Berlin. Extremwetter wie Hitzewellen trifft Stadtbewohner besonders. Doch es gibt Lösungen, wie sich Städte dem Klimawandel anpassen können.

Es wird heiß in den Städten. Wenn in den kommenden Jahren die Hitzetage in Deutschland noch weiter zunehmen als bisher, wenn das Thermometer immer häufiger auf 30 Grad und noch höher klettert, dann wird dieser Effekt des Klimawandels nicht überall gleichermaßen zu spüren sein. Wer in Ballungsräumen wohnt und lebt, wird noch ein paar Grad mehr erleben als Menschen auf dem Land.

Schon jetzt sind Städte sogenannte Wärmeinseln. Asphalt, Stein und Beton speichern die Wärme des Tages und geben sie in der Nacht wieder ab. Und während auf dem Land Pflanzen und Böden über Verdunstung zur Kühlung beitragen, fällt dieser Effekt in der Stadt, wo die meisten Flächen versiegelt sind, größtenteils weg.

Das Ergebnis sind Temperaturunterschiede von bis zu zehn Grad zwischen Städten und Umland. Die gesundheitlichen Gefahren, die von häufigeren und intensiveren Hitzewellen ausgehen, betreffen Stadtbewohnerinnen und -bewohner deshalb mehr. Doch das muss nicht so bleiben, sagen Expertinnen und Experten.

Das Gesicht von Deutschlands Städten kann sich den Folgen des Klimawandels anpassen – in dem es grüner wird.

Klimawandel: Städte müssen grün werden – wortwörtlich

"Es gibt architektonisch großes Potenzial, zum Beispiel in der Nutzung von Flachdächern und Fassaden, die intensiv begrünt werden können und damit das Mikroklima begünstigen", sagt Emanuel Lucke von Architects for Future. Die Gruppe von Fachleuten aus der Baubranche setzt sich dafür ein, dass wohnen, leben und arbeiten in Gebäuden in Deutschland nachhaltiger wird.

Denn während Dächer und auch Fassaden vor allem mit dunklen Oberflächen Wärme speichern und so zur Hitze in den Städten beitragen, geben Pflanzen Feuchtigkeit an ihre Umgebung ab. Die direkte Umgebung wird so etwas kühler, das Mikroklima besser – und mit genug Grün in der Stadt auch heiße Tage erträglicher.

Bepflanzte Dächer lassen sich auch mit Photovoltaikanlagen kombinieren. "Natürlich kann man auch mit aufwändigen technischen Lösungen Gebäude kühlen oder im Winter heizen", sagt Lucke. Doch das koste mehr Energie und Ressourcen als sogenannte naturnahe Lösungen.

Klimawandel: Schon jetzt stehen Städte unter Druck

Und nicht nur einzelne Gebäude, auch Städte insgesamt müssen nach Einschätzung von Experten grüner werden, um vorbereitet zu sein auf die Folgen des Klimawandels. Denn Parks, Straßenbäume und Grünflächen kühlen nicht nur bei Hitze, sie helfen auch bei anderen Formen von Extremwetter wie Starkregen.

"Schwammstadt" heißt das Stichwort, an dem sich deshalb zum Beispiel Berlin orientiert. Die Idee: Große Mengen Niederschlag sollen nicht mehr einfach in die Kanalisation geleitet werden, sondern dezentral gespeichert. In Trockenperioden wird die Feuchtigkeit dann aus den Böden und Gründächern über Pflanzen wieder abgegeben.

Dass sich die Städte anpassen müssen, findet auch die Bundesregierung. "Städtebauförderung insgesamt geht gar nicht mehr ohne Klimaanpassungsmaßnahmen", sagt Bauministerin Klara Geywitz (SPD) unserer Redaktion. Ihr Haus fördere deshalb klimagerechten sozialen Wohnungsbau und helfe Kommunen bei der Finanzierung von Park- und Grünanlagen.

Doch die Anpassungsanforderungen treffen auf Städte, die jetzt schon unter hohem Druck stehen. Gerade in wachsenden Großstädten fehlt der Platz. Und jeder Quadratmeter Boden, der nicht versiegelt wird, um Grün zu erhalten, oder sogar neu bepflanzt wird, ist umkämpft.

Klimawandel: Verständnis, wenn Parkplatz Grünflächen weicht

Gesellschaftlicher Konsens ist deshalb ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur klimaangepassten Stadt, sagt Sebastian Ebert, Experte für die Anpassung an Klimafolgen beim Umweltbundesamt: "Wie kann man Akzeptanz in der Bevölkerung erreichen, wenn etwa eine Straße verschmälert wird oder ein Parkplatz wegfällt, damit mehr Grünflächen angelegt werden können?"

Das müsse geklärt werden, so Ebert: "Es wird unumgänglich sein, das in einem größeren Kontext von Transformation zu denken und auch in den Kommunen eine Debatte darüber zu führen, was eigentlich eine lebenswerte Stadt ausmacht."

Auch der Verkehr in den Städten steht vor der Herausforderung der Anpassung. Öffentliche Verkehrsmittel müssten klimatisiert werden, um ihre Benutzbarkeit bei Hitzewellen sicherzustellen, mahnte der Deutsche Städtetag schon in einem bereits 2019 beschlossenen Positionspapier zur Anpassung an den Klimawandel in den Städten. Zudem müsse an Schatten für wartende Passagiere an Haltestellen gedacht werden. Sonnenschutz etwa durch Bäume solle es auch auf Straßen und Parkplätzen geben.

Klimawandel: Diese Maßnahmen sind jetzt notwendig

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    Klimawandel in Städten: Nicht nur für Bewohner bemerkbar

    Doch es geht nicht nur um Hitze: Der Städtetag warnte auch, dass Starkregen und heftiger Wind eine Gefahr für Verkehrsschilder, Ampeln und Straßenlaternen sein können. Extreme Temperaturschwankungen schaden außerdem dem Straßenbelag, Schienen und Brücken.

    Hier setzen Expertinnen und Experten darauf, dass hitzebeständige Materialen für Straßenbeläge und Asphaltmischungen sowie Schienen, die sich aufgrund ihrer Verschweißung nicht ausdehnen, die Sicherheit gegen klimabedingte Schäden erhöhen.

    In vielen Städten geht der Trend bereits seit langer Zeit dahin, dem Öffentlichen Personennahverkehr und dem Fahrrad mehr Raum gegenüber dem Individualverkehr im Auto zu verschaffen. Das soll nicht nur den Ausstoß klimaschädlicher Abgase verringern, sondern auch die Lebensqualität erhöhen. Kritiker bemängeln allerdings, dass dies viel zu langsam geschieht.

    Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.