Washington. Komiker Jerry Lewis wird 90 – und es soll nicht sein letzter Geburtstag sein. Bis mindestens 101 will die Legende noch durchhalten.

Zu den schönsten Sätzen, die Jerry Lewis eingefallen sind, gehört die Behauptung, er sei als Neunjähriger auf die Welt gekommen – und es bis heute geblieben. Wie wahr. Die Lust, das Leben mit kindlicher Unschuld in Grund und Boden zu lachen, hat den Weltmeister des perfekt inszenierten Missgeschicks nie verlassen. Der als Joseph Levitsch in New Jersey geborene Lewis personifiziert den augenzwinkernden Lausejungen im Manne. Am Mittwoch feiert der begnadete Grimassenschneider in New York mit 4000 Gästen seinen 90. Geburtstag.

Beginn als Pausenfüller

Wer nicht eingeladen ist, kann sich selbst beschenken – aus der Videothek. Mit „Aschenblödel“ (1959), „Hallo, Page!“ (1960), „Zu heiß gebadet“ (1961), „Der Bürotrottel“ (1961), „Der verrückte Professor“ (1962) und „Die Heulboje“ (1964) ist man zum Ehrentag des Mimen gut bedient. Lewis’ Meisterwerke zeigen ein Amerika, das nie erwachsen werden wollte. Ein sympathisches Amerika, das von einem Fettnapf in den nächsten tappt, stolpert, hinfällt und sich wieder aufrappelt. Wie Jerry Lewis zeit seines Lebens. Als Fünfjähriger steht er zum ersten Mal auf der Bühne. Sein Vater, ein Varieté-Sänger, und die Mutter, eine Pianistin, hätten ihm die „Schminke im Blut“ vererbt, wird er später in einer Biografie schreiben. Nebenjobs als Würstchenverkäufer, Platzanweiser und Helfer in einer Hutfabrik verschaffen ihm zur Schulzeit Taschengeld. Als Pausenfüller zwischen Striptease-Nummern wächst er danach in die Rolle des begnadeten Kaspers, der kurz nach Kriegsende seinen Bruder im Geiste trifft: Dean Martin. Die beiden tun sich zusammen und starten kometenhaft durch: Stand-up-Comedy. Radioshows. Hollywood. Alles anarchisch. Alles mit vollem Körpereinsatz. Martin & Lewis, das war bis zur Trennung Mitte der 50er-Jahre das größte Lachsalven-Kommando seit Oliver Hardy & Stan Laurel.

Aber Lewis konnte auch ganz anders. Als Produzent, Regisseur, Autor und Hauptdarsteller in einer Person strafte er die Kritiker in Amerika Lügen. Sie warfen ihm vor, seine frühe Popularität mit billigen Blödeleien auf der Anspruchslosigkeit eines ungebildeten Massenpublikums aufgebaut zu haben. Wie fies. Und wie falsch.

Lewis spielte in Scorseses „King of Comedy“

Wer Lewis an der Seite von Robert de Niro in Martin Scorseses „King of Comedy“ und in Peter Chelsoms „Funny Bones“ gesehen hat, weiß, was große Clowns ausmacht: große Traurigkeit. Nie war die Bitterkeit des Komisch-sein-Müssens, die Einsamkeit hinter der Fassade des Klamaukarbeiters beeindruckender dargestellt als hier. Auch darum widmet das New Yorker Museum of Modern Art Jerry Lewis in diesen Tagen eine große Retrospektive. Lewis hat seine Gabe auf die harte Tour kultiviert. Bereits 1983 musste sich der passionierte Kettenraucher einer Herz-Bypass-Operation unterziehen. 20 Jahre später packte ihn eine schwere Lungenkrankheit und obendrauf der Prostatakrebs. „Stellt mich auf eine Bühne“, sagte er einmal dem Fachmagazin „Hollywood Reporter“, „und die Schmerzen sind wie weggeblasen.“

„Mindestens bis 101“ will der ewig Neunjährige noch leben. Bis dahin: Alles Gute. Und ja keinen Scherzstillstand.