Berlin. Ludwig Erhard hatte nicht mit Facebook gerechnet. Das Digitale bedroht die soziale Marktwirtschaft, sagt Kolumnist Hajo Schumacher.

Die Historiker, Ethnologen und Soziologen der Zukunft werden sich mit einer spannenden Frage beschäftigen: Wie konnte dieses merkwürdige Völkchen der Deutschen damals so lange, so stabil, so demokratisch existieren? Welche Bedingungen sorgten märchenhaft lange für Frieden und Wohlstand? Und warum machte die Digitalisierung einer der besten aller unvollkommenen Gesellschaften so schwer zu schaffen? Lesen Sie auch: GfK-Umfrage: jeder fünfte Chef bremst die Digitalisierung

Die Wissenschaftler werden zunächst drei Erfolgsfaktoren ausmachen, die verknüpft sind und einander bedingen. Erstens: Auf den Trümmern von zwei angezettelten Weltkriegen und einer beispiellosen Diktatur mit anschließender Teilung war ein demokratisches Miteinander gewachsen, das auf Skepsis basierte, auf ständigem Reflektieren, Hinterfragen und Überprüfen.

Aus der düsteren Geschichte war zweitens eine Verfassung hervorgegangen, die die auseinanderstrebenden Bedürfnisse Freiheit und Sicherheit klug integrierte. Drittens versöhnte die soziale Marktwirtschaft mit ihrem Schlachtruf „Wohlstand für alle“ die Kräfte des Kapitalismus mit dem Wunsch der Bürger nach Fairness und Teilhabe. Heute dominiert der „Aufstand für alle“, die paradoxe Lust daran, ein bewährtes Erfolgsmodell zu erledigen.

Die deutsche Stabilität ist ein Prozess