ Das Internet gab es noch nicht, nur die „Bravo“, die Stadtbücherei und die beste Freundin.

Psychologen warfen Berger damals vor, sich ohne entsprechende Ausbildung zur Sextherapeutin hochzustilisieren. Sie hat sich gegen diese Kritik immer mit dem Hinweis verteidigt, dass sie nie behauptet habe, eine Expertin zu sein. „Ich bin immer Journalistin gewesen.“

Ihre Hauptbotschaft: „Sprecht doch mal miteinander!“

Wenn sie mal etwas nicht wusste, rief sie Oswalt Kolle an, den „Aufklärer der Nation“. Der war zwar auch nur Journalist, kannte aber die Grundlagenforschung. Sie selbst war „nicht so ein großer Studienleser“, sondern löste die Probleme ihrer Zuschauer „eher aus dem Herzen heraus“. Ihre Hauptbotschaft lautete dabei immer: „Sprecht doch mal miteinander!“ Mit diesem Appell zu mehr Offenheit in der Partnerschaft war sie ihrer Zeit durchaus voraus.

Privat hatte Erika Berger ihre große Liebe längst gefunden: Es war der Journalist Richard Mahkorn (1944-2007), den sie nach einer gescheiterten ersten Ehe kennengelernt hatte. Über ihn fand sie in den Journalismus, schrieb für Illustrierte und „Bild“ und wurde dann von dem jungen Privatsender RTL angeheuert.

Zuletzt hat sie nicht mehr gearbeitet, sondern nur noch genossen

Auch dank ihrer erfolgreichen Bücher war sie für viele Deutsche eine Autorität in Sachen Sex. Regelmäßig wurde sie privat von wildfremden Menschen angesprochen und um Rat gebeten, zum Beispiel beim Einkaufen auf dem Markt. Bei diesen Gesprächen stellte sie fest, dass sich die Probleme im Grunde nicht änderten: „Er hat mich angelogen – warum macht er das? Er ist nicht zärtlich zu mir – wieso küsst er mich nicht?“

Ein Schicksalsschlag war für sie der plötzliche Herztod ihres Mannes vor neun Jahren. Um darüber hinwegzukommen, stürzte sie sich mehr denn je in die Arbeit. Die letzten Jahre arbeitete sie aber nicht mehr, sondern wollte nur noch genießen. Obwohl ihre beiden Kinder und die Enkel in München wohnten, blieb sie in Köln. Sie wohnte über einem Pub in der Innenstadt, in der unmittelbaren Umgebung kannte sie fast jeden.

Und ihr eigener Sex? Sie lachte ihr herzhaftes Erika-Berger-Lachen, wenn man sie danach fragte. Und erwiderte dann: „Oswalt Kolle hat mir mal einen sehr guten Satz gesagt: „Erika, du musst wissen, wer in der Jugend viel geübt hat, der kann’s auch noch im Alter!““ (dpa)