Berlin. Corona ohne Ende – da hat doch keiner Lust drauf. Dann ist auch noch November. Da hilft nur ein Schrei: Schluss mit dem Lockdown-Frust!

Auf dem Balkon triefen die letzten Dahlienblüten vor sich hin. Meine Laufrunde durch den Park gleicht einem erfolglosen Hürdenlauf um tiefe Pfützen, das Wasser schwappt in die Joggingschuhe und schmatzt bei jedem Schritt. Dieses Jahr gleiten wir schlicht in den November, ohne Geistergeheule, um die Straßen ziehenden Kinderhorden, wilden Partys. Wenn wir vernünftig sind.

Allerheiligen passt besser zu Corona als Halloween. Auf den Friedhof gehen, ist schließlich eine Freizeitbeschäftigung, die durchaus erlaubt ist und auch bleibt.

Der Lockdown hat noch nicht mal angefangen

Ganz ehrlich: Der Lockdown hat noch nicht mal angefangen, da habe ich schon keine Lust mehr. Es ist November, da brauche ich Freunde um mich rum. Da möchte ich Gäste haben und eingeladen werden. Da brauche ich beschwingte Abende in hippen Restaurants. Der November ist mein Theater-Monat. Mein Kino-Monat. Der geht dann über in den Dezember mit noch mehr Theater, Kino, Restaurantbesuchen.

Wer soll eigentlich die ganzen Plätzchen essen, die wir backen werden in der Vorweihnachtszeit, um uns von unserem Corona-Frust abzulenken? Wir werden verfetten, vereinsamen, versumpfen im Familienchaos...

Mit Zaz und Champagner stoßen wir an – zur Not via Zoom

Kolumnistin Birgitta Stauber.
Kolumnistin Birgitta Stauber. © Krauthoefer | Krauthoefer

Nein, nein, nein, ich mach da nicht mit! Leute, ich lege jetzt den Champagner, der für besondere Gelegenheiten im Küchenregal verstaubt, auf Eis. Und dann werden wir anstoßen als Kernfamilie. Wir werden Zaz, die französische Chanson-Sängerin, dabei hören, die wir generationenübergreifend so sehr mögen. Wir werden den Studentensohn via Zoom aus München dazu holen.

Prost Leute, bleiben wir gesund. Und wo wir gerade so gut drauf sind: Legen wir doch ein paar Regeln fest, die sicherstellen, dass es so bleibt.

Die Corona-Familienparty steigt jeden Samstag

1. Wiederholen wir die Familienparty jeden Samstag und laden uns jemanden aus einem anderen Haushalt dazu ein. Das Teenagerkind die beste Freundin. Die liebe Arbeitskollegin, die seit Monaten im Homeoffice steckt. Den Single-Freund.

Hören wir auf, dafür selbst zu kochen, sondern bestellen – beim Italiener um die Ecke. Beim Vietnamesen. Bei all denen, auf die wir im hektischen Großstadtdschungel angewiesen sind und die wir nach der Krise, wann auch immer sie endet, bei uns haben wollen.

Novemberblues? Da hilft nur: Raus bei Wind und Wetter

2. Verzweifeln wir nicht weinerlich vor dem Wetter und gehen raus, am besten jeden Tag, ob die fahle Wintersonne die letzten Blätter an den Bäumen golden aufleuchten lässt oder uns der Regen eiskalt ins Gesicht peitscht. Wenn wir Konsumforschern glauben, haben wir alle jede Menge Outdoor-Klamotten in unseren Schränken.

Wenn dann das Teenagerkind jeden Trip ins Freie zu Fotoshootings umwandelt, um den Followern auf Instagram und TikTok etwas bieten zu können, drücken wir nicht nur ein Auge zu, sondern helfen, um es besser in Szene zu setzen.

3. Blicken wir um uns herum: Gibt es Nachbarn, die Hilfe brauchen? Freundinnen und Freunde, denen die Decke auf den Kopf fällt? Was ist mit den Verwandten? Holen wir sie alle per Telefon, Whatsapp und sonstigen Kanälen zu uns.

Die US-Wahl gibt es zum Glück ja auch noch

5. Lassen wir uns vor allem nicht von Corona vereinnahmen. Es gibt noch viele andere Dinge, die wichtig sind. Ich freue m ich zum Bespiel wahnsinnig auf die US-Wahl in dieser Woche. Die Chancen stehen gut, dass die Welt Trump loswird. Letztens ließ er mal verlauten, im Falle einer Niederlage werde er ins Ausland gehen. Das sind doch wunderbare Aussichten!

5. Wo wir schon bei Trump sind: Machen wir es besser als er und achten auf uns: Mit Maske, Abstand, Hygiene. Denn jeder, der sich selbst schützt, schützt schließlich auch andere. Und damit die Schulen, die Kliniken und das Weihnachtsfest. Darum geht es schließlich bei diesem verdammten zweiten Lockdown.