Schermbeck. Mit einem erotischen Kalender finanzieren Schülerinnen und Schüler ihre Abifeier. Laszive Aktfotos werden an Schulen immer beliebter.

Die Teenager ziehen blank, räkeln sich in lasziven Posen und zeigen ihre nackte Haut. Fotoshooting nach dem Deutsch-LK: Um ihre Abschlussfeier zu finanzieren, haben sich Schülerinnen und Schüler einer Gesamtschule vor den Toren des Ruhrgebiets nackt ablichten lassen – und sind selbst erstaunt von der vielen Aufmerksamkeit, die ihr Aktkalender erfährt.

Sie hoffen auf ihre erotische Ausstrahlung: Im Sommer wollen sie – sollte das coronabedingt möglich sein – auf ihr Abitur anstoßen, und so eine Party ist teuer.

Normalerweise würde die Jahrgangsstufe 13 der Gesamtschule Schermbeck bei Schulkonzerten und Straßenfesten der Schermbecker Werbegemeinschaften kellnern, um sich etwas Fetengeld zu verdienen. Doch wegen der Pandemie sind solche Einnahmequellen weggebrochen.

Also kamen die angehenden Abiturienten auf die pikante Idee mit den Nacktbildern. „Vielleicht funktioniert ja im Sommer eine Abschlussparty unter freiem Himmel“, hofft Mitorganisatorin Alina Masznyik und erklärt gegenüber dem Portal „Schermbeck online“: „Da können wir dann jeden Euro gebrauchen, allein um vorab Corona-Schnelltests zu kaufen.“ Auch interessant:Facebook-Nutzer sollen Nacktfotos hochladen – zum Schutz

Motto des Schermbecker Aktkalenders: „Schön und schlau“

„Schön und schlau“ lautet das Motto des künstlerisch gestalteten Aktkalenders. 85 Mädchen und Jungen machen demnächst an der Gesamtschule ihr Abitur. Fünf von ihnen, alle volljährig, ließen sich in einem Dinslakener Fotostudio in Szene setzen. Zwölf dieser Bilder haben es in den Kalender geschafft, eines der 250 gedruckten Exemplare kostet knapp 20 Euro.

Obwohl auf den Fotos keine Gesichter erkennbar sind, gibt es in dem katholisch geprägten 14.000-Einwohner-Städtchen Schermbeck dieser Tage wenige andere Gesprächsthemen. Schulleiter Norbert Hohmann sorgt sich in einer Mail, die Schülerinnen und Schüler müssten sich auf ihre Prüfungen vorbereiten und „dürfen nicht durch eine große Medienresonanz dabei belastet werden“.

In der Volksbank-Filiale im gemütlichen Ortskern, wo die Kalender verkauft werden, steht derweil das Telefon nicht still – ständig will jemand etwas über die provokante Aktion wissen.

Aktfotos sind unter Schülerinnen und Schülern keine Seltenheit

Dabei sind die angehenden Absolventen gar nicht wirklich innovativ: Das Ausziehen vor Kameras ist mittlerweile eine Art Trendsport in Schüler- und Studentenkreisen. Meistens geht es um einen mehr oder weniger guten Zweck. Lesen Sie hier:Telegram-Bot generiert illegale Fake-Nacktbilder von Frauen

So tauften Magdeburger Schüler ihren Kalender schon 2006 „Abilicious – Hochschulreife macht sexy!“, und auch Abiturienten aus dem rheinischen Eitorf vertrieben ihren „Abikini – knapp, aber es passt“ schon in örtlichen Geschäften und Tankstellen.

Nicht immer nehmen die Lehrer diese reizenden Fotos mit Gelassenheit. Als im Jahr 2010 der Abschlussjahrgang eines Gymnasiums in Wesel am Niederrhein einen solchen Kalender herausgab, fürchtete der Direktor um den guten Ruf seiner Schule – und verbot den Verkauf auf dem Schulgelände.

Studentinnen und Studenten ziehen sich aus

Soweit sich das nachvollziehen lässt, stammt die Idee wohl von drei Studenten aus Deggendorf in Niederbayern. 2003 überredeten sie mehrere Kommilitonen ihrer Fachhochschule dazu, alle Textilhüllen fallen zu lassen.

Ihr Verkaufserfolg hat seitdem zahlreiche Universitäten zu ähnlichen Projekten inspiriert – die aus Bremen stammende Fotografin Sonja Inselmann etwa lichtet regelmäßig Sportstudentinnen und -studenten für Kalender mit dem Titel „Semesterakte“ ab.

Die 2003 angelaufene Kinokomödie „Kalender Girls“ schildert mit Oscar-Gewinnerin Helen Mirren (75) in der Hauptrolle, wie es überhaupt dazu kam, dass Normalos für Nackedei-Kalender posieren. Die Erfinderinnen dürften elf englische Hausfrauen sein, die im stolzen Alter zwischen 45 und 60 Jahren Marmelade einkochend nackt für einen Kalender posierten, um Geld für ein Krankenhaus zu sammeln. Auch interessant: „Friends“-Star Jennifer Aniston will Aktfoto versteigern

Der Schulleiter ist besorgt

Auch an Schermbecks Gesamtschule haben sich schon zweimal Abijahrgänge nackig gemacht. Letztmals allerdings 2009 – der aktuelle Aktkalender entwickelt eine ganz neue Dynamik, über die sozialen Netzwerke erfährt die Gesamtschule bundesweit Aufmerksamkeit. Zum Leidwesen von Rektor Hohmann: „Das ist ein dörfliches Projekt, das eine begrenze Reichweite haben muss“, schreibt er per Mail.

Ansonsten hat er nichts zu meckern. Seine Abiturienten will er nicht einschränken in ihrem Bemühen, Geld für die Abifeier zu generieren. „Ich kann ihnen zwar nichts vorschreiben, habe ihnen jedoch sehr dringend geraten, darauf zu achten, dass auf den Fotos niemand zu erkennen ist“, sagt Hohmann zum Stadtmagazin „lebensart-regional.de“.

Ihm war es vor allem wichtig, dass am Ende „kein Schund“ herauskomme. „Und das Ergebnis sind eben die professionellen und ästhetischen Fotos.“ (Joe)