Berlin. Eine Kita in Thüringen wollte den Namen “Anne Frank“ ablegen, das Thema sei zu schwer für Kinder, fanden Eltern. Doch der Name bleibt.

Eine Kindertagesstädte in Thüringen wollte ihren Namen "Anne Frank" loswerden. Wie die "Thüringer Allgemeine" berichtet, wird es jedoch keinen Namenswechsel geben. Das teilte Bürgermeister Heiko Koch (CDU) am Dienstag mit. Er werde die Frage einer Umbenennung nicht auf die Tagesordnung des Gemeinderats setzen.

Zuvor wollten Erziehende und Eltern die Einrichtung in Elxleben nahe Erfurt in "Elchzwerge" umbennen. Neuer Namenspate sollte offenbar der ortsansässige Karnevalsverein und dessen Ruf "Elxleber Elche – Helau" sein.

Die Kita-Leiterin Ann-Kathrin Offhaus begründete den Wunsch nach Neubenennung damit, dass der Name "Anne Frank" und das dazugehörige Thema für Kinder im Kita-Alter sehr schwer begreifbar sei. Die Eltern hätten mehrheitlich zustimmend auf den Vorstoß reagiert. Es gehe hierbei lediglich um den Name der Kita, so die Leiterin, der für die Kinder und Mitarbeiterinnen eine Identifizierung mit ihrer Einrichtung ermögliche. Man wolle nicht, dass ihnen eine antisemitische Haltung unterstellt werde.

Kita in Thüringen behält Namen "Anne Frank"

Nach vielen Gesprächen, die der Bürgermeister unter anderem mit dem Fraktionsvorsitzenden der CDU im Landtag Mario Voigt führte, sei ihm bewusst geworden, dass auch er mit dem Thema nicht sensibel genug umgegangen sei. Er habe mit der Kita-Leitung gesprochen, von der die Überlegungen zu einer Namensänderung ausgegangen war. „Das ist vom Tisch, der Name Anne Frank bleibt“, so Koch.

Die Intensionen seien in keinem Falle antisemitisch und geschichtsvergessen gewesen, versichert er. Aber ihm sei die Brisanz einer solchen Entscheidung und die Botschaft, die sie aussendet, nicht klar genug gewesen. Koch sprach von einem Lernprozess im Umgang mit diesem wichtigen Thema.

Unter den Anrufen, die ihn am Dienstag erreichten, sei auch ein Wissenschaftler der Universität Gießen gewesen, der zu Holocaustliteratur und Didaktik forscht. Er habe fachliche Unterstützung für die Kita im Umgang mit dem Thema angeboten.

Anne Frank: Ein Symbol für Millionen ermordete Menschen

Anne Frank zählt zu den bekanntesten Holocaust-Opfern. Die deutsche Tochter jüdischer Eltern wurde 1929 in Frankfurt am Main geboren. 1934 floh sie vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten in die Niederlande, wo sie sich zusammen mit ihren Eltern und anderen Juden nach dem deutschen Einmarsch in einem schmalen Amsterdamer Hinterhaus versteckte.

Dort verfasste sie ihr weltberühmtes Tagebuch, das als eines der bedeutendsten Werke der Weltliteratur gilt. Es wurde mehrfach verfilmt und ist eindrucksvolles wie bedrückendes Zeugnis von der Verfolgung und Vernichtung der europäischen Juden.

Auschwitz-Überlebende: "Ich will meine Seele nicht mit Hass beschmutzen"

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    Das Versteck der Familie wurde schließlich verraten, es folgte die Deportation ins deutsche Konzentrationslager Auschwitz, im September 1944. Nur ihr Alter rettete sie vor der sofortigen Ermordung in den Gaskammern des Lagers, sie war wenige Wochen zuvor 15 Jahre alt geworden.

    Anne Frank starb im Frühjahr 1945 im deutschen Konzentrationslager Bergen-Belsen – wenige Wochen vor der Befreiung des Lagers durch britische Soldaten. Das Mädchen gilt als Symbol für Millionen in rassistisch-antisemitischem Wahn ermordete Menschen. Lesen Sie dazu auch: Anne Franks beste Freundin spürt bis heute Antisemitismus

    Der Wunsch nach Namensänderung der Kita stieß auf Irritation. Reinhard Schramm, Vorsitzender der Jüdischen Landesgemeinde, kommentierte das Vorhaben. Es sei für ihn erschreckend, den Namen "Anne Frank" in Zeiten erstarkenden Antisemitismus abzulegen. Dazu müsse sich die Gesellschaft positionieren. Dem Nachrichtenportal "Focus Online" sagte Schramm zudem: "Auch kleinen Kindern kann man beibringen, was Unmenschlichkeit, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit bedeuten."