Berlin. Schauspielerin Olivia Wilde spricht über die Strapazen beim Dreh ihres Films „Don’t Worry Darling“ – und ihren Partner, den Popstar.

In jüngeren Jahren machte Olivia Wilde nur als Schauspielerin auf sich aufmerksam – etwa in der Serie „Dr. House“ oder in Actionfilmen wie „Cowboys vs. Aliens“. Aber 2019 erfand sie sich als Regisseurin mit der Komödie „Booksmart“ neu, und die Branche horchte auf.

Mit den positiven Rezensionen für ihr Debüt im Rücken wagte sie sich mit dem Psychothriller „Don’t Worry Darling“ (ab 22. September im Kino) an ein ungleich komplexeres Projekt. Das stellte die 38-Jährige vor die vielleicht größte Herausforderung ihrer Karriere; sie schulterte sie dank ihrer familiären Prägung und ihres irischen Widerstandsgeists.

Den bisherigen Berichten zufolge war die Entstehung Ihres Films „Don’t Worry Darling“ kein Kinderspiel.

Olivia Wilde: Garantiert nicht. Es gab so viele Herausforderungen. Das fing schon damit an, dass wir während der Pandemie drehten. Aber ich wusste einfach, dass wir diesen Film machen mussten. Ich hatte gar keine andere Wahl, weil mich das Thema der Geschichte so ansprach. Und ich war der General des Projekts. Deshalb bestand meine Verantwortung darin, alle Beteiligten bei der Stange zu halten. Ich habe einen Bericht über die Entstehung des Webb Teleskops gelesen. Dabei gab es so viele Fehlschläge, aber die Leute ließen sich nicht aufhalten, bis sie alles perfektioniert hatten. Mit einer ähnlichen Einstellung gingen wir an die Arbeit. Auch interessant: "The Voice": Ein Coach verliert im Beliebtheits-Ranking

Die Geschichte handelt von einer jungen Frau, die ihr komfortables Leben in einer scheinbar idyllischen Gemeinschaft hinterfragt und dabei alles zu verlieren droht. Können Sie als privilegierte Hollywoodschauspielerin sich mit dieser Thematik identifizieren?

Wilde: Wir alle sollten uns fragen, ob wir unseren eigenen Komfort opfern wollen. Denn nur so können wir etwas grundlegend Neues in unserem Leben erreichen. Gerade Momente von Angst oder Beklemmung sind sehr energetisierend. Für mich selbst sind meine persönliche Erfüllung und meine Suche nach einem authentischen Leben immer wichtiger gewesen als meine Sicherheit. So glaube ich, dass ich das erreicht habe, was ich wollte, aber es hat mich schon auch Mut gekostet, diesen Schritt zu wagen.

Olivia Wilde sagt, ihre Mutter sei ihr großartiges Vorbild gewesen.
Olivia Wilde sagt, ihre Mutter sei ihr großartiges Vorbild gewesen. © Getty Images | Ernesto Ruscio

Mit diesem „Schritt“ ist vermutlich Ihre Hinwendung zur Regie gemeint – ein Metier, in dem Frauen es traditionell nicht leicht hatten. Warum haben Sie nicht davon abschrecken lassen?

Wilde: Natürlich wusste ich, dass es Hindernisse gab, weil die Branche ignorant ist. Man hat einfach nicht daran geglaubt, dass Frauen erfolgreiche Filme drehen können. Aber ich habe es genossen, diese Herausforderung anzunehmen. Ich liebe es, die Menschen zu überraschen. Wenn man den legendären Basketballspieler Michael Jordan dazu bringen wollte, das Spiel zu gewinnen, musste man ihm einfach nur sagen, dass jemand Zweifel an ihm hatte. Danach spielte er mit mehr Energie und Überzeugung denn je zuvor. Auch interessant: Warum Andrea Kiewel die "wichtigste Volkstherapeutin" ist

Basketball ist ein Mannschaftssport wie auch das Filmemachen. Angeblich gab es beim Dreh Spannungen zwischen Ihnen und Hauptdarstellerin Florence Pugh. Was können sie zu ihr sagen?

Wilde: Florence war das Herz und die Seele unseres Films. Das bedeutet, dass sie jeden Tag mit einer absolut erstaunlichen Intensität zugange war. Ihre Figur ist in einer mental prekären Situation, und sie verbrachte Monate in diesem Extremzustand. Das ist absolut kein Spaß. Ich kann das verstehen. Das Ganze muss für sie unglaublich anstrengend gewesen sein.

Für die männliche Hauptrolle holten Sie Popstar Harry Styles, mit dem Sie inzwischen auch privat zusammen sind. Was sprach dafür, so eine Figur mit einem Musiker zu besetzen?

Wilde: Ich liebe es grundsätzlich mit Schauspielern zu arbeiten, die noch einen anderen kreativen Beruf haben. Ich drehe zum Beispiel gerne mit Tänzern. Für meinen Debütfilm „Booksmart” habe ich Profi-Skateboarder angeheuert, die vorher noch nie geschauspielert hatten. Speziell Musiker und Tänzer können in ihrem Metier nicht anders, als ständig 100 Prozent zu geben. Ein Schauspieler mag sich bei einer Einstellung zurückhalten, weil er weiß, dass er die noch einige Male wiederholen wird. Da kann sich eine gewisse Faulheit einschleichen. Aber jemand wie Harry ist mit absolutem Enthusiasmus bei der Sache. Damit hat er auch die Messlatte für alle anderen höher gelegt. Lesen Sie auch: ZDF-Fernsehgarten: Drei Gründe für den Erfolg der Show

Woher kommt eigentlich bei Ihnen der Hang, sich unangenehmen Herausforderungen zu stellen?

Wilde: Ich hatte in meiner feministischen Mutter ein großartiges Vorbild. Sie ist Journalistin, Produzentin, Autorin und Filmemacherin. Durch sie habe ich schon früh verstanden, dass du dich als Frau ständig neu erfinden kannst. Auch mein Vater hat mich immer unterstützt. Die Gesellschaft drängt speziell Frauen in bestimmte Rollen hinein, aber ich habe zum Glück die Veranlagung, mich gegen so etwas aufzulehnen.

Sie haben irische Wurzeln und studierten Schauspiel in Dublin. Ihren Künstlernamen haben Sie von einem berühmten Iren – Oscar Wilde – geborgt. Hat diese Herkunft auch etwas mit Ihrer Haltung zu tun?

Wilde: Die Iren haben als Volk unglaublich viel durchgemacht, das erklärt ihren Überlebensgeist. Ich liebe Autoren wie eben Oscar Wilde oder Samuel Beckett, die die erschütterndsten Aspekte des menschlichen Lebens mit Sinn für Humor behandeln. Und dank dieser Haltung geben die Iren nicht so schnell auf. Das gilt auch für mich. Meine Zähigkeit, mit der ich so viel in diesem Leben überstanden haben, ist zutiefst mit meinen irischen Wurzeln verknüpft.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.