Berlin. Der TV-Dino kommt zurück: Thomas Gottschalk moderiert wieder „Wetten, dass..?“. Über sein Geheimnis, warum er nicht aufhören kann.

Blonde Locken, Brokatanzug – ein Clown, der bei allen beliebt war, verließ die Bühne. Ja, es war ein Beben, das sich nicht nur durch die mediale Landschaft zog, sondern auch durch die Wohnzimmer: Gottschalk war weg. Der Dino sagte Servus. Doch ausgestorben wollte er nicht sein. Thomas Gottschalk kam wieder und jetzt auch wieder da. Und möchte auch nicht aufhören. Im Grunde.

Der Moderator, der lange damit kokettiert hatte, weg vom Fenster sein zu wollen, kann sich nun doch eine dauerhafte Fortsetzung des Fernsehklassikers „Wetten, dass..?“ vorstellen. Mit ihm, Thomas Gottschalk, als Moderator natürlich. „Ich bin open end dabei, wenn sich das ZDF und der liebe Gott einig sind“, sagte der 72-Jährige der Illustrierten „Hörzu“. Bislang sind nur noch für den 19. November – mit Michelle Hunziker – und im kommenden Jahr je eine Show geplant.

Seine letzte Show 2021 war ein wahrer Quotenknaller: Mehr als 14 Millionen hatten eingeschaltet. Wie Zuschauer eben so sind: Als Gottschalk einst noch zur Routine gehörte, zur guten, alten Fernsehzeit, gingen sie lieber essen oder guckten den Krimi im Ersten. Die Quoten jedenfalls sanken. Mit sieben Millionen musste er sich oft gegen Bohlens „Deutschland sucht den Superstar“ geschlagen gegeben. Gottschalk, der Mann, der das Lagerfeuer zündete, um das dann die ganze Familie herumsaß, hatte an Magie verloren.

Gottschalk vereinte die Generationen vor dem Fernseher

Dabei war er es ja, Gottschalk, der die Nation über Jahrzehnte zusammenhielt: Sinkende Quoten hin oder her: Gottschalk hatte Generationen vor dem Couchtisch vereint. Bei ihm saß man zusammen in der Clubgarnitur oder auf dem Designersofa. Und montags sprach man immer noch drüber, im Büro wie an der Supermarkttheke.

Spaß muss sein: Thomas Gottschalk (r) singt begeistert mit, als Paul McCartney in der ZDF-Show
Spaß muss sein: Thomas Gottschalk (r) singt begeistert mit, als Paul McCartney in der ZDF-Show "Wetten, dass...?" im Dezember 2001 sein Können unter Beweis stellt. Auch McCartneys damalige Verlobte, das Model Heather Mills (M) klatscht mit. © dpa | Martin Schutt

Dass Gottschalk Gesprächsthema war, lag übrigens nicht an den oft langweiligen Wetten. Auch nicht an den Superstars. Wie oft haben sich die Zuschauer beschwert, dass die Promis nur englisch redeten und ihr Auftritt ein reiner PR-Gag war. Der Star war er. Perfekt, unperfekt – nie eine Moderatoren-Maschine. Er vergaß mal Text, verwechselte mal die Promis – und setzte, ganz im Sinne der großen Entertainer der alten Schule, der Frankenfelds und Kulenkampffs, auf das, was ankam: auf Understatement. Und das beherrschte er einfach.

Auf den Lesungen zeigte sich die besondere Nähe zu den Menschen

Gottschalk wurde geliebt dafür, dass er sich so wichtig und unwichtig zugleich nahm. Aber warum kann so einer nicht einfach gehen? Ruhestand!

Wer ihn auf Lesungen seiner Bücher („Herbstbunt“) erlebte, also live erlebte, sah: Da ist einer, der die Zuneigung des Publikums aufsaugt. Der sich anhimmeln lässt. Der es einfach auf eine nette Weise braucht, im Mittelpunkt zu stehen. So einer kann nicht wirklich aufhören, das war klar.

Gute Moderatoren sind vorhanden – doch Gottschalk repräsentierte etwas anderes

Es gab eine Bindung, die so innig war, dass sich wohl beide Seiten wünschten, es müsse ein Wiedersehen geben. Es fehlte ja auch an Nachfolgern. Keiner konnte dem Meister der gehobenen Unterhaltung das Wasser reichen.

Erfolg haben sie alle: Kai Pflaume oder Johannes B. Kerner – aber Gottschalk besetzte noch ein andere Schiene. Etwas Glamour. Etwas alte Schule – mit allem, was dazu gehörte: Dass da mal schnell eine Hand auf dem Schenkel einer Hollywood-Diva landete? Nein, es gab keinen Aufschrei. Fernsehen war damals noch ein anderes.

Die Tragödie, die die Welt des Fernsehens veränderte

Das mediale Lagerfeuer, das Gottschalk von 1987 bis 2011 mit „Wetten, dass..?“ zündete, erlosch – und damit auch die heile Welt des Fernsehens. Am 4. Dezember 2010 verunglückte Samuel Koch, der Wettkandidat, der über ein fahrendes Auto sprang. Seitdem sitzt Koch, der als Schauspieler arbeitet, im Rollstuhl.

Die Show-Welt wurde eine andere. Gottschalk zog sich tief betroffen zurück. Doch schon bald tauchte er wieder auf. Probierte sich abseits der großen Bühne aus und scheiterte 2012 phänomenal mit „Gottschalk Live“, einer Vorabendshow im Ersten.

Gottschalk als Literat – und mit neuer Liebe

Dann probierte er sich als Intellektueller: 2019 startete er im BR eine Literatursendung, „Gottschalk liest?“. Nach einem halben Jahr war auch das Geschichte.

Im Juli in Bayreuth: Thomas Gottschalk und Karina Mroß.
Im Juli in Bayreuth: Thomas Gottschalk und Karina Mroß. © dpa | Daniel Karmann

Zu Ostern dann präsentierte er sich in diesem Jahr als Moderator einer Mega-Show von RTL: „Die Passion“. Es gab viel Kritik, aber auch viel Lob für das Spektakel.

Und bei allem erfand er sich privat neu – mit seiner LiebeKarina Mroß. 2019 Thea war Geschichte. 46 Jahren waren sie verheiratet. Etwa zeitgleich erfuhr die Öffentlichkeit von seiner neuen Freundin. „Karina ist wirklich meine Traumfrau“, sagte er im Interview. Sie wollen ihr Leben in Ruhe genießen.

Der Wunsch nach Ruhe ist die eine Sache. Der Wunsch nach Anerkennung eine andere.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.