Rom. Die Körperbilder im Internet haben mit der Realität wenig zu tun. Italien will Anstiftung zur Magersucht im Netz unter Strafe stellen.

Schlankheitswahn und Körperkult im Netz: Experten warnen davor, dass im Internet und auf Social Media ein völlig unrealistisches Körperbild verbreitet wird. Wenn man sich die Social Media-Seiten der wichtigsten Influencerinnen und Influencer anschaut, bekommt man manchmal das Gefühl, alle Frauen seien dünn und perfekt in Form, alle Männer regelrechte Muskelprotze.

Diese Körperbilder haben wenig mit der Realität zu tun. Trotzdem fühlen sich viele junge Menschen durch den Schlankheitswahn im Netz unter Druck gesetzt. Erst sind es nur Diättipps, dann wird es Magersucht: Die perfekten Körper auf Instagram machen viele Teenagerinnen krank, nicht nur in Italien. Auch in Spanien gibt es eine Kampagne gegen den Schlankheitswahn.

Kritiker in Italien wollen die Plattformen jetzt stärker regulieren. Italien, das Land von Pizza und Spaghetti, will den guten Ton angeben. So hat die Regierungspartei „Fratelli d’Italia“, die Gruppierung um die rechte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, dem Parlament einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der eine Strafe für „Anstiftung zur Magersucht“ vorsieht. Personen, die auf Webseiten Schlankheitswahn verherrlichen, sollen mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden. Vorgesehen sind auch Geldstrafen bis zu 60.000 Euro.

Magersucht soll als soziale Krankheit anerkannt werden

Immer mehr Menschen leiden an Essstörungen. Mehr als fünf Prozent der italienischen Bevölkerung, d.h. fünf Millionen Menschen, sind davon betroffen. Der italienische Gesetzentwurf konzentriert sich auf Vorbeugungskampagnen in den Schulen mithilfe von Psychologen und Ernährungsexperten. Die Initiatoren wollen klar machen, dass es sich bei Essstörungen um eine psychiatrische Pathologie handelt, die auch als soziale Krankheit anerkannt werden muss.

Weniger ist mehr: Der Wunsch, noch dünner und schmaler zu sein, sei ein Ergebnis falscher Vorbilder im Netz.
Weniger ist mehr: Der Wunsch, noch dünner und schmaler zu sein, sei ein Ergebnis falscher Vorbilder im Netz. © epd | Mauricio Jordan de Souza Coelho

Experten warnen vor Webseiten, die den Schlankheitswahn propagieren und jungen Frauen Ratschläge erteilen, wie man am besten hungert. In Italien erkranken jedes Jahr 8500 Menschen an Magersucht, betroffen sind in 95 Prozent der Fälle Frauen.

Tipps, das Hungern auszuhalten – Mutter zeigt Bloggerin an

Vor einiger Zeit wurde in Italien eine 19-Jährige wegen Anstiftung zur Magersucht angezeigt. Auf ihrem Blog werde der Schlankheitswahn verherrlicht und die Frau stifte junge Mädchen zum Hungern an, lautet der Vorwurf nach Angaben italienischer Medien. Die Mutter einer magersüchtigen 15-Jährigen hatte die junge Frau angezeigt. Auf ihrem Blog habe die Tochter Rat erhalten, wie sie das Hungern besser aushalten könne.

Italien nimmt auch die Modewelt unter die Lupe und will Magersucht unter Models bekämpfen. Als Beispiel gilt Frankreich, wo Models eine Bescheinigung vom Arzt vorweisen müssen. Um bei den Pariser Modeschauen oder Foto-Shootings arbeiten zu können, brauchen Mannequins eine medizinische Bescheinigung, dass ihr Gesundheitszustand mit dem Beruf vereinbar ist. Zentraler Faktor ist dabei der Body-Mass-Index, der das Gewicht ins Verhältnis zur Körpergröße setzt.

Hohe Strafen für die Beschäftigung von Magermodels

Die Bescheinigung wird in der Regel für zwei Jahre ausgestellt. Wer Models ohne Bescheinigung beschäftigt, dem drohen sechs Monate Gefängnis und 75.000 Euro Strafe. Ein Verbot von Magermodels gibt es bereits in Israel. Auch in anderen europäischen Ländern wird das Problem immer wieder diskutiert. Oft gibt es Selbstverpflichtungen von Verbänden oder Designern, auf Mager-Models zu verzichten.

Die Corona-Pandemie und die diversen Krisen machen vor allem jungen Menschen zu schaffen. Viele von ihnen kämpfen nicht nur mit psychischen Problemen, sondern entwickeln auch Essstörungen - laut Studien sind es sogar um fast die Hälfte mehr als vor der Pandemie.

Schon Kinder von Magersucht betroffen

Die Magersucht im Jugendalter ist eine schwere und potenziell lebensbedrohliche Erkrankung. Sie betrifft zu 90 Prozent Mädchen und junge Frauen, aber auch Jungen und junge Männer können daran erkranken. Die Zahl der männlichen Patienten in Kliniken zur Behandlung von Magersucht ist steigend, warnen Experten.

Das Durchschnittsalter bei Erkrankungsbeginn liegt bei 13 bis 14 Jahren, es gibt laut Fachleuten aber auch schon Kinder im Volksschulalter, die bereits die typischen Symptome der Magersucht zeigen. Hauptsymptome sind aktiv gewollte, stark reduzierte Nahrungsaufnahme und bewusst herbeigeführte Gewichtsabnahme, die oft mit weiteren Symptomen wie exzessivem Sport einhergeht.