Berlin. Eine neue Studie von Hunderten Forschern zeigt, dass Herzerkrankungen nicht mehr die häufigste Krankheitsursache auf der Welt sind.

Schlaganfälle, Migräne und Demenz: Erkrankungen, die das Nervensystem betreffen, sind die häufigste Krankheitsursache weltweit. Das geht aus einer neuen Studie hervor, die Hunderte Forscher unter Leitung des Instituts für Gesundheitsmetrik und -evaluation (IHME) durchgeführt haben. Demnach haben die Nervenkrankheiten in diesem Jahr die Herzkrankheiten überholt, die zuletzt häufigste Ursache für Krankheiten war.

Die Analyse zeigte, dass im Jahr 2021 mehr als 3,4 Milliarden Menschen an einer neurologischen Erkrankung litten – das sind 43 Prozent der Weltbevölkerung. In den vergangenen drei Jahrzehnten ist diese Zahl um 59 Prozent gestiegen, Grund dafür ist laut den Autoren der Studie vor allem die alternde Weltbevölkerung.

Nervenkrankheiten kosteten 2021 443 Millionen gesunde Lebensjahre

Insgesamt beobachteten die Wissenschaftler in ihrer Studie in 204 Ländern 37 neurologische Erkrankungen und deren Entwicklung von 1990 bis 2021. Daraus schätzten die Wissenschaftler, wie viele gesunde Lebensjahre durch Nervenkrankheiten verloren gegangen sind. Allein für das Jahr 2021 beläuft sich diese Größe auf 443 Millionen Lebensjahre.

In einer absoluten Betrachtung ist das eine enorm hohe Zahl, bei einer relativen Einordnung mit dem Alter und der wachsenden Größe der Bevölkerung seien die Todesfälle und die verlorenen Lebensjahre jeweils um rund ein Drittel gesunken, wie die Forscher feststellen.

Auch Kinder immer wieder von neurologischen Erkrankungen betroffen

Dass Nervenkrankheiten nun Platz eins der Rangliste belegen, hat auch mit einer Umgruppierung der Weltgesundheitsorganisation zu tun: Schlaganfälle waren bisher noch unter Herzkrankheiten geführt worden und wurden jetzt zu den neurologischen Erkrankungen gezählt. Davon waren sie mit 160 Millionen verlorenen Lebensjahren mit Abstand die schlimmste.

Auf den weiteren Plätzen liegen eine Form der Hirnschädigung, die als neonatale Enzephalopathie bezeichnet wird, Migräne, Demenz einschließlich der Alzheimer-Krankheit, Nervenschäden durch Diabetes, Meningitis und Epilepsie. Vor allem wenn Nervenkrankheiten in jungen Jahren auftreten, führen sie natürlich zu einer hohen Zahl an verlorenen Lebensjahren. So geht insgesamt ein Fünftel der durch Nervenkrankheiten verlorenen Jahre auf Kinder zurück.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind häufigste Todesursache

Laut der Studie sind im Jahr 2021 weltweit insgesamt elf Millionen Menschen an den beobachteten neurologischen Erkrankungen gestorben. Als Todesursache sind damit weiterhin die Herz-Kreislauf-Erkrankungen der häufigste Grund: Laut IHME starben daran im Jahr 2022 19,8 Millionen Menschen.

Die neurologischen Erkrankungen sind aber nicht nur solche mit so drastischen Auswirkungen wie dem Tod. Auch Spannungskopfschmerzen zählen zum Beispiel dazu, die vielen im Büro arbeitenden Menschen bekannt sein dürften.

Valery Feigin, Co-Autorin der Studie, warnt bilanzierend: „Die weltweite neurologische Belastung nimmt sehr schnell zu und wird die Gesundheitssysteme in den kommenden Jahrzehnten noch mehr unter Druck setzen.“