Zweimal Frankfurt in Deutschland, das ist Grundwissen. Die Finanzmetropole am Main im Westen und die Grenzstadt an der Oder im Osten. Aber dieses Land bietet noch weit mehr Namensgleichheiten.

Orte in Ost und West, deren Existenz seit der deutschen Einheit vor beinahe 20 Jahren mehr und mehr in den Blickpunkt rückt. Städte, die den gleichen Namen tragen, aber scheinbar in völlig verschiedenen Welten liegen.

So liegt Bremen nicht nur an der Weser, sondern auch an der Ulster im Westen Thüringens. Emden gibt es nicht nur in Ostfriesland, sondern auch im Herzen der Magdeburger Börde. Und München ist nicht nur die Hauptstadt Bayerns, sondern auch ein Ort in Brandenburg.

Das Spiel funktioniert nicht nur in einer Richtung. Eisenach ist nicht nur die Wartburgstadt in Thüringen, sondern auch ein Dorf in der Eifel. Weimar ist nicht nur die Goethe- und Schiller-Stadt in Thüringen, sondern auch eine Gemeinde an der Lahn in Hessen. Und Heringsdorf ist nicht nur das Kaiserbad auf Usedom, sondern auch ein Dorf in Ostholstein - natürlich ebenfalls an der Ostsee.

Und dann gibt es noch zweimal Bergen. Ein Ort, den wir eher in Norwegen vermutet hätten, den es aber auch im Chiemgau (West) und auf Rügen (Ost) gibt.

Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie aber war der rote Faden einer ungewöhnlichen Deutschlandreise, die der Hamburger Fotograf Reto Klar (42), der auch für das Hamburger Abendblatt arbeitet, und sein Vater Dieter Klar (71) kurz vor dem Jubiläum der deutschen Einheit unternommen haben. Sie suchten und fanden Zwillingsorte diesseits und jenseits der ehemaligen Grenze und nannten ihr Projekt "Spiegelungen".

Schnell entdeckten sie, dass ein tiefsitzendes Vorurteil über die deutsche Realität - "im Osten nur Trash und der Westen glänzt" - so einfach eben nicht stimmt.

Herausgekommen ist eine Dokumentation, eine Standortbestimmung deutscher Befindlichkeiten - in Metropolen, aber auch in kleinen Dörfern, abgeschieden vom Weltgeschehen. Dieses neue Deutschland ist eben mehr als die Kombination zweier vier Jahrzehnte lang getrennter Teile. In der Hauptsache geht es um Menschen. Um ihre Pläne, ihre Träume, ihre Enttäuschungen. Das sind die Gesichter der Einheit: die Schlossherrin in ihrem Garten (West); die Bushaltestelle am Ende der Welt (Ost); der Jodler auf dem Berggipfel (West); der Goethe-Darsteller vor dem Nationaltheater (Ost). Einige dieser Momentaufnahmen werden bis Mai 2010 im Haus der Geschichte in Bonn gezeigt.