Wiesbaden. Einem 39-Jährigen wird vorgeworfen, seine Kinder sexuell missbraucht zu haben – darunter ein Baby. Nun startete der Prozess gegen ihn.

Schwerer sexueller Missbrauch und Verbreitung von Kinderpornografie: Als Patrick F. am Dienstagmorgen den Saal des Landgerichts Wiesbaden betrat, hielt er sich einen braunen Briefumschlag vor das Gesicht.

Der Mann, der mutmaßlich jahrelang in den dunkelsten Winkeln des Internets unterwegs war, will sein Gesicht nicht in den Medien wiederfinden. Was genau der 39-Jährige getan haben soll, erfährt die Öffentlichkeit indes nur teilweise.

Denn der Prozess gegen diesen Verdächtigen im Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach findet auf Antrag der Nebenklage-Vertreterinnen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt – zum Schutz der Opfer.

39-Jähriger soll Säugling missbraucht haben

Insgesamt werden dem Mann aus dem Rheingau-Taunus-Kreis, der seit Oktober 2019 in Untersuchungshaft sitzt, 291 Taten zwischen Januar 2014 und Oktober 2019 vorgeworfen. Die Anklage lautet unter anderem auf schweren sexuellen Missbrauch sowie Verbreitung von Kinderpornografie.

In 50 Fällen soll er sexuelle Handlungen an einem Kind vorgenommen haben oder vornehmen lassen, verliest Staatsanwältin Andrea Güde. Sie wirft ihm unter anderem vor, seine beiden leiblichen Kinder, darunter einen Säugling, und ein Stiefkind sowie eine Freundin der Kinder sexuell missbraucht und Bilder der Taten über Chatgruppen verschickt zu haben. Über 4100 Dateien sollen so entstanden sein.

Missbrauchskomplex: Tausende Männer werden verdächtigt

Ins Rollen kamen die Ermittlungen, als die Staatsanwaltschaft Kassel im Zuge eines anderen Verfahrens wegen Kinderpornografie auf einen 43-Jährigen aus dem nordrhein-westfälischen Bergisch Gladbach stieß. Der Prozess gegen ihn, der als zentrale Figur in dem Fall gilt, hatte bereits am 17. August in Köln begonnen.

Bei Durchsuchungen im Herbst 2019 fanden Polizisten bei dem Koch und Hotelfachmann nicht nur riesige Mengen kinderpornografischen Materials – sie stießen auch auf digitale Kontakte zu anderen Männern. Eine Spur führte zu Patrick F., berichtet Güde.

„Es ist auch nicht gesagt, dass sich die beiden jetzt Angeklagten kannten“, sagt Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer. In den Chatrooms hätten sich mitunter gut 1800 Teilnehmer unterhalten, vielleicht auch mehr. Bundesweit ist in dem Missbrauchskomplex Bremer zufolge von rund 30.000 unbekannten Tatverdächtigen die Rede. 85 Terabyte Daten stünden zur Auswertung.

Mehr zum Thema: Kindesmissbrauch Bergisch Gladbach: Ein Angeklagter gesteht

(yah/dpa)