Washington. . Darf man jemanden erschießen, nur weil er an der Haustür klingelt und schwarz ist? Ein neuer Fall aus den USA, der fassungslos macht.

Von Ralph Yarl gibt es viele Fotos in sozialen Medien. Meist zeigen sie den 16-jährigen Schwarzen, den seine Lehrer einen Ausnahmeschüler nennen, mit einer Bass-Klarinette. An diesem Instrument war er besonders gut. Das aktuellste Foto ist anders.

Krankenhaus. Intensiv-Station. Kopfverband. Offensichtlich künstlich in den Schlaf versetzt. Ralph Yarl ist lebensgefährlich verletzt – durch mindestens einen Kopfschuss. Wie es dazu kam, treibt die afro-amerikanische Gemeinde in Kansas City im US-Bundesstaat Missouri auf die Straße.

USA: Kopfschuss an der Haustür

Nach Angaben seiner Tante Faith Spoonmore wollte Yarl in der Nachbarschaft seine kleinen Zwillingsbrüder abholen. Die Hausnummer – 115 – stimmte. Aber nicht die Straße. Als Yarl klingelte, war es bereits zu spät.

Der Hausbesitzer, laut US-Medien ein Weißer, legte auf den Jungen an und schoss ihm in den Kopf. So berichteten es mehrere Zeitungen und TV-Sender unter Berufung auf die Familie des Opfers und vorläufige Polizeiangaben.

Im Fallen bekommt Ralph noch eine zweite Kugel ab

Im Fallen habe Yarl eine zweite Kugel abbekommen. Und den Hinweis, sich hier nicht mehr blicken zu lassen. Ob der Gewalt-Explosion ein Wortgefecht vorausging, ist bisher nicht bekannt.

Yarls Tante berichtet, dass ihr Neffe sich trotz der Schusswunden aufrappeln konnte. Erst beim dritten Versuch habe er in der unmittelbaren Nachbarschaft Hilfe bekommen – nachdem er sich mit ausgestreckten Armen auf den Boden gelegt habe. Yarl hat überlebt. Sein Zustand sei kritisch, aber stabil, sagen die Ärzte.

Rassistisch motiviertes Hassverbrechen in den USA?

Der Schütze, über dessen Identität und Motiv bisher offiziell nichts bekannt ist, wurde nach 24 Stunden Polizeigewahrsam auf freien Fuß gesetzt – ohne strafrechtliche Konsequenzen.

Warum das so ist, wollte Polizeichefin Stacey Graves bei einer ersten Pressekonferenz nicht sagen. Die Ermittlungen liefen noch. Dass es sich um ein rassistisch motiviertes Hass-Verbrechen handeln könnte, schloss sie nicht aus.

Auch Hollywood-Star Halle Berry protestiert

Der Fall schlägt in den USA seit Sonntag hohe Wellen. Hunderte Demonstranten zogen vor das Haus in der 115th Straße. „Gerechtigkeit für Ralph Yarl. Schwarzes Leben zählt”, riefen sie.

Auch Hollywood-Prominenz meldete sich zu Wort: „Ich habe dieses Gefühl satt”, schrieb die schwarze Schauspielerin Halle Berry auf Twitter. „Dieses unschuldige Kind kämpft nun um sein Leben. Es bricht mir das Herz, dass der Junge angeschossen wurde von einem Mann, der ihn nicht auf seinem Grundstück haben wollte”.

800.000 US-Dollar für das Opfer gesammelt

Rechtsexperten vermuten, dass der Schütze geltend machen wird, er habe sich von Yarl bedroht gefühlt. In Missouri wie in rund 30 weiteren Bundesstaaten gibt es sogenannte „Stand Your Ground”-Gesetze. Übersetzt: Weiche nicht zurück.

Danach liegt die Schwelle für den straffreien Einsatz tödlicher Gewalt auf Privatgrundstücken wie im öffentlichen Raum besonders niedrig. Es reicht, wenn man sich bedroht fühlt. Eine Verpflichtung zu deeskalierenden Maßnahmen gibt es nicht.

Benjamin Crump, Anwalt der Familie des Opfers, das noch nicht vernehmungsfähig ist, verlangte die Festnahme des Täters. „Man kann nicht auf jemanden schießen, nur weil er an deiner Haustür geklopft hat.” Auf der Spendenseite „GoFundMe" waren bis Montagmorgen für Ralph Yarl bereits über 800. 000 US-Dollar zusammengekommen.