Paris. Michel Tournier wollte den Franzosen Deutschland näherbringen. Jetzt hat Frankreich einen seiner bedeutendsten Schriftsteller verloren.
Der Schriftsteller und Deutschlandkenner Michel Tournier ist tot. Der Bestsellerautor ist im Alter von 91 Jahren am Montag in Choisel gestorben, wie die französische Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf Familienkreise und das Rathaus seines Wohnortes bei Paris berichtete. Tournier hatte seinen internationalen Durchbruch mit „Erlkönig“ geschafft, einem Roman über eine Reise durch Ostpreußen während des Zweiten Weltkriegs. Das 1970 erschienene Buch brachte dem Literaten den begehrten Prix Goncourt ein.
Frankreichs Premierminister Manuel Valls würdigte Tournier noch am Montagabend als einen „herausragenden Erzähler“. „Sein Werk wird weiterleben“, schrieb Valls bei Twitter.
Als einer der wenigen französischen Schriftsteller hat Tournier auch über den Mauerfall am 9. November 1989 geschrieben. Auf Deutsch sind von ihm unter anderem „Der Wind Paraklet. Ein autobiografischer Versuch“ sowie „Der Garten des Vagabunden“ erschienen.
Tournier studierte in Tübingen Philosophie
Tournier gehörte nach 1945 zu den ersten Franzosen, die nach Deutschland gingen. In Bad Teinach im Schwarzwald nahm er als Jura- und Philosophiestudent zunächst an einem von der französischen Militärregierung organisierten Ferienkurs für Germanisten teil, bevor er sich an der Universität Tübingen für das Philosophiestudium einschrieb. Sein Interesse an Deutschland und der deutschen Sprache ging auf seine Eltern zurück, die beide Germanisten waren.
In seinen Büchern versuchte Tournier, mit deutsch-französischen Stereotypen aufzuräumen. Seine Essaybände, Kinderbücher und Romane wurden in zahlreichen Sprachen übersetzt. Zu seinen größten Erfolgen in Deutschland zählt auch sein Erstlingswerk „Freitag oder Im Schoß des Pazifik“. Der Roman „Der Erlkönig“ diente Volker Schlöndorff als literarische Vorlage für seinen 1996 erschienenen Film „Der Unhold“. (dpa)