Berlin. Jamie Cullum, der „Robbie Williams des Jazz“, hat sein erstes Weihnachtsalbum veröffentlicht. Der Brite ist ein Weihnachts-Romantiker.

Seit fast 20 Jahren zählt dieser Mann zu den erfolgreichsten Musikern Englands. Jamie Cullum (41) gilt als „ Robbie Williams des Jazz “ – und hat mit „The Pianoman At Christmas“ jetzt sein erstes Weihnachtsalbum veröffentlicht.

Zunächst einmal: Danke, Mr. Cullum!

Jamie Cullum: Wofür bitte?

Dafür, dass Sie der Welt gleich zehn brandneue Weihnachtssongs geschenkt haben.

Cullum: Soll ich ganz ehrlich sein? Mein Label hatte sich eigentlich ein ganz anderes Album gewünscht. Ich wollte aber den Songwriter in mir glücklich machen und nicht noch mehr Coverversionen von „Winter Wonderland“ oder „Let it Snow“ abliefern. Besser als Michael Bublé hätte ich das ja sowieso niemals hinbekommen.

Hingabe für Weihnachten

Wie fühlt sich das Weihnachtsfest als Vater von zwei Töchtern im Alter von sieben und neun Jahren an?

Cullum: Es ist großartig, dass meine Töchter das Fest noch mit der gleichen bedingungslosen Hingabe genießen können, wie ich es als Kind getan habe. Es ist jedes Jahr eine ganz besondere Energie – aber natürlich auch ganz schön anstrengend. (lacht) Weihnachten als Papa zu verbringen ist wunderbar, löst bei mir aber auch melancholische Gefühle aus.

Als es noch keine Pandemie gab: Jamie Cullum im Mai 2019 beim Elbjazz-Festival in Hamburg.
Als es noch keine Pandemie gab: Jamie Cullum im Mai 2019 beim Elbjazz-Festival in Hamburg. © dpa | Markus Scholz

Und warum?

Cullum: Noch vor zehn Jahren bin ich über die Weihnachtszeit zu meinen Eltern gefahren, habe mich von ihnen verwöhnen lassen und in meinem alten Kinderzimmer geschlafen. Seit ich Papa bin, stehe ich nun selbst im Zentrum und muss für vieles die Verantwortung übernehmen. Die Leichtigkeit früherer Zeiten ist nicht mehr da – meine Eltern werden immer älter, ich bekomme erste graue Haare. Der Kreis des Lebens schließt sich.

Manchmal kann das Leben verdammt hart sein

Wie melancholisch sind Sie zu Weihnachten?

Cullum: Zuweilen sehr! Manchmal sehne ich mich an meine Kindertage voller Unschuld zurück und auch an den Zauber, den Weihnachten damals verströmte. Aber wir alle realisieren eben irgendwann, dass unsere Eltern leider doch nicht perfekt sind, es viele böse Menschen auf der Welt gibt und das Leben zuweilen verdammt hart sein kann. Wenn du erwachsen wirst, verschwindet leider viel von dem unschuldigen Zauber. Und du musst bewusst dafür kämpfen, dir zumindest einen Teil dauerhaft zu bewahren.

Welches war das tollste Geschenk Ihrer Kindheit?

Cullum: Ein „Sinclair ZX Spectrum“-Computer, auf dem man vor allem die Game-Klassiker wie „Pac Man“ spielen konnte. Ich muss ungefähr sechs Jahre alt gewesen sein, als ich mir den gewünscht habe. Und weiß noch genau, dass ich vor Aufregung in der Nacht zuvor kein Auge zumachen konnte; mit dem Wissen, dass mein Wunsch tatsächlich in Erfüllung gehen könnte…

Und wie war es, als der Computer dann tatsächlich unter dem Tannenbaum stand?

Cullum: Ein überwältigendes Glücksgefühl! Es war so, als wäre die Welt für mich voller endloser Möglichkeiten und Wunder.

Das Weihnachtsfest, als die Ofenhandschuhe Feuer fingen

Wann haben Sie zum ersten Mal realisiert, dass der Weihnachtsmann gar nicht existiert?

Cullum: Auf diesen Tag warte ich bislang immer noch – und ich glaube auch nicht, dass der jemals kommen wird. Und Sie werden dieses Jahr sicher keine Geschenke bekommen, weil Sie mir diese Frage gestellt haben. (lacht)

An welche XL-Weihnachtspanne können Sie sich erinnern?

Cullum: Vor zwei Jahren hatte ich in der Küche ein flammendes Inferno entfacht, weil ich mit Bratöl durchtränkte Ofenhandschuhe auf den Herd gelegt hatte – ohne zu bemerken, dass eine Herdplatte noch an war! Die Handschuhe fingen blitzartig Feuer. Zwischenzeitlich dachte ich kurz, dass ich den gesamten Herd abgefackelt hätte… Zum Glück ging die Sache doch noch gut aus. Und nach der Löschaktion hat der Truthahn umso besser geschmeckt.

Die Zeit zuhause war positiv für die Kreativität

Wie haben sich die vergangenen sehr bewegten Monate auf Sie als Musiker ausgewirkt?

Cullum: Ich muss zugeben, dass ich es genossen habe, durch Corona mehr Zeit zu Hause bei meiner Familie verbringen zu können – und das hat sich auch positiv auf meine Kreativität ausgewirkt. Andererseits kann ich in meiner privilegierten Position auch gut daherreden, da ich mir finanziell keine Sorgen mehr machen muss.

Davon können viele in der Unterhaltungsbranche derzeit nur träumen…

Cullum: Absolut! Es gibt aber eine Menge Künstler, die vor den Trümmern ihrer Existenz stehen. Auch in meinem engeren Bekanntenkreis sind manche gerade dabei, sich auf einen anderen Beruf umschulen zu lassen, weil sie einfach keine Perspektive mehr sehen. Diese zerstörerischen Folgen der Pandemie sind nicht nur für die Musikbranche sehr deprimierend. Wenn uns 2020 etwas gelehrt hat, dann die Lektion, dass wir über nichts im Leben Kontrolle haben und sich vieles, was wir für selbstverständlich gehalten haben, von heute auf morgen grundlegend verändern kann.

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