Berlin. Sein neuer Film ist eher traurig. Til Schweiger verrät, wie er mit Tränen am Filmset umgeht – und was harte Kritik mit ihm gemacht hat.

Mit „Die Rettung der uns bekannten Welt“, der am 11. November ins Kino kommt, wendet sich Til Schweiger nach einigen Komödien wieder einem ernsten Thema zu – der bipolaren Störung. Und wer mit dem 57-Jährigen spricht, realisiert, dass er eigentlich nicht der Mann für schlichte Gute-Laune-Geschichten ist. Denn dafür ist seine Sicht auf sein Leben zu sehr von Skepsis geprägt, auch wenn er nicht mit einer positiven Grundhaltung an die Dinge herangeht.

Herr Schweiger, in Ihren letzten Regieprojekten waren Sie der Komödienheld. In „Die Rettung der uns bekannten Welt“ zeigen Sie wieder Ihre traurige Seite. Ist das schwieriger?

Til Schweiger: Ich würde jetzt pauschal antworten ‚Ja‘. Man kriegt mehr Respekt dafür, wenn man traurige und negative Emotionen spielt. Dabei ist es viel schwieriger, die Menschen zum Lachen zu bringen. Um jemand zu berühren, brauche ich nur einen Plot, in dem zwei Menschen sterben oder dass jemand bipolar ist wie in unserem Film. Meine Theorie ist, dass die meisten Menschen mehr traurige als positive Situationen erlebt haben. Deshalb gibt es einen größeren Pool an Emotionen, so dass sie sich leichter damit identifizieren können.

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Und wie ist es, wenn Sie vor der Kamera weinen, was Sie ja hier ausgiebig tun?

Schweiger: Ich mache kein Psychodrama draus. Da gibt mir die Maskenbildnerin zwei, drei Kleenex, dann wische ich mir die Tränen ab, atme durch und überprüfe am Monitor, ob das gut war. Wenn nicht, dann mache ich es noch mal. Aber wenn man im Privaten traurig ist und viel geweint hat, dann fühlt man sich ein bisschen besser, weil man alles rausgelassen hat.

Wobei Sie ja nicht die Hauptrolle spielen, sondern der 25-jährige Emilio Sakraya, der regelrecht vor Energie sprüht. Finden Sie sich in ihm wieder?

Schweiger: Sehr. Aber ich war in seinem Alter an einem ganz anderen Punkt. Ich war Späteinsteiger, weil ich eigentlich Lehrer werden wollte. Erst mit 22 bin ich auf die Schauspielschule und war extrem unsicher, weil die mir die ganze Zeit gesagt haben, wie schlecht ich bin. Emilio hat im gleichen Alter so viel erreicht und wurde mit so vielen Talenten beschenkt, dass ich zu ihm gesagt habe: „Der Einzige, der verhindern kann, dass du eine Weltkarriere machst, bist du selbst. Sei dankbar und demütig und nimm es an, dass es jemand mit dir gut gemeint hat.“

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Mit Ihnen hat es ja auch offensichtlich jemand gut gemeint. Haben Sie das auch einfach so angenommen?

Schweiger: Ich habe oft damit gehadert. Ich dachte, ich habe so viel Glück, dafür werde ich vom Schicksal gestraft.

Gilt das auch heute noch?

Schweiger: Das habe ich zum Glück abgebaut. Aber es hat ziemlich lange gedauert. Ich habe das mal Heiner Lauterbach erzählt, der meinte: „Du musst andersrum denken. Sag dir: Ich bin zwar sehr erfolgreich, aber ich wurde nicht als Tom Cruise geboren, und der ist viel erfolgreicher als ich.“ Er hat es nicht ganz ernst gemeint, aber ich habe verstanden, was er meinte.

Hätten Sie sich denn so eine Weltkarriere gewünscht?

Schweiger: Diese Ambitionen hatte ich nie. Ich habe mir die Trauben nie zu hoch gehängt und sagte mir: ‚Das klappt eher nicht.’ Ich habe mal mit Mads Mikkelsen in Rumänien einen Film gedreht. Es gab das Gerücht, dass er die Goldene Palme von Cannes gewinnen könnte, und bevor er dahin flog, frage ich ihn, wie er denn jetzt drauf sei. Er antwortete: „Super, denn ich sage mir: Ich hole mir das Ding.“ Ich erklärte ihm, dass ich immer denke, dass es nicht klappt. Damit kann ich nicht so tief fallen. Aber er entgegnete: „Til, das habe ich früher auch gemacht, aber dann habe ich festgestellt: Wenn ich mir immer sage, es klappt nicht, und es klappt wirklich nicht, dann war ich die ganze Zeit schlecht drauf. So sage ich mir: Ich hole mir das Ding, und dann habe ich wenigstens eine Woche Party. Wenn ich es dann nicht kriege, bin ich traurig. Aber ich wäre auch traurig, wenn ich die Woche vorher gelitten hätte.“ Das ist perfekt. So muss man das machen.

Tun Sie das auch?

Schweiger: In dieser Art und Weise gelingt mir das immer noch nicht.

Gibt es etwas, von dem Sie sagen: Das hole ich mir.

Schweiger: Nein, nie. Ich hoffe einfach, dass mir genug Stoffe und Geschichten einfallen, so dass ich eine ganze Zeitlang das tun kann, was mir am meisten Spaß macht – nämlich Filme zu drehen.

In Ihrem Film haben Sie es mit vielen Nachwuchsschauspielern zu tun. Welchen Rat können Sie der jungen Generation geben?

Schweiger: Zum Beispiel, dass sie hart arbeiten und ihre eigenen Stoffe entwickeln sollen, anstatt zu warten, dass der Agent sie anruft. Aber der wichtigste Rat, den ich habe, ist: Neid bringt überhaupt nichts. Das strahlt nur negative Energie aus. Ich selbst will mit neidischen Leuten nicht arbeiten. Wenn du nicht neidisch bist, hast du viel mehr positive Energie. Denn Neid ist nur destruktiv und bringt dir nichts außer schlechten Gefühlen.