Berlin. Lauterbach spricht in einem Interview über seine Fehler in der Pandemie. Das Amt des Gesundheitsministers fände er „sehr reizvoll“.

Der SPD-Politiker und Epidemiologe Karl Lauterbach ist seit letztem Jahr vor allem für eines bekannt: seine Rolle als Pandemie-Erklärer. Im Frühjahr 2020 war er nahezu täglich in Talkshows zu sehen, seitdem das Coronavirus Deutschland massiv betrifft berät Lauterbach auch immer wieder die Bundesregierung und Ministerpräsidentinnen und -präsidenten.

Diese neue Aufmerksamkeit für den Bundestagsabgeordneten hat zwar seiner politischen Karriere genützt – aber auch Schattenseiten im Privaten gehabt. Wegen seiner öffentlichen Rolle wird Lauterbach seit letztem Herbst massiv angefeindet und bedroht.

Anfeindungen: Karl Lauterbach braucht Personenschutz

„Es ging nach der Verabschiedung des ersten Infektionsschutzgesetzes im Herbst los. Da bekam ich Hassbriefe und Drohmails, ab da sind es immer mehr geworden“, sagte der SPD-Gesundheitsexperte in einem Interview mit dem „Spiegel“. Es gehe dabei um „eine kleine Gruppe in der Bevölkerung, die sich im Netz radikalisiert hat und sehr aggressiv auf mich reagiert“, schilderte Lauterbach. Er würde nicht nur beschimpft und beleidigt werden, hätte er keinen Personenschutz müsste er wohl auch mit physischer Gewalt rechnen.

Dass der Kölner Politiker für viele zu einer Symbolfigur für die Pandemie-Politik geworden ist, die es zu verfolgen gibt, zeige sich auch immer wieder in Angriffen auf ihn im Privaten. Obwohl seine Kölner Privatadresse im Melderegister gesperrt sei, sei sie im Netz veröffentlicht worden, sagte der SPD-Politiker im Interview. Protestierende hätten Gegenstände und Farbbeutel gegen sein Wohnhaus geworfen, die Fassade habe renoviert werden müssen. Mittlerweile dürfe er sich fast nur noch mit Personenschützern bewegen, so Lauterbach.

Nur noch eine Talkshow pro Woche, dafür viel Twitter

Aus der Öffentlichkeit zieht er sich dennoch nicht zurück: Lauterbach twittert häufig zu aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen über das Coronavirus, lässt sich für Nachrichtensendungen interviewen und sitzt weiterhin in Talkshows. Die Häufigkeit hat aber abgenommen: „Ich sage häufig Talkshows ab. Und versuche, die Regel einzuhalten: maximal eine Talkshow pro Woche.“ Zudem versuche er, nur aufzutreten, wenn er neue Erkenntnisse mitbringe, erklärte der SPD-Politiker gegenüber dem Nachrichtenmagazin.

Vielleicht liegt das auch daran, dass Lauterbachs Vorhersagen nicht immer eintraten, ihm in letzter Zeit häufiger Fehler unterliefen. Die „Spiegel“-Journalisten thematisierten beispielsweise seine Warnung, dass die Zahl von Kindern, die wegen der Delta-Variante in Großbritannien ins Krankenhaus mussten, angeblich gestiegen sei. Diese Aussage war allerdings nicht belegbar. Das war aber gar nicht belegt.

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Lauterbach räumt Fehler ein: „Da hab ich die Lage völlig falsch eingeschätzt“

Lauterbach selbst sieht dies aber nicht als seinen eigenen Fehler: „Der stellvertretende Gesundheitsminister Schottlands hatte Daten vorgetragen, wonach mit der Delta-Variante ein Prozent der infizierten Kinder ins Krankenhaus müsste.“ Diesen Sachverhalt habe er aufgegriffen. Allerdings habe sich der schottische Politiker später selbst korrigieren müssen: „Seine eigenen Daten gaben nicht her, was er selbst gesagt hatte. Das habe ich dann eingeräumt.“

In dem Gespräch zeigt der studierte Epidemiologe allerdings auch, dass er Selbstkritik üben kann. Bei einer Sache habe er zum Beispiel vollständig daneben gelegen, gibt Lauterbach zu: Er habe die Lage, was die Geisterspiele im Fußball angehe, „völlig falsch eingeschätzt“. Diese seien weitestgehend infektionslos abgelaufen. „Ich hatte eine völlig falsche Vorstellung, wie Fans und Ultras auf Geisterspiele reagieren würden. Ich dachte, dass es große Versammlungen rund ums Stadion gäbe. Da fehlte mir schlicht die Fantasie.“

SPD-Politiker Lauterbach könnte sich vorstellen, Minister zu werden

Auch wenn ihm manchmal die Fantasie fehlt – einen Traum hegt der Politiker für 2021: „Das Amt des Gesundheitsministers finde ich nach wie vor sehr reizvoll. Ich bin zudem recht zuversichtlich, dass mich diese Aufgabe nicht überfordern würde.“ Er hoffe auf ein gutes Abschneiden der SPD bei den Bundestagswahlen im Herbst, so „dass wir endlich wieder das Gesundheitsministerium besetzen können“.

SPD-Politiker Karl Lauterbach kann sich vorstellen, das Amt des Gesundheitsministers zu übernehmen.
SPD-Politiker Karl Lauterbach kann sich vorstellen, das Amt des Gesundheitsministers zu übernehmen. © Sebastian Gabsch

Wenig Schlaf, kein Yoga: Lauterbach lebt in der Pandemie nicht gesund

Der Mediziner lebt lebt laut eigenen Aussagen allerdings nicht sonderlich gesund, allem voran schlafe er seit Beginn der Pandemie zu wenig. Das liege daran, dass er jede Nacht Studien zur Pandemie-Lage lese. „Gut sind sieben Stunden und mehr. Die erreiche ich bei weitem nicht.“

Wenig Schlaf ist jedoch nicht die einzige seiner derzeitigen Gewohnheiten, die Lauterbach nicht weiterempfehlen würde: „Ich esse sehr einseitig, ernähre mich nicht vegan. Trinke jeden Tag Wein. Trinke keinen grünen Tee, sondern schwarzen Kaffee. Ich hab' viel mehr Stress, als ich empfehlen würde. Ich mache kein Yoga.“

Lauterbach hat Liebesbriefe noch nicht beantwortet

Zudem hätten ihn seit einem Interview mit der Zeitschrift „Bunte“, worin er sagte, dass er nicht ewig Single bleiben wolle, viele Zuschriften erreicht, sagte der SPD-Politiker. Zum Sichten habe ihm bisher aber die Zeit gefehlt. „Ich muss mich bei all denjenigen Frauen, die mir geschrieben haben, dafür sehr entschuldigen, was ich hiermit tue“, so Lauterbach.

Sollte die SPD bei der Bundestagswahl besser abschneiden als gedacht, dürfte der Politiker auch weiterhin wenig Zeit für die Liebesbriefe haben. Die aktuellen Umfragen dürften die Verehrerinnen aber hoffen lassen.

(bml/mit dpa)