Berlin. An diesem Dienstag wurde das „Unwort des Jahres“ 2022 gekürt. Eine sprachkritische Jury hatte zuvor zahlreiche Vorschläge erhalten.

„Klima-Terroristen“ ist das „Unwort des Jahres“ 2022. Es wurde an diesem Dienstag im hessischen Marburg bekannt gegeben. Der Ausdruck sei im öffentlichen Diskurs benutzt worden, um Aktivisten und deren Proteste für mehr Klimaschutz zu diskreditieren, begründete die Jury ihre Wahl.

Sie kritisierte die Verwendung des Begriffs, weil Aktivistinnen und Aktivisten mit Terroristen „gleichgesetzt und dadurch kriminalisiert und diffamiert werden“. Gewaltlose Protestformen zivilen Ungehorsams und demokratischen Widerstands würden so in den Kontext von Gewalt und Staatsfeindlichkeit gestellt, rügte die Jury.

Die Jury erhielt diesmal nach eigenen Angaben mehr als 1400 Vorschläge, die Interessierte bis Ende Dezember vergangenen Jahres einreichen konnten. Zu den eingegangenen Begriffen gehören einer Sprecherin zufolge „Spezialoperation“, „Sondervermögen“, „Gratismentalität“ und eben auch „Klima-Terroristen“.

Vorschläge spiegeln öffentliche Debatte wieder

Die Vorschläge spiegelten einerseits die öffentlichen Debatten des Jahres wider, andererseits die großen Ereignisse, hatte Jury-Sprecherin Constanze Spieß im Dezember zu den bis dahin eingereichten Begriffen mitgeteilt. Anfang 2022 dominierten demnach noch Einsendungen rund um die Corona-Pandemie. Das habe mit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar schlagartig abgenommen.

Auf Platz zwei setzte die mehrheitlich aus Sprachwissenschaftlern bestehende Jury in diesem Jahr demnach den Ausdruck „Sozialtourismus“, der 2013 zum „Unwort“ gekürt worden war. CDU-Chef Friedrich Merz hatte das Wort im vergangenen September im Zusammenhang mit Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine verwendet und sich später dafür entschuldigt.

Die Jury sah in dem Wortgebrauch „eine Diskriminierung derjenigen Menschen, die vor dem Krieg auf der Flucht sind und in Deutschland Schutz suchen“. Zudem verschleiere das Wort ihr prinzipielles Recht darauf.

Auf Platz drei kam die Formulierung „defensive Architektur“, die als irreführend und beschönigend kritisiert wurde. Der Ausdruck bezeichnet eine Bauweise, die verhindert, dass sich etwa Wohnungslose länger an öffentlichen Orten niederlassen können.

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„Unwort des Jahres“ soll auf unangemessene Begriffe aufmerksam machen

Mit der Kür des „Unwortes“ soll auf unangemessenen Sprachgebrauch aufmerksam gemacht und so sensibilisiert werden. Die Jury rügt Begriffe, die gegen die Prinzipien der Menschenwürde oder Demokratie verstoßen, die gesellschaftliche Gruppen diskriminieren oder die euphemistisch, verschleiernd oder irreführend sind. Bei der Entscheidung für ein „Unwort“ kommt es laut Jury nicht auf die Menge der eingereichten Vorschläge für einen einzelnen Begriff an.

Die „Unwörter“ werden seit 1991 gekürt. Zuletzt fiel die Wahl auf „Pushback“. Der aus dem Englischen stammende Begriff bedeutet zurückdrängen oder zurückschieben und wird im Zusammenhang mit möglichen illegalen Zurückweisungen von Migranten an der EU-Außengrenze verwendet. Die Jury kritisierte vor einem Jahr die Nutzung des Ausdrucks, „weil mit ihm ein menschenfeindlicher Prozess“ beschönigt werde. (dpa/fmg)