Die Ausstellung im Martin-Gropius-Bau fokussiert seine Zeit im Schatten der Mauer. David Bowie öffnete sein Privatarchiv, zu dem auch ein Kokainlöffel und ein legendärer Wohnungsschlüssel gehören.

Berlin/Hamburg. Man könnte von Comeback reden. Doch David Bowie ist nicht zurück auf der Bühne. Der 67 Jahre alte Universalkünstler ist als prominentes Ausstellungsstück zurück in Berlin. Zurück in der ehemaligen Frontstadt Berlin, in der er in den Siebzigern Meisterwerke ablieferte. Die Ausstellung im Martin-Gropius-Bau ist spektakulär: Mehr als 300 handschriftliche Texte, Originalkostüme, Fotografien, Filme und Musikvideos sind zu sehen. Ein besonderer Teil widmet sich Bowies Zeit von 1976 bis 1978 in Berlin, in der unter anderem das legendäre Album „Heroes“ entstand.

„David Bowie ist so was wie der Soundtrack unseres Lebens. Er hat in dieser wechselhaften Welt immer zu uns gehalten“, sagte der Londoner Museumsdirektor Martin Roth. In Roth' Victoria and Albert Museum in London hatte die Schau mit mehr als 300.000 Besuchern im vergangenen Jahr alle Rekorde gebrochen.

Für die Ausstellung hat Bowie erstmals sein riesiges Archiv geöffnet. Aufsehenerregend ist auch die multimediale Inszenierung: Über ein ausgeklügeltes Sendesystem spielt der Audioguide dem Besucher immer gerade die Musik ein, die zum jeweiligen Ort in der Schau passt.

In Berlin hatte Bowie nach Angaben der britischen Kuratorin Victoria Broackes seine glücklichste Zeit. In der besonderen Atmosphäre der Mauerstadt habe er seine Drogensucht besiegt und zu beispielloser Kreativität gefunden. „Hier ist es ihm gelungen, seine Dämonen zu vertreiben.“

Bei der Eröffnung, zu der unter anderem die Schauspieler Benno Führmann, Nina Hoss und Ben Becker erschienen, outete sich Außenminister Frank-Walter Steinmeier, 58, als Fan von David Bowie. Als Geburtsjahrgang 1956 sei er „sozusagen mit Bowie aufgewachsen“, sagte Steinmeier. „Seine Platten und Filme haben uns grenzenlos fasziniert.“ Als Lieblings-Song nannte der SPD-Politiker „Heroes“ – ein Lied, das Bowie während seiner Berliner Jahre 1977 in den legendären Hansa-Studios aufnahm. Steinmeier: „Wenn Berlin einen Soundtrack hat, dann ist diese Platte ohne Zweifel für mich der Titelsong.“

Bowie lebte damals im West-Stadtteil Schöneberg, Hauptstraße 155, in einem unscheinbaren, etwas heruntergekommenen Altbau – sogar der Wohnungsschlüssel hat es in die Ausstellung geschafft. Nach seinem kometenhaften Aufstieg in den USA und dem Zerwürfnis mit seinem Manager war er ausgebrannt, kokainsüchtig und pleite.

Die Mauerstadt Berlin mit ihrer lebendigen Kreativszene wurde zum Rettungsanker. Die Wohngemeinschaft mit seinem Freund Iggy Pop ging zwar schnell in die Brüche, weil der lebenshungrige Punkrocker ihm immer die Vorräte aus dem Edelkaufhaus KaDeWe aus dem Kühlschrank futterte. Aber sonst genossen die beiden die Stadt in vollen Zügen. Die benachbarte Schwulenkneipe „Anderes Ufer“, das österreichische Restaurant „Exil“ in Kreuzberg und der Avantgarde-Schuppen „Dschungel“ wurden zu wichtigen Anlaufstellen – und die Nachtclub-Legende Romy Haag zur ständigen Begleiterin.

„Wir schauten uns in die Augen, und sofort war klar: Wir müssen eine Zeit miteinander verbringen“, erzählte die 63-Jährige am Rande der Ausstellung. Bowie selbst hatte erst im vergangenen Jahr noch einmal deutlich gemacht, wie sehr ihn die Zeit in Berlin geprägt hat. Nach zehnjähriger Plattenpause erschien zu seinem 66. Geburtstag die Single „Where Are We Now“, in der er melancholisch alte Zeiten an Potzdamer Platz (mit z!), KaDeWe und Bösebrücke besingt.