Berlin. . Vor dem Italien-Urlaub kommt der Stau am Gotthard-Tunnel – und vor dem Stau eine neue Maut? Wie die Schweiz Fahrer abkassieren will.

Er gilt als eine der größten Staufallen der Schweiz: Der Autotunnel durch den Gotthard, der viertlängste Straßentunnel der Welt und der längste in den Alpen. Die Fahrt kostet nicht extra – sie ist bei der Vignette von 40 Franken (umgerechnet rund 41 Euro) eingepreist. Nun erwägen die Schweizer, doch eine Sondermaut zu erheben.

Eine entsprechende Initiative hat im Parlament offenbar gute Chancen. Laut "Neue Zürcher Zeitung" steht sie sogar vor dem Durchbruch. Für manche Italien-Urlauber verheißt es nichts Gutes: höhere Kosten.

Eine Maut wäre eigentlich nicht mit dem Landverkehrsabkommen mit der EU vereinbar. Das dürfte die Eidgenossen indes kaum abschrecken. Schon am Montag wollen drei Parlamentarier mehrerer Parteien im Nationalrat aktiv werden. Dank einer bürgerlichen Allianz könnte die Idee mehrheitsfähig werden,

Gerade in den Anrainerstaaten ist ein Erfahrungssatz geläufig: Vor dem Urlaub kommt der Stau. Erst am Samstag staute sich der Verkehr vor dem Tunnel auf eine Länge von zehn Kilometern. Der Zeitverlust: Eine Stunde und 40 Minuten. Die Experten waren selbst überrascht. Die Sommerferien kommen doch erst noch. Lesen Sie dazu: Sommerferien: Darum ist Bayern immer als letztes Land dran

Von der Maut erhofft sich das "Trio Gotthard" eine variable Auslastung

Der Stau kam politisch wie gerufen für die drei Politiker, für das "Trio Gotthard" ("Neue Zürcher Zeitung"), das den Tunnel kostenpflichtig machen will – mit einer variablen Maut. Die Idee: Je höher das Verkehrsaufkommen, desto teurer wird die Fahrt durch den 17 Kilometer langen Tunnel.

Über den Preis streben sie eine variable Auslastung an. Die Maut soll Urlauber dazu bringen, früher anzureisen oder auf die Bahn umzusteigen. Schließlich gibt es noch einen Eisenbahntunnel, mit fast 57 Kilometern der längste der Welt. Er untertunnelt einen Teil der Schweiz und stellt eine Verbindung nach Italien her. Züge, die ihn passieren, brauchen nur rund 20 Minuten zur Durchfahrt. Das könnte Sie auch interessieren: Unwetter in Norditalien – das sind die Folgen für Urlauber

Für die lokale Bevölkerung soll es Ermäßigungen geben. Aber die hat teilweise ganz andere Sorgen: vor dem Ausweichverkehr. Für das Road-Pricing nennt die Aaargauer Zeitung auch bereits eine Hausnummer: 20 Franken pro Fahrt. Am teuersten wäre die Fahrt vermutlich zu Ostern und Pfingsten sowie im Sommer, am günstigsten wohl im November.

Das Vorbild für die Eidgenossen: London

Es gibt ein Vorbild für die Eidgenossen: London. Nachdem in der britischen Hauptstadt 2013 eine variable Gebühr für die City eingeführt wurde, ging der Stau um 30 Prozent zurück. Auch in einigen Nachbarstaaten sind Sondermauts an den alpenquerenden Übergängen längst Realität, etwa in Österreich auf der Brennerautobahn und in den französischen Straßentunnels Mont Blanc und Fréjus.

In der Schweiz ist der Leidensdruck denkbar groß. Nach einer Analyse der Aargauer Zeitung haben sich die Staustunden am Gotthard-Nordportal zwischen 2012 und 2022 verdreifacht. Allein in den ersten vier Monaten des laufenden Jahres standen die Autos dort 340 Stunden lang still – ein neuer Rekord. Auch interessant: Urlaub in Italien: Fahrverbot auf legendärer Straße verhängt