Berlin. In der Pandemie drohen bald so hohe Infektionszahlen wie nie zuvor. Die Politik kommt mit dem Virus kaum mit. Das hat mehrere Gründe.

Dieses Jahr endet mit bitteren Erkenntnissen und einem düsteren Ausblick auf 2022. Nach den einigermaßen sorglosen Sommermonaten hat die Pandemie das Land wieder voll im Griff. Zwar scheint die Infektionswelle mit der Delta-Variante des Coronavirus ihren Scheitelpunkt möglicherweise erreicht zu haben, darunter braut sich jedoch das nächste Unheil zusammen.

Die noch ansteckendere Omikron-Variante ist auf dem Vormarsch. Was uns bevorsteht, ist jedoch keine Welle, sondern nach Erwartung vieler Experten ein Tsunami.

Spätestens im Januar dürfte Omi­kron die hierzulande vorherrschende Variante des Coronavirus sein. Dann ist ein Hochschnellen der Fallzahlen zu erwarten, wie es bereits in anderen Ländern zu beobachten ist. „Na und?“, mag sich der ein oder andere doppelt Geimpfte denken, der sich auf frühere Prognosen zum Schutz durch die Impfungen verlässt.

Omikron verhindert eine zeitnahe Rückkehr zum alten Zusammenleben

Die schlechte Nachricht ist jedoch, dass die zweifache Spitze gegen die neue Variante nicht mehr ausreichend schützt. Das Risiko einer Erkrankung durch Omikron wird in diesen Fällen durch das Robert Koch-Institut als hoch eingeschätzt. Erst nach der Booster-Impfung sinkt die Gefahr wieder.

Jan Dörner, Chefkorrespondent Politik.
Jan Dörner, Chefkorrespondent Politik. © Privat | Privat

Damit geht die niederschmetternde Erkenntnis einher, dass sich die von den Impfstoffen getragene Hoffnung auf eine Rückkehr in unser altes Zusammenleben voller Nähe und Unbeschwertheit auf absehbare Zeit nicht erfüllt. Die von Bund und Ländern beschlossenen Kontaktbeschränkungen schließen Geimpfte und Genesene ausdrücklich ein.

Bevor jetzt Impfgegner triumphieren: Mit dem Piks schützt man dennoch sich und seine Mitmenschen. Die Vak­zine verhindern in der Regel weiterhin schwere Krankheitsverläufe und entlasten so die Intensivstationen, die bereits am Limit arbeiten. Durch die schiere Masse der erwarteten Ansteckungen mit Omikron dürfte die Zahl der Corona-Patienten in den Krankenhäusern aber noch einmal dramatisch ansteigen.

Die Politik kommt nicht mit – die FDP stellt sich quer

Durch das Auftauchen von Omikron verfestigt sich zudem eine zweite unangenehme Erkenntnis: Das Coronavirus wandelt sich schneller, als die Verantwortlichen in der Politik handeln können oder wollen. Die Verzögerung im politischen Handeln liegt einerseits darin begründet, dass die Mühlen in einem demokratischen, föderalen System nicht so schnell mahlen, wie das Virus sich verbreitet. Andererseits bremsen politische Empfindlichkeiten. So sträubt sich in der Ampel die FDP gegen harte Maßnahmen.

Das Robert-Koch-Institut forderte am Dienstag unverzüglich „maximale Kontaktbeschränkungen“ sowie die sofortige Schließung von Restaurants, ein umgehendes Sportverbot in Innenräumen und ein Gesangsverbot in Gottesdiensten. Bund und Länder beschlossen erst einmal härtere Auflagen für private Treffen, Großveranstaltungen und Diskotheken. Wie es im neuen Jahr weitergehen soll, ließen Kanzler Olaf Scholz und die Ministerpräsidenten erst einmal offen. Am 7. Januar wird erneut beraten.

Es wird ein schwerer Start ins neue Jahr – vor allem für Unternehmer

Bewahrheiten sich die Omikron-Prognosen, wird es mit Vorsicht rund um die Feiertage, dem ein oder anderen Schnelltest vor privaten Treffen sowie leeren Fußballstadien wohl leider nicht getan sein.

Noch sagt es keiner der politisch Verantwortlichen, aber die gesamten ersten Wochen und Monate des Jahres 2022 dürften von Kontaktbeschränkungen, Home­office und abgesagten Veranstaltungen geprägt sein. Unternehmern in Gastronomie oder der Freizeitbranche, die nach zwei Jahren Pandemie ohnehin finanziell vor dem Kollaps stehen, drohen weiterhin schwere Zeiten.

Das sind düstere Aussichten für den Start des neuen Jahres. Aber eins ist sicher: Aus der schweren Lage kommen wir nur zusammen heraus.