Senta Berger – Der Inbegriff vollkommener Weiblichkeit
•
Lesezeit: 4 Minuten
Von Frank Preuß
Essen. Sie ist schön, klug, begabt und geliebt: Schauspielerin Senta Berger wird an diesem Freitag 75. Ihren Geburtstag feiert sie aber nicht.
Ihre umwerfende Schönheit ist zeitlos. Das milde Lächeln, das Wärme und Sinnlichkeit ausstrahlt, begleitet uns seit Jahrzehnten. Der wache Blick, hinter dem Beharrlichkeit und Bedachtsamkeit herrschen, ohne dass Empörung ihr fremd wäre, hat uns gelehrt, welch gestandene, lebenskluge Frau in dieser Hülle steckt: Senta Berger, der Deutschen Inbegriff vollkommener Weiblichkeit, wird heute tatsächlich 75. Das Faszinierende an ihr bleibt, dass sie über all die Jahrzehnte immer ihre Rollen gefunden hat. Diesseits und jenseits der Leinwand. Die Wiener Schauspielerin war stets da, selbst wenn sie nicht hier war, wenn sie in Hollywood oder Cinecittà drehte. Wer könnte sich damit messen?
Ein Stück ihres Erfolges geht mit ihrer Wandlung einher. Senta Berger versinnbildlicht zu jedem Zeitpunkt ihrer Karriere den gefragten Frauentyp ihrer Altersgruppe: das verführerische Girl in den 60ern, die Emanzipierte in den 70ern, die sich fürs legendäre „Stern“-Cover „Wir haben abgetrieben“ ablichten lässt, in den 80ern und 90ern die Hemdsärmelige, die nicht nur den bayerischen Stammtischkerlen die Stirn bietet, schließlich die reife, kluge Frau von Welt mit sympathischer Bodenhaftung.
Senta Berger wird 75 Jahre alt
1/27
„Ich bin ein Geburtstagsmuffel“
Nein, feiern mag sie nicht, „ich bin ein Geburtstagsmuffel“, hat Senta Berger dieser Tage der Deutschen Presse-Agentur in einem Interview erzählt. Die Goldene Hochzeit mit Regisseur Michael Verhoeven (77) im September, die schon, am liebsten auf der Wiesn. Nichts Spektakuläres, aber da will sie mit ihm noch mal hin.
Dass sie sich ihre Bodenständigkeit bewahrt hat, muss sie niemandem vorspielen. Senta Berger hat früh gelernt, sich auf die Verhältnisse einzustellen. Ihr Leben beginnt in einer 22 Quadratmeter kleinen Wohnung ohne Toilette und fließendes Wasser, der Vater ist erfolgloser Musiker. „Ich habe die Enge gar nicht wahrgenommen, für mich war das ein Nest“, hat sie einmal bei einem Podiumsgespräch in Bochum erzählt. War das nächste Zuhause doppelt so groß, habe sie das als „zugefallenen Reichtum“ empfunden.
In Hollywood Fuß gefasst
Es befeuert ihre Zielstrebigkeit. Sie nimmt Ballett- und Schauspielunterricht, wird mit 17 jüngstes Ensemblemitglied am Wiener Theater in der Josefstadt. Der deutsche Film entdeckt sie, aber es gelingt ihr wie Romy Schneider, Opas Kino zu entkommen und in Hollywood Fuß zu fassen. Die Columbia gibt ihr 1962 einen Fünfjahresvertrag. Sie spielt in Western und Thrillern, mit Charlton Heston, Omar Sharif, Kirk Douglas. Anders als Romy Schneider in Frankreich bleiben ihr die prägnanten Rollen verwehrt. Sie hadert nicht, will lieber glücklich sein als mit Macht Weltstar werden und verlegt 1969 ihren Lebensmittelpunkt nach Deutschland. Nach München, zu ihrem Mann, Vater ihrer beiden Söhne.
Wer die Spannweite ihrer Arbeit beschreiben will, fasst sie am besten so zusammen: Der Bühnenstar spielte die Buhlschaft im Salzburger „Jedermann“ so lange wie keine zweite, der Filmstar gönnte sich auch Abstürze in Streifen wie „Als die Frauen noch Schwänze hatten“. Italien ist in den 70ern ihr künstlerischer Fluchtpunkt, weil sie am deutschen Autorenkino wenig Interesse findet, und das deutsche Autorenkino an ihr, bis auf Ausnahmen, ebenso wenig.
Die Frau der leisen Töne
Reibungslos wie keine zweite aber schafft sie den Übergang ins Fernsehen, erfindet sich neu und wird in deutschen Wohnzimmern neben Iris Berben zur beliebtesten Besucherin. Nicht nur, aber auch in hochwertigen Serien: als fesche Mona in Helmut Dietls hinreißender Schickeria-Abrechnung „Kir Royal“, als „Die schnelle Gerdi“ im Taxi und seit nunmehr 14 Jahren als Kriminalrätin Dr. Eva-Maria Prohacek in „Unter Verdacht“. Zwei, drei Folgen noch, dann soll damit Schluss sein.
Schauspielerisch unerhört gereift, ist sie in ihren Filmen oft die Frau der leisen Töne geworden, mit einem Kompass für jene Mischung aus Gefühl und Verstand, die Kopf und Herz erreicht und die sie beim Publikum so unerhört beliebt macht. „Ich hab ja gewusst, dass ich fliegen kann“, heißt Senta Bergers Autobiografie. Alle anderen wissen es jetzt auch.