Madrid. Ana Obregón, eine spanische TV-Diva, ist Mutter geworden – mit 68. Eine glückliche Nachricht oder Missbrauch der Reproduktionsmedizin?

Die Inszenierung war perfekt: Ana Obregón, eine 68 Jahre alte spanische TV-Diva, ließ sich von einer Krankenschwester in einem Rollstuhl aus dem Krankenhaus in Miami schieben. Auf dem Arm, in einer weißen Decke, trug sie ein kleines Bündel – ein Baby, ein Mädchen, das von einer Leihmutter für viel Geld ausgetragen und vor wenigen Tagen in der Klinik im US-Bundesstaat Florida zur Welt gebracht wurde.

Möglicherweise war es kein Zufall, dass draußen vor der Tür ein Fotograf wartete, um die Szene festzuhalten. Viele spanische Klatschpresse-Celebrities leben gut davon, die Höhen und Tiefen ihres Lebens meistbietend zu verkaufen. Auch Ana Obregón versteht es meisterhaft, sich auf diese Weise zu vermarkten.

Fotos nach der Geburt bringen wohl sechsstellige Summe

Die Fotos von der spanischen Boulevard-Königin sind, so schätzen Insider, eine sechsstellige Summe wert. Vermutlich genug, um eine Leihmutterschaft in den USA zu bezahlen, die dort üblicherweise nicht unter 100.000 Euro zu haben ist. In Spanien wie in etlichen anderen europäischen Ländern – etwa Deutschland, Österreich oder der Schweiz – ist dieses Fortpflanzungsverfahren, bei dem ein Baby von einer anderen Frau ausgetragen wird, gesetzlich verboten. Lesen Sie auch: Paris Hilton jetzt Mama – Leihmutter bringt Sohn zur Welt

Zum Überbringer der Exklusivstory über Obregóns ungewöhnlichen Familienzuwachs wurde wenig später Spaniens viel gelesenes Tratschmagazin „Hola“. Die Geschichte, die dort auf der Titelseite unter der Überschrift „Die bewegenden Bilder des Glücks von Ana“ publiziert wurde, schlägt in Spanien gigantische Wellen. Und sie provozierte eine heftige Debatte darüber, ob es sich in diesem Fall der Leihmutterschaft im Ausland wirklich um eine freudige Nachricht oder um Missbrauch der Reproduktionsmedizin handelt.

68-jährige TV-Diva nach Geburt: "Ich lebe wieder"

Obregón ließ keinen Zweifel daran, dass dieses Geburtsereignis für sie ein Grund zum Feiern ist: „Es kam ein Licht voller Liebe in meine Dunkelheit“, schrieb sie auf Instagram, auf der sie zugleich das exklusive Titelfoto aus „Hola“ mit ihren mehr als eine Million Followern teilte. Mit Dunkelheit meinte sie ihre letzten drei Jahre, in denen zuerst ihr 27 Jahre alter Sohn, von dessen Vater sie schon jahrelange getrennt lebt, an Krebs starb. Wenig später verschieden Obregóns Eltern, die 95 und 96 Jahre alt wurden. Das Leihmutter-Baby sei nach diesen Schicksalsschlägen ein Hoffnungsstrahl: „Jetzt werde ich nie mehr allein sein“, fuhr Obregón auf Instagram fort. „Ich lebe wieder.“

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Instagram, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Doch nicht überall wurde die Freude über den Nachwuchs der 68-Jährigen, die derzeit alleinstehend ist, geteilt. „Das ist ein Akt des Egoismus“, urteilte zum Beispiel der prominente TV-Journalist Joaquin Prat. „Wenn dieses Kind zehn ist, wird ihre Mutter fast 80 sein”, wetterte die spanische Spitzenathletin Ana Peleteiro, die bei Adoptiveltern aufwuchs. „Ana Obregón hat sich ein Mädchen gekauft“, schrieben andere Nutzer empört in den sozialen Netzwerken. Auch interessant: Leihmutterschaft – Wer ein Kind gebärt, ist rechtlich Mutter

Erziehungsministerin bezeichnet Leihmutterschaft als "Ausbeutung"

Auch Spaniens Regierung mischte sich ein: Frauenministerin Irene Montero von der Linkspartei Podemos sagte, dass Leihmütter oftmals in Armut lebten und sich gezwungen sähen, ihren Körper zu verkaufen. Montero: „Das spanische Gesetz bezeichnet deswegen Leihmutterschaften als eine Form der Gewalt gegen Frauen.“ Die sozialdemokratische Erziehungsministerin Pilar Alegría erklärte: „Das Ganze kommt einer Ausbeutung der Frauen gleich.“

Die überregionale Tageszeitung „El Mundo“ titelte: „Ana Obregón bricht die Grenzen der Mutterschaft.“ Das Blatt fragte seine Leser: „Ist es ethisch, mit fast 70 Mutter zu werden?“ Als Antwort zitiert die Zeitung den spanischen Bioethik-Professor Benjamín Herreros: „Es liegt auf der Hand, dass es nicht optimal ist, mit 68 Mutter zu werden. Aber es ist zugleich so, dass sich die gesellschaftliche Bewertung dessen, was Mutterschaft und Vaterschaft ist, geändert hat“, sagte er. So dürfen zum Beispiel heute auch gleichgeschlechtliche Paare Kinder adoptieren, sodass die Kinder zwei Väter oder zwei Mütter haben können.

Die von Obregón gewählte Methode, an Nachwuchs zu kommen, ist übrigens in Spanien schon lange kein Einzelfall mehr. Schätzungen zufolge unterschreiben jedes Jahr mehrere Hundert Spanierinnen und Spanier einen Vertrag mit einer ausländischen Leihmutter. Darunter sind Paare und Alleinstehende, Heterosexuelle und Homosexuelle. Meistens leben die Leihmütter in den USA. Bevor Russlands Angriffskrieg begann, wurden auch viele Leihmütter in der Ukraine unter Vertrag genommen. Obwohl dieses Verfahren in Spanien als illegal gilt, ermöglichen die spanischen Behörden später die Einschreibung ins Familienregister. Lesen Sie auch: Schwanger trotz Wechseljahren – So hat es diese Frau geschafft

Debatte in Spanien: Sollte Leihmutterschaft legalisiert werden?

Der Fall Obregón hat nun dafür gesorgt, dass in Spanien Bewegung in die politische Debatte gekommen ist. Die konservative Volkspartei, der Chancen eingeräumt werden, in der Wahl Ende des Jahres die Macht zu erobern, regte gerade an, nicht-kommerzielle Leihmutterschaften zu legalisieren.

Das wäre ein Modell, wie es etwa in den Niederlanden existiert. Dort ist unter strengen Auflagen erlaubt, dass sich zum Beispiel homosexuelle Paare im Bekanntenkreis eine freiwillige Leihmutter suchen. Dies könnte, so Spaniens Konservative, ein Weg für Spanien sein. Doch die Bedingung sei: „Auf keinen Fall darf es eine finanzielle Gegenleistung geben.“