Washington . Der Playboy-Chef wird 90 – und sagt: „Viagra war das Beste, was mir passieren konnte.“ Ist Hugh Hefner Tabubrecher, Sexist oder Genie?

Der Mann, der die aufklappbare Frau erfand, machte drei Kreuze, als die Pharmaindustrie jene blassblauen Pillen in den Verkehr brachte, die Männern in seinem Alter selbigen erst ermöglichen sollten. „Viagra war das Beste, was mir passieren konnte“, sagte Hugh Hefner an seinem 72. Geburtstag. 18 Jahre später bescheinigt sich der Herrscher des weltweit bekanntesten Hasenimperiums noch immer Stehvermögen. „Hef“ wird’s brauchen. Zum 90. Geburtstag erwartet den Gründer des wirkungsmächtigsten Magazins für textilfreie Lebensart am Samstag ein Fest mit Champagner, Kaviar und jeder Menge nackter Tatsachen. Einmal Playboy, immer Playboy.

Hefner, Sohn eines Buchhalters und einer Mutter mit starkem Hang zur Kirche, wurde 1926 in Chicago geboren. Nach einem Intermezzo in der US-Armee gegen Ende des Zweiten Weltkriegs schrieb er sich an der Universität seiner Heimatstadt für Philosophie ein und besuchte nebenbei Anatomiekurse im örtlichen Kunstinstitut. Dem „Esquire“ diente er als Korrektor, arbeitete danach für eine Kinderzeitschrift, bevor er sich im Dezember 1953 mit geliehenen 6000 Dollar und der am heimischen Schreibtisch entstandenen Nullnummer des „Playboy“ selbstständig machte. Der Siegeszug des Magazins, das binnen fünf Jahren zum ersten Mal die Millionenschallmauer durchbrach, gründete auf Rebellion.

Magazin entstand aus unerfüllten Sehnsüchten

Alkohol war bei den Hefners verboten. Auch mit Empathie und Körperlichkeit tat sich die Eltern schwer. Aus Angst vor Bazillen verweigerte seine Mutter ihm fast jeden Kuss. „Aus meinen unerfüllten Sehnsüchten entstand das Magazin. Mit ihm bin ich dem Leben meiner Eltern davongelaufen.“ War der Playboy erst nur die Projektion seiner ureigenen von blonden, quellbusigen Damen dominierten Träume, so wurde Hefner mit der Zeit die Verkörperung der Fantasien von Millionen Männern. In stillen Stunden schlüpften sie in die Rolle des Dandys im Seidenpyjama, setzten sich die innere Kapitänsmütze auf und gingen, eskortiert von geringfügig bekleideten Starlets, an Bord einer nie endenden Lustreise. Alles nur in Gedanken natürlich.

Der ewige Playboy: Hugh Hefner wird 90

Alles Gute zum Geburtstag! Am 9. April 2016 wird Hugh Hefner – genannt „Hef“ – 90 Jahre alt.
Alles Gute zum Geburtstag! Am 9. April 2016 wird Hugh Hefner – genannt „Hef“ – 90 Jahre alt. © REUTERS /
Der Gründer des US-amerikanischen Männermagazins „Playboy“ inmitten seiner „Playboy“-Häschen.
Der Gründer des US-amerikanischen Männermagazins „Playboy“ inmitten seiner „Playboy“-Häschen. © REUTERS | REUTERS / Str Old
Morgenmantel aus Samt, ...
Morgenmantel aus Samt, ... © REUTERS | REUTERS / LUCY NICHOLSON
... Kapitänsmütze und stets ein paar „Bunnies“ in Reichweite: Hugh Hefner half, ...
... Kapitänsmütze und stets ein paar „Bunnies“ in Reichweite: Hugh Hefner half, ... © Reuters | Fred Prouser
... Sex in einer teils verklemmten US-Gesellschaft salonfähig zu machen.
... Sex in einer teils verklemmten US-Gesellschaft salonfähig zu machen. © Getty Images | Dan Kitwood
Als Hefner 1953 seine erste „Playboy“-Ausgabe in die Schreibmaschine tippte, ...
Als Hefner 1953 seine erste „Playboy“-Ausgabe in die Schreibmaschine tippte, ... © imago stock&people | ZUMA Press
... ahnte er noch nicht, dass die Mischung aus Nacktaufnahmen, Artikeln, Interviews, deftigen Herrenwitzen und Tipps für den Umgang mit dem anderen Geschlecht so durch die Decke gehen würde.
... ahnte er noch nicht, dass die Mischung aus Nacktaufnahmen, Artikeln, Interviews, deftigen Herrenwitzen und Tipps für den Umgang mit dem anderen Geschlecht so durch die Decke gehen würde. © Getty Images | Central Press
Ihm selbst ging es auch darum, dem puritanischen Teil Amerikas eine Antwort zu liefern.
Ihm selbst ging es auch darum, dem puritanischen Teil Amerikas eine Antwort zu liefern. © Getty Images | Helmut Kretz
Es wird gern übersehen, dass der studierte Psychologe sich in den 1960er Jahren etwa für die Gleichbehandlung von Schwarzen und Weißen einsetzte. Er ließ afroamerikanische Jazz-Größen wie Ella Fitzgerald, Sammy Davis Jr. und Dick Gregory in seinen TV-Shows ...
Es wird gern übersehen, dass der studierte Psychologe sich in den 1960er Jahren etwa für die Gleichbehandlung von Schwarzen und Weißen einsetzte. Er ließ afroamerikanische Jazz-Größen wie Ella Fitzgerald, Sammy Davis Jr. und Dick Gregory in seinen TV-Shows ... © imago stock&people | ZUMA/Keystone
... und in den „Playboy“-Clubs auftreten, wie hier in Manhattan (USA). Schwarze Paare mischten sich – wenn auch in begrenzter Zahl – unter die weißen „Bunnies“ in einer Zeit, als so ein Nebeneinander eher selten war.
... und in den „Playboy“-Clubs auftreten, wie hier in Manhattan (USA). Schwarze Paare mischten sich – wenn auch in begrenzter Zahl – unter die weißen „Bunnies“ in einer Zeit, als so ein Nebeneinander eher selten war. © Getty Images | Keystone Features
Hefner mit Kimberley Conrad bei einer Kino-Premiere eines „Star Wars“-Films. Vor seiner Zeit als „Playboy“-Chef hatte er als Werbetexter gearbeitet – und als Vertriebsleiter einer Kinderzeitschrift.
Hefner mit Kimberley Conrad bei einer Kino-Premiere eines „Star Wars“-Films. Vor seiner Zeit als „Playboy“-Chef hatte er als Werbetexter gearbeitet – und als Vertriebsleiter einer Kinderzeitschrift. © Getty Images
Hugh Hefner mit seinem Sohn Cooper, der als Filmproduzent tätig ist.
Hugh Hefner mit seinem Sohn Cooper, der als Filmproduzent tätig ist. © REUTERS | REUTERS / FRED PROUSER
Hefner bei Madame Tussauds: Der ewige Playboy ist mittlerweile auch in Wachs gegossen.
Hefner bei Madame Tussauds: Der ewige Playboy ist mittlerweile auch in Wachs gegossen. © imago stock&people | Unimedia Images
Hugh meets Hugh: Hefner mit seiner Wachsfigur im Hollywood Wax Museum in Los Angeles.
Hugh meets Hugh: Hefner mit seiner Wachsfigur im Hollywood Wax Museum in Los Angeles. © Reuters | JP
Auch in Deutschland fällt Hefner nicht aus der Rolle – wie hier bei einem Besuch des Münchener Szene-Clubs P1 im Jahr 2006.
Auch in Deutschland fällt Hefner nicht aus der Rolle – wie hier bei einem Besuch des Münchener Szene-Clubs P1 im Jahr 2006. © dpa | Ursula Düren
Die Kapitänsmütze gehört seit jeher zu den Markenzeichen von Hefner.
Die Kapitänsmütze gehört seit jeher zu den Markenzeichen von Hefner. © dpa | Asm
Hugh Hefner im Jahr 2011 mit Crystal Harris: Mit der blonden Schönheit ist Hefner seit Silvester 2012 verheiratet. Im Jahr zuvor hatten die beiden sich erst verlobt und dann vier Tage vor der Hochzeit die Verlobung gelöst.
Hugh Hefner im Jahr 2011 mit Crystal Harris: Mit der blonden Schönheit ist Hefner seit Silvester 2012 verheiratet. Im Jahr zuvor hatten die beiden sich erst verlobt und dann vier Tage vor der Hochzeit die Verlobung gelöst. © dpa | Daniel Deme
Wird es seine allerletzte Liebe bleiben? Hugh Hefner bekommt ein Küsschen von Crystal Harris.
Wird es seine allerletzte Liebe bleiben? Hugh Hefner bekommt ein Küsschen von Crystal Harris. © dpa | Warren Toda
Hefner im Jahr 2001 am Münchner Flughafen mit einer Horde seiner „Bunnies“. Nach dem „Häschenchef“ wurde sogar eine Kaninchenart benannt.
Hefner im Jahr 2001 am Münchner Flughafen mit einer Horde seiner „Bunnies“. Nach dem „Häschenchef“ wurde sogar eine Kaninchenart benannt. © dpa | Frank Mächler
Natürlich ist Hefner auch in Großbritannien eine Marke: Der „Playboy“ erscheint aktuell in 35 Ländern.
Natürlich ist Hefner auch in Großbritannien eine Marke: Der „Playboy“ erscheint aktuell in 35 Ländern. © dpa | Daniel Deme
Hugh Hefner im Jahr 2007 mit seinen Freundinnen Holly Madison (li.) und Bridget Marquardt. Zwischenzeitlich lebte Hefner nach eigenen Angaben mit sieben Frauen gleichzeitig zusammen.
Hugh Hefner im Jahr 2007 mit seinen Freundinnen Holly Madison (li.) und Bridget Marquardt. Zwischenzeitlich lebte Hefner nach eigenen Angaben mit sieben Frauen gleichzeitig zusammen. © imago | icon SMI
Das Anwesen der „Playboy“-Villa hat der Beschreibung nach 29 Zimmer, einen Weinkeller und Kinoräume. Die weitläufige Anlage bietet zudem Gästehäuser, Sportplätze und eine Poolanlage mit Wasserfällen und einer höhlenartigen Grotte. Mehr als 40 Jahre hatte das mittlerweile zum Verkauf stehende Anwesen im Nobelviertel Holmby Hills von Los Angeles Hefner als „kreatives Zentrum“ gedient. Es ist für ausgelassene Partys und als Tummelplatz für prominente Gäste bekannt.
Das Anwesen der „Playboy“-Villa hat der Beschreibung nach 29 Zimmer, einen Weinkeller und Kinoräume. Die weitläufige Anlage bietet zudem Gästehäuser, Sportplätze und eine Poolanlage mit Wasserfällen und einer höhlenartigen Grotte. Mehr als 40 Jahre hatte das mittlerweile zum Verkauf stehende Anwesen im Nobelviertel Holmby Hills von Los Angeles Hefner als „kreatives Zentrum“ gedient. Es ist für ausgelassene Partys und als Tummelplatz für prominente Gäste bekannt. © dpa | PeI
Hefner machte viele junge Frauen glücklich, so wie Heather Kozar im Jahr 1999: Für die Auszeichnung „Playmate des Jahres“ bekam die Blondine 100.000 Dollar und ein Motorrad.
Hefner machte viele junge Frauen glücklich, so wie Heather Kozar im Jahr 1999: Für die Auszeichnung „Playmate des Jahres“ bekam die Blondine 100.000 Dollar und ein Motorrad. © REUTERS | REUTERS / David McNew
Hugh Hefner mit einer Sonderausgabe des „Playboy“ zum 50-jährigen Bestehen des Magazins.
Hugh Hefner mit einer Sonderausgabe des „Playboy“ zum 50-jährigen Bestehen des Magazins. © imago stock&people | ZUMA
Hefner und Crystal Harris bei einem Filmfestival in Hollywood. Die Traumfabrik in Los Angeles verdankt unter anderem Hefner, dass es den berühmten Hollywood-Schriftzug noch gibt: Auch dank seiner Spende von 900.000 Dollar konnte der Staat Kalifornien das Grundstück 2010 zurückkaufen und damit den Abriss des Wahrzeichens verhindern.
Hefner und Crystal Harris bei einem Filmfestival in Hollywood. Die Traumfabrik in Los Angeles verdankt unter anderem Hefner, dass es den berühmten Hollywood-Schriftzug noch gibt: Auch dank seiner Spende von 900.000 Dollar konnte der Staat Kalifornien das Grundstück 2010 zurückkaufen und damit den Abriss des Wahrzeichens verhindern. © imago stock&people | Manfred Segerer
Für seinen 90. will es „Mister Playboy“ noch mal ganz klassisch angehen: Zur Feier in der berühmten „Playboy“-Villa will er Familie und Freunde um sich versammeln, um seinen Lieblingsfilm „Casablanca“ zu sehen. Anschließend wollen sie bei Champagner und Kaviar im Dining Room auf „Hef“ trinken.
Für seinen 90. will es „Mister Playboy“ noch mal ganz klassisch angehen: Zur Feier in der berühmten „Playboy“-Villa will er Familie und Freunde um sich versammeln, um seinen Lieblingsfilm „Casablanca“ zu sehen. Anschließend wollen sie bei Champagner und Kaviar im Dining Room auf „Hef“ trinken. © REUTERS /
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Journalistische Sternstunden in Frage-Antwort-Format, in denen Größen wie Martin Luther King, Vladimir Nabokov oder Jean-Paul Sartre glänzten, lieferten die Blaupause für die gern benutzte Ausrede, dass der Playboy vor allem seiner Interviews wegen gekauft wird. Eine Lesart, die der mit Eitelkeiten vertraute Schriftsteller Tom Wolfe mit dem Verweis auf die nackten Fotostrecken so konterte: „Einhand-Magazin.“ Und trotzdem: Hefner gebührt neben Alfred Kinsey und Ruth Westheimer das Verdienst, Amerika die Prüderie wenn nicht ausgetrieben, so doch gezähmt zu haben. Was der Boss der Bunnys schon in jungen Jahren über sexuelle Selbstbestimmung und gesellschaftliche Verkrustungen sagte, war keine zotige Bettlakenphilosophie. Es half, den Muff der Nachkriegszeit zu vertreiben.

Konkurrenz aus dem Internet macht es schwer

Heute bedienen andere Medien die Kerninteressen mancher „Playboy“-Leser schneller. Was den Sinkflug des Magazins erklärt, das einst eine Auflage von monatlich über 7 Millionen erreichte und heute weltweit nur noch 800.000 Mal über die Ladentheke geht. Dem Porno-Tsunami, den das Internet auf Computer- und Smartphone-Bildschirme spült, ist die gedruckte Gediegenheit aus Witzen, Porträts, Kulinarik, Lebenshilfe und inszenierter Fotokunst nicht gewachsen. Künftig, so hat der Patriarch verfügt, ist auch die letzte Bastion geschleift: keine Nacktfotos mehr.

Ob die Entscheidung Hefners fruchtet, der noch bisher jeden Titelbusen persönlich ausgesucht hat, wird sich zeigen. Das Playboy-Imperium, de facto schon seit Jahren von Hefner Tochter Christie geleitet, steht unter Druck. Nichts ist mehr unantastbar. Auch nicht 10236 Charing Cross Road, Holmby Hills, Kalifornien – die Playboy-Mansion. Seit Januar ist der aus der Zeit gefallene Schauplatz lustbetonter Partys in einer Nobelgegend von Los Angeles zu haben. Für den 29-Zimmer-Palast im Stil der Tudor-Gotik, zu dem Gästehäuser, Basketball- und Tennis-Court, Weinkeller, Kino, Pool-Landschaft, Wasserfall, Grotte, Klein-Zoo mit Flamingos und Pfauen sowie alle Lizenzen des Hasen-Imperiums gehören, sei ein Kaufpreis von insgesamt knapp 500 Millionen Dollar aufgerufen, heißt es in der Immobilien-Szene.

Bisher hat noch kein Interessent angebissen. Was an Hefners Bedingungen liegen könnte. Er beansprucht in seinem Kuckucksnest auch unter neuer Eigentümerschaft für sich und seinen mittlerweile auf Trio-Größe geschrumpften Harem Wohnrecht auf Lebenszeit. Wo soll der Mann auf seine alten Tage denn auch hin? Für den Moment des Ablebens besitzt er seit Langem auf dem Westwood-Friedhof von Los Angeles eine Gruft neben Marilyn Monroe. Sie war seine erste Nackte auf dem Titel der ersten Playboy-Ausgabe. Mit ihr will er im Himmel was anfangen. Was Festes.

Update, 17:38 Uhr: Der 90. Geburtstag von Hugh Hefner ist von einem Schicksalsschlag überschattet worden: Sein jüngerer Bruder Keith sei gestorben, teilte der Medienmogul kurz vor seinem Ehrentag am Samstag per Kurznachrichtendienst Twitter mit. Keith, der 87 Jahre alt wurde, sei sein „bester Freund“ gewesen, schrieb Hefner. „Ich liebe dich, Keith. Ruhe in Frieden.“ Medienberichten zufolge hatte Keith Hefner, der wie sein Bruder in Beverly Hills lebte und für den „Playboy“ arbeitete, schon seit längerem gegen eine Krebserkrankung gekämpft.

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(mit dpa)