Washington . Investor Nicolas Berggruen ist Vater von Zwillingen geworden – die Mutter hat er dafür bezahlt. Er zieht die Kinder jetzt alleine auf.
Elton John und sein Mann David Furnish haben es getan – sie erfreuen sich an Zachary und Elijah. Nicole Kidman und ihre Gatte Keith Urban haben es getan – und strahlen über Margaret. „Star Wars“-Macher George Lucas und seine Frau Mellody Hobson haben es getan – ihr Augenstern ist die kleine Everest. Die Prominenten aus Popmusik und Hollywood-Film gehören in Amerika zur wachsenden Gruppe glücklicher Eltern, die fremde Frauen dafür bezahlt haben, dass sie Kinder für sie auf die Welt brachten. In diesen Kreis gehört jetzt auch der umstrittene deutsch-amerikanische Milliardär und begehrte Junggeselle Nicolas Berggruen.
Der 54-Jährige, zuletzt bei der Übernahme des marode gewirtschafteten Karstadt-Konzerns gescheitert und in der Öffentlichkeit in Ungnade gefallen, hat in Kalifornien mit Hilfe von zwei Eizellenspenderinnen und zwei Leihmüttern einen Sohn und eine Tochter zur Welt bringen lassen.
In einem Interview mit der „New York Times“, die Berggruen und seine diversen Unternehmungen genauer unter die Lupe nahm, berichtete der einst nur in Hotels lebende Unternehmer von seinem neuen Lebensabschnitt, in der jedoch eine Lebenspartnerin fehlt: „Ich bin die Mutter“, sagte Berggruen, „und der Vater“.
Anwesen mit Extraetage für Kinder und Kindermädchen
Dass es den im Abstand von drei Wochen geborenen Kindern materiell an nichts fehlen wird, ist programmiert. Auf einem großzügigen Anwesen in Brentwood hat der Sohn einer Berliner Schauspielerin und eines Kunsthändlers in seinem Haus eine Extraetage eingerichtet: für die Kinder und ihre Kindermädchen, die dem Alleinerziehenden künftig zur Hand gehen werden. Über Details – wer sind die Leihmütter, warum kein Versuch, auf natürlichem Weg Leben zu erzeugen – schweigt Berggruen. Und wird an der amerikanischen Westküste auch nicht danach gefragt. Wo die Neigung zum technisch Machbaren selbst in ethisch sensiblen Bereichen ausgeprägt ist, gehört das Modell Pay-per-Baby-Mama zum Alltag.
Während in Deutschland das Embryonenschutzgesetz Leihmutterschaft verbietet, hat sich die „Surrogacy“ (Deutsch: Ersatz) in Kalifornien und etlichen anderen Bundesstaaten nicht nur zu einer gesellschaftlich anerkannten Methode der Familienplanung entwickelt, sondern auch zu einem lukrativen Geschäftszweig. Budgets von 100.000 bis 200.000 Dollar sind nötig, wenn sich Frau und Mann, Mann und Mann oder Frau und Frau den Kinderwunsch über eine Leihmutter erfüllen wollen. Allein das Honorar für die Ersatzmutter beträgt bis zu 50.000 Dollar.
Erfahrene Kliniken wie das Center for Surrogate Parenting (CSP) in Encino bei Hollywood, das seit über 30 Jahren auf diesem Feld tätig ist und für 1850 Leihmutterschaften verantwortlich zeichnet, wählen die Frauen nach einem intensiven Prüfungsverfahren aus.
Die Gesellschaft für Assistierte Reproduktionstechnik (Sart) schätzt, dass Jahr für Jahr mehrere Tausend Amerikanerinnen Kinder zur Welt bringen, um sie nach der Geburt abzugeben. Kalifornien, traditionell Trendsetter im Lifestylegeschäft, ist Spitzenreiter. Dort gab es schon 1979 Spermabanken, bei der zahlungskräftige Kundinnen für ihren Nachwuchs Samenspender nach Wunsch aussuchen konnten.
Bedenken wie in Deutschland, wo die Methode Berggruen als nicht mit der Würde des Menschen vereinbar gilt, sind hier Mangelware. „Bin ich verrückt, eine Leihmutterschaft zu erwägen?“, fragt der umfangreiche Ratgeber auf der Internetseite www.creatingfamilies.com. Antwort: „Nein, Leihmutterschaft ist ein wunderbarer Weg, um einem Paar seinen Traum von der Elternschaft zu verwirklichen.“
In Idaho starb eine Leihmutter kurz vor der Entbindung
Und was ist mit den Müttern, die neun Monate lang neues Leben in ihrem Bauch trugen und es nach der Geburt abgeben mussten? Studien legen nahe, dass die Trennung mit psychischen Belastungen verbunden sein kann. Auch sei nicht ausgeschlossen, dass Kinder, die vom Mutterleib einer „Miet-Mama“ in andere Mutterhände kommen, später unter inneren Konflikten leiden können.
Auch kam es zu dramatischen Einzelfällen: In Idaho starb eine Leihmutter mit Zwillingen kurz vor der Entbindung. In Georgia wollte ein „Vater“ die Leihmutter zur Abtreibung zwingen; sie hatte Drillinge im Bauch. Jennifer Lahl, Chefin des Zentrums für Bioethik, ist darum unmissverständlich: „Kommerzielle Leihmutterschaft ist die Ausbeutung von Frauen.“ Berggruen würde wohl widersprechen.