Ich fürchte nur, wenn man das Geld im Hofe des Finanzamts in die Luft wirft, wird kaum ein Cent, auch Obolus genannt, wieder zu Boden fallen.

Im Juni dieses Jahres hat der Philosoph Peter Sloterdijk einen aufsehenerregenden Vorschlag zur Steuerreform gemacht: eine "Revolution der gebenden Hand". Die Zwangssteuern für Reiche sollten abgeschafft werden. Stattdessen sollten sie bei ihrem Stolz und ihrer Ehre gepackt werden. Statt Steuern zwangsweise von ihnen einzuziehen, sollten sie, generös, versteht sich, Geschenke an die Allgemeinheit leisten.

Seither tobt in den Feuilletons der "FAZ" und der "Zeit" ein Philosophenkrieg zwischen linken Denkern und Verteidigern des Sozialstaats wie Axel Honneth und aristokratischen Geistern wie Karl Heinz Bohrer, der lieber keine Steuern für die "Plebs", das Prekariat, zahlen will. Dabei hat Sloterdijk schön, groß und großherzig gedacht. Seine Utopie hat in etwa die Kraft der 68er-Forderung: "Weg mit den Alpen! Freie Sicht aufs Mittelmeer."

Mir allerdings ist zu Sloterdijks grandioser Steuerbefreiungsidee die Debatte dreier Gottesmänner eingefallen, die die Grenzen des Glaubens überschreitend und ökumenisch diskutierten, wie sie es denn mit den Opfergaben in den Klingelbeuteln nach den Gottesdiensten hielten. Sagt der protestantische Geistliche: Also, ich zeichne vor der Kirche mit Kreide ein Quadrat, zwei mal zwei Meter groß, werfe die Münzen aus zehn Metern Entfernung in Richtung Quadrat. Was in das Quadrat fällt, gehört Gott. Was außerhalb bleibt, mir!

Der katholische Kollege sagt, er mache es ähnlich. Allerdings zeichne er ein gleichseitiges Dreieck, 50 mal 50 mal 50 Zentimeter, und werfe die Münze aus 20 Metern Entfernung in Richtung Dreieck. Wieder gehöre Gott das, was in das Dreieck falle, der Rest verbleibe ihm.

Daraufhin meldet sich der Rabbi zu Wort und sagt: Ihr habt aber wenig Gottvertrauen! Ich werfe alle Münzen der Kollekte in die Luft und sage: "Lieber Gott, behalte, was du magst und brauchst! Was auf den Boden fällt, bleibt mir!" Das ist so recht eine freiheitliche, den großzügigen Geber nicht demütigende Idee. Sloterdijkisch eben.

Ich fürchte nur, wenn man das Geld im Hofe des Finanzamts in die Luft wirft, wird kaum ein Cent, auch Obolus genannt, wieder zu Boden fallen.