Berlin. Ritter Sport beschwert sich öffentlich, dass eine neue Sorte nicht als Schokolade bezeichnet werden darf. Doch das stimmt gar nicht.

Die neue Sorte von Ritter Sport besteht aus Kakao, weist die charakteristische Tafelform auf, sieht den anderen Geschmacksrichtungen zum Verwechseln ähnlich – doch um Schokolade handelt es sich dabei nicht. Das zumindest behauptet der deutsche Schokoladenhersteller und beruft sich auf das deutsche Lebensmittelrecht.

Auf der Homepage von Ritter Sport steht: "Um es lebensmittelrechtlich 'Schokolade' nennen zu können, müssten wir konventionellen Zucker hinzufügen. Verrückt, oder?" Allerdings handelt es sich dabei um eine eigene und vermutlich auch aufs Marketing ausgelegte Interpretation der Richtlinien.

Ernährungsministerin Julia Klöckner korrigiert Behauptungen von Ritter Sport

Denn die Bundesministerin für Ernährung und Verbraucher, Julia Klöckner (CDU), stellt klar: „Die Kakaoverordnung begrenzt die Verwendung zuckerhaltiger Zutaten nicht auf bestimmte Zuckerarten. Deshalb müsste ein Produkt, das natürlichen Kakaosaft verwendet, nach Einschätzung unseres Ministeriums auch unter der Bezeichnung Schokolade verkauft werden dürfen." Das sagte die Ministerin der Zeitschrift "Wirtschaftswoche".

Die Sorte „Cacao y Nada“ („Kakao und nichts“) besteht gemäß ihres Namens zu 100% aus Kakao, wie Ritter Sport auf seiner Webseite erklärt – genau genommen aus Kakaomasse, Kakaobutter und dem Fruchtfleisch der Kakaofrucht, aus dem die nötige Süße in Form des Kakaosaftes gewonnen wird. Dadurch kann bei der Herstellung auf Zucker oder andere Süßungsmittel verzichtet werden. Die Verordnung über Kakao- und Schokoladenerzeugnisse (KakaoV) sieht lediglich vor, dass Schokolade Zucker enthalten muss. Darunter fällt nach Ansicht des zuständigen Bundesministerium auch der natürliche Kakao-Zucker.

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Kakaoverordnung: Schokolade muss Zucker enthalten

Es handele sich bei Schokolade um ein „Erzeugnis aus Kakaoerzeugnissen und Zuckerarten, das [...] mindestens 35 Prozent Gesamtkakaotrockenmasse, davon mindestens 18 Prozent Kakaobutter und mindestens 14 Prozent fettfreie Kakaotrockenmasse, enthält“, heißt es in konkret der Verordnung.

Die KakaoV regelt die Kennzeichnung und Inhaltsstoffe von Kakao- und Schokoladeprodukten, die als Lebensmittel gewerbsmäßig verkauft werden. Bei einem Verstoß drohen Geldstrafen und im Extremfall gar einen behördlich verordneten Verkaufsstopp. Ein Szenario, das Ritter Sport nicht zu befürchten hat.

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Ritter Sport: Lebensmittelrecht nicht mehr zeitgemäß

Dennoch polterte Ritter Sport öffentlichkeitswirksam: Das deutsche Lebensmittelrecht sei in diesem Punkt nicht mehr zeitgemäß. Dass eine Schokolade, die zu 100 Prozent aus Kakao bestehe, ohne den Zusatz von Zucker hierzulande nicht als solche bezeichnet werden dürfe, sei „absurd“, beschwerte sich Firmenchef Andreas Ronken laut einer Mitteilung. „Wenn Wurst aus Erbsen sein darf, braucht Schokolade auch keinen Zucker. Aufwachen!“ Eine Ritter-Sport-Sprecherin sagte auf Anfrage gar, man setze sich für eine Änderung der Verordnung ein.

Ritter Sport gelang hierdurch ein geschickter PR-Coup. Zwar erfreut sich die deutsche Schokolade international großer Beliebtheit - sie wird in mehr als 100 Ländern verkauft -, doch in den vergangenen zwei Jahren musste die Firma Umsatzrückgänge verkrafte. Im vergangenen Jahr erlöste man noch 470 Millionen Euro und beschäftigte weltweit rund 1650 Mitarbeiter.

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(yah/raer/mit dpa)