Washington. Wende im Fall Bill Cosby. Dem Alt-Star aus Hollywood soll wegen der Vergewaltigungs-Vorwürfe erstmals der Prozess gemacht werden.

Er ist fast blind und musste darum beim Gang in den Gerichtssaal von zwei Bodyguards gestützt werden. Aber hören kann Bill Cosby noch ohne Probleme. Was der 78-jährige US-Showstar, der nach Vergewaltigungsvorwürfen von mehreren Dutzend Frauen seit Monaten die Schlagzeilen füllt, jetzt in einem Gerichtssaal in Norristown/Pennsylvania vernahm, ist für ihn eine Katastrophe.

Richter Steven O’Neill hat erstmals den Weg freigemacht, damit Cosby wegen sexuellen Missbrauchs strafrechtlich belangt werden kann. Alle Versuche seiner Anwälte, den Fall Andrea Constand aus dem Jahre 2004 nicht vor die Schranken Justitias kommen zu lassen, sind damit vorläufig gescheitert.

Richter erkennt frühere Absprache nicht an

Cosby hatte die Universitätsangestellte in seinem Haus in Cheltenham bei Philadelphia unter Drogen gesetzt und danach mit ihr Sex gehabt. Das ist Fakt, weil der Schauspieler seinerzeit in einem lange geheimgehaltenen Zivilklage-Verfahren die Vorwürfe unter Eid bestätigt hatte. Unter zwei Bedingungen. Erstens: dass Constand, die ein Schmerzensgeld in unbekannter Höhe bekam, schweigt. Und zweitens: dass die Justiz niemals gegen ihn in dem Fall Anklage erheben wird.

Der erste Teil ist hinfällig, seit der „Deal“ mit Constand im Laufe der vergangenen Monate in allen für Cosby unvorteilhaften Details öffentlich wurde. Den zweiten Aspekt hat Richter O‘Neill am Mittwoch auf spektakuläre Weise für nichtig erklärt. Der Jurist bezeichnete Aussagen des früheren Bezirksstaatsanwalt Bruce L. Castor Jr., der Cosby damals unbefristete Immunität zugesichert haben will, als gegenstandslos. Zum einen sei ein solches Vorgehen dubios, zum anderen gebe es keinen einzigen schriftlichen Beweis für einen vereinbarten Verzicht auf strafrechtliche Verfolgung.

Anwalt will in die nächste Instanz gehen

Cosbys Anwalt John Schmitt, sichtlich aufgebracht, signalisierte, dass sein Team die nächste Instanz anrufen werde. Er warf der Staatsanwaltschaft politische Motive vor. Ankläger Kevin Steele, der den Fall kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist im vergangenen Monat wieder aufgerollt hat, hielt dagegen: „Eine geheime Vereinbarung, die es einem reichen Beschuldigten erlaubt, sich aus einem Strafverfahren herauszukaufen, ist nicht in Ordnung.“

Steele geht davon aus, dass Cosby der Prozess gemacht wird. Es wäre eine Premiere, die eine Lawine ins Rollen bringen könnte. Rund 50 weitere Frauen gaben in den vergangenen Monaten oft unter Tränen vor laufender Fernsehkamera im Detail an, dass sie ebenfalls von dem einst hoch beliebten TV-Komödianten mit Drogen sediert und danach gegen ihren Willen sexuell missbraucht worden seien.

Cosby weist alle Vorwürfe zurück

Sollte Cosby, der bisher unverändert alle Vorwürfe von sich weist und im Fall Constand von einvernehmlichem Sex spricht, verurteilt werden, drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft.

Am 8. März muss die Anklage in einer ersten Anhörung Beweise vorlegen. Für Kevin Steele ist die Sache klar: „Herr Cosby hat das Opfer (Andrea Constand) gedrängt, Pillen zu nehmen und Wein zu trinken. Danach war sie bewegungsunfähig und Herr Cosby hat sie sexuell missbraucht.“