Berlin. Gerade das weibliche Geschlecht wird beim Thema Kinder kritisiert. Zwei Frauen erzählen uns, was heutzutage vom Muttersein abschreckt.

  • Immer mehr Paare in Deutschland entscheiden sich aktiv gegen Kinder
  • Das führt zum Teil zu Kritik, mit der vor allem Frauen konfrontiert werden
  • Dabei haben viele Menschen gute Gründe für ihre Entscheidung

Für Kristina Bimmel ist das Ticken der biologischen Uhr bereits verstummt, noch bevor sie überhaupt im gebärfähigen Alter war. Während gleichaltrige Mädchen von Mann, Haus und Kind träumten, war die Vorstellung für die Rostockerin ein "Albtraum".

Rund 15 Jahre später hat sich die Einstellung der heute 26-jährigen wissenschaftlichen Museums-Mitarbeiterin nicht geändert. Mit ihrem Mann Erik und den Hauskatern Moro und Cali hat sie ein Lebenskonzept für sich gefunden, dass heutzutage für viele gilt: 29 Prozent der Ehepaare oder Lebensgemeinschaften in Deutschland haben keine Kinder.

Papst Franziskus kritisiert Paare ohne Kinder

Katzen statt Kinder? Tiere als Kindersatz sozusagen? Schnell kommt bei diesem Plan Kritik auf. Zum Anfang des Jahres hatte Papst Franziskus Öl ins Feuer geschüttet, als er die Entscheidung gegen ein Kind als Akt der Unmenschlichkeit interpretierte.

"Wer in der Welt lebt und heiratet, muss daran denken, Kinder zu haben", waren die harschen Papst-Worte. Noch erschreckender aber sei für ihn die Tatsache, dass Tiere an die Stelle von Kindern treten. "Viele Paare haben keine Kinder, weil sie nicht wollen, aber sie haben zwei Hunde, zwei Katzen."

Kristina Bimmel kann mit solchen Worten nichts anfangen: "Es gibt sehr viele Paare, die gute Gründe haben keine Kinder zu bekommen – und sehr viel größere Probleme in der Welt." Auch Kulturwissenschaftlerin und Autorin Sarah Diehl ("Die Uhr, die nicht tickt. Kinderlos glücklich", Arche Literatur Verlag) ist empört: "Dass gerade der Vorsitzende des Vereins kinderloser Männer diese Kritik übt, ist zugleich verrückt und bedauerlich."

Gesellschaftskritik: Gerade Frauen kämpfen gegen Vorurteile

In ihren Live- und Online-Seminaren begleitet sie Frauen auf ihrem Weg hin zur Entscheidung für oder gegen einen Kinderwunsch. Nach wie vor dominiert in unserer Gesellschaft das Vorurteil der "karrieregeilen Frau", die sich für den Job, anstatt fürs Muttersein entscheidet, so die Wissenschaftlerin.

Der Hauptgrund für die Entscheidung gegen ein eigenes Kind sei aber ein ganz anderer: "Es ist das Ideal vom Muttersein, was abschreckt." Nicht nur das Konzept der Bilderbuchfamilie mit Mann, Frau und Kind werde zu perfekt dargestellt, sondern auch die Mutterschaft an sich. "Der Wert und die Rolle der Frau ist heute immer noch auf dem gleichen Stand wie vor 200 Jahren und muss dringend überholt werden."

Kulturwissenschaftlerin Sarah Diehl
Kulturwissenschaftlerin Sarah Diehl © Sarah Diehl

Dazu trage auch die Tatsache bei, dass immer noch zu wenig Mütter in der Politik mitspielen: "Der Wert von Pflegearbeit ist hier nach wie vor ein blinder Fleck."

Kristina Bimmel wurde neben der Horror-Vorstellung einer natürlichen Geburt auch durch persönliche Gründe bei ihrer Entscheidung bestärkt: "Mein Partner und ich leiden an einigen vererbbaren Krankheiten. Das wollen wir einem Kind nicht zumuten."

Kulturwissenschaftlerin Diehl sieht Vorteile in der Kinderlosigkeit

Neben chronischer Migräne, hormonell bedingter Akne und Neurodermitis erkrankte die 26-Jährige am Polyzistischen Ovarialsyndrom (PCO). Die Hormonstörung geht häufig mit Unfruchtbarkeit einher.

Sarah Diehl entschied sich auch bewusst gegen die Mutterschaft. Für sie hat das viele Vorteile: „Menschen ohne Kinder haben deutlich mehr Kapazitäten, sich in die Gesellschaft einzubringen.“ Auch gäbe es zahlreiche Studien, die zeigen, dass Kinderlose bessere Liebesbeziehungen pflegen, da die Paare sich voll und ganz auf sich und ihre Partnerschaft konzentrieren können.

Das persönliche Umfeld der beiden Frauen akzeptiere und respektiere ihre Entscheidung. Laut Diehl sollten Frauen viel selbstbewusster mit der Frage umgehen, warum sie keine Kinder wollen. „Vielleicht drehen sie den Spieß einfach mal um und fragen zurück ‚Warum willst du Kinder?‘“

US-Schauspielerin Jennifer Aniston steht auch in der Öffentlichkeit zu ihrer Absage an die Mutterschaft.
US-Schauspielerin Jennifer Aniston steht auch in der Öffentlichkeit zu ihrer Absage an die Mutterschaft. © Jordan Strauss/Invision/AP/dpa

Kinderlose Prominente: Auch glücklich ohne Nachwuchs

Die Schauspielerinnen Kim Catrall (Sex and the City) und Jennifer Aniston (Friends) oder die deutsche Moderatorin Sabine Christiansen stehen auch in der Öffentlichkeit zu ihrer Entscheidung gegen das Muttersein: "Ich habe auch durch mein Unicef-Engagement so viel mit Kindern zu tun, dass mir diesbezüglich gar nichts fehlt", sagte etwa die 63-jährige Christiansen in einem Interview.

Aniston begrüßt indes die Wahlmöglichkeiten der Frauen im 21. Jahrhundert: "Das Tolle heutzutage ist, dass wir es uns als Frauen aussuchen können, ob wir Mutter werden wollen oder nicht", sagt die US-Schauspielerin vergangenes Jahr gegenüber der Zeitschrift Bunte.