Berlin. Elefanten in Bayern? Gibt es heute nur noch im Zoo. Doch der unglaubliche Fund von zwei Jungen zeigt, dass es früher anderes war.

  • Zwei Brüder haben in Bayern rund 10 Millionen alte Knochen gefunden
  • Seit 20 Jahren suchte ihr Vater nach den Überresten der Ur-Elefanten
  • Am Ende war der Fund vor allem eins: großes Glück

Seit 2004 war Peter Kapustin im oberbayrischen Langenpreising auf der Suche nach urzeitlichen Spuren – fast 20 Jahre lang erfolglos. Kapustin, Leiter und Gründer des Urzeitmuseums im benachbarten Taufkirchen, fahndete seit dem Schädelfund eines Ur-Elefanten in der Gegend unermüdlich nach mehr Knochen. Doch erst seine zwei Söhne bescherten ihm 2023 einen spektakulären Fund.

Wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, entdeckten Alexander (10) und Constantin (9) zufällig in einem Sandhaufen vor einem Fuchsbau ein erstes weiteres Knochenstück. Zusammen mit ihrem Vater, der sie zu dem Ausflug mitnahm, stießen sie dort auf die zehn Millionen Jahre alten Überreste dreier Ur-Elefanten. Am Montag stellte Peter Kapustin den Fund zusammen mit seinen Söhnen vor.

Die Ausmaße der gefundenen Knochen geben einen Eindruck davon, wie groß die urzeitlichen Riesen waren. Allein der Oberarm wiegt 100 Kilogramm, das Schulterblatt hat einen Durchmesser von fast einem Meter. Den Experten zufolge sind die Menge der Knochen und deren Zustand eine Sensation.

Fast vollständige Skelette von Ur-Elefanten bei München entdeckt

Die Ur-Elefanten gehörten demnach der Gattung Deinotherium und der Art Deinotherium giganteum an, die vor zehn Millionen Jahren im Raum München lebten. Charakteristisch für diese Gattung sind die nach unten gebogenen Stoßzähne des Unterkiefers. Die meisten anderen Gattungen von Ur-Elefanten hatten damals sogar vier Stoßzähne, ein Paar unten und ein Paar oben.

Die Mitentdecker Constantin (l) und Alexander (r) Kapustin, Söhne des Museumsleiter des Urzeitmuseum Peter Kapustin, stehen zwischen den gefundenen Stoßzähnen der Urzeit-Elefanten.
Die Mitentdecker Constantin (l) und Alexander (r) Kapustin, Söhne des Museumsleiter des Urzeitmuseum Peter Kapustin, stehen zwischen den gefundenen Stoßzähnen der Urzeit-Elefanten. © DPA Images | Peter Kneffel

Insgesamt liegen 120 Knochen vor. Darunter sind Schädel und Stoßzähne eines Jungtieres, das zu 70 Prozent erhalten ist. Das sei „spektakulär“, sagt Gertrud Rößner, Oberkonservatorin für fossile Säugetiere an der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie, die in die Bewertung des Fundes eingebunden war. „Dass diese Ur-Elefanten hier lebten, wissen wir. Aber relativ vollständige Skelette sind selten.“

Vater berichtet von Suche: „20 Jahre immer wieder an die Stelle gepilgert“

Kapustin – gelernter Betriebswirt, Autodidakt im Fach der Paläontologie – berichtet auf der Pressekonferenz von seiner hartnäckigen Suche: „20 Jahre lang bin ich immer wieder an die Stelle gepilgert und hab gedacht: Vielleicht kommt da noch irgendwas – leider war es immer ergebnislos.“ Bis seine Kinder in dem Sandhaufen das Rippenstück eines der Elefanten entdeckten.

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Eine monatelange Suche mit ehrenamtlichen Helfern förderte nicht nur die Skelette der Ur-Elefanten zutage. Auch die Knochen einer Raubkatze und eines Ur-Nashorns wurden in unmittelbarer Nähe geborgen. Besonders kurios: Ein Zahn des Nashorns steckt am Wirbelfortsatz eines Elefanten. Machte hier ein Nashorn Jagd auf die Ur-Elefanten?

Viel wahrscheinlicher erscheint den Experten, dass die Knochen der Tiere – auch der Katze – in dem damaligen Flusslauf zusammen gespült worden. „Solche kleinen Säugetierfunde sprechen für eine sehr schnelle Einbettung in die Flusssedimente“, erläuterte der Geologe Alexander Benn. Andernfalls wären die Knochen nicht erhalten geblieben.

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Für die Deinotherien als größte Landsäugetiere Europas sei es die größte Fundstelle, die je entdeckt wurde, sagte der geologische Präparator Nils Knötschke. Er sprach von einem Glücksfall für die Wissenschaft. Das zweite gut erhaltene Tier war bereits größer und älter, jedoch noch nicht ausgewachsen, sodass daran auch die Entwicklung der Tiere sichtbar werde. Von dem dritten Tier wurde ein riesiger Oberschenkelknochen gefunden. Nach ihren Findern, Kapustins Söhnen Costantin und Alexander, erhielten die beiden besser erhaltenen Tiere die vorläufigen Namen „Little Consti“ und „Big Alex“.

Warum die Knochen der Ur-Elefanten alle an einer Stelle gefunden wurden, ist offen. Dass sie wie heutige Elefanten zum Sterben einen bestimmten Ort aufsuchten und es sich somit um einen urzeitlichen „Elefanten-Friedhof“ handelte, wäre möglich, sagt die Oberkonservatorin Rößner, „aber sicher ist das nicht zu beantworten“.

Aus Bayern sind relativ viele Überreste von Ur-Elefanten bekannt, davon rund fünf Teilskelette, zu denen auch die der Erdinger Funde zählen. Herausragend ist ein 1971 in der Nähe von Mühldorf am Inn entdecktes, mit knapp 200 Knochen fast vollständiges Gomphotherium, dessen Replik in der Bayerischen Staatssammlung ausgestellt ist.

Bayern war Heimat von Ur-Elefanten, Krokodilen und Riesenschildkröten

Bayern war allerdings nicht speziell ein „Elefantenland“. Im Gebiet des heutigen südlichen Freistaats haben sich Überreste der Ur-Elefanten aufgrund der günstigen geologischen Situation im Molassebecken nördlich der Alpen vergleichsweise gut und nah an der Oberfläche erhalten.

Vor etwa 18 bis etwa 2,5 Millionen Jahren lebten im heutigen Europa zahlreiche Ur-Elefanten. Der Artenreichtum sei weit größer gewesen als bei heutigen Elefanten. „Rüsseltiere waren bis in die Eiszeit sehr vielfältig und nahezu weltweit verbreitet“, sagt Rößner.

Die Ursache für ihr Aussterben dürfte an den klimatischen und damit verbundenen ökologischen Veränderungen liegen. Bis vor 14 Millionen Jahren habe es keinen Frost gegeben, damals lebten hierzulande auch Krokodile und Riesenschildkröten. „Dann ist es sukzessive kühler und trockener geworden.“ Die letzte Rüsseltiergattung in Deutschland waren bis vor etwa 14.000 Jahren die Wollhaarmammuts.

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