Berlin. Rainer Langhans macht vor seinem 80. Geburtstag mit provokanten Thesen auf sich aufmerksam. Dem wilden Leben hat er aber abgeschworen.

Der Revolutionär mit der weiß-grauen Lockenpracht bereitet sich auf den Tod vor. Nicht dass es ihm schlecht ginge, aber Rainer Langhans wird am Freitag (19. Juni) stolze 80 Jahre alt. Also meditiert er viel. „Wir Menschen in der westlichen Welt wissen nichts vom Sterben, weil wir es nicht schaffen, unsere Körper hinter uns zu lassen“, sinniert Langhans.

Ja, auch er habe Angst. „Aber ich arbeite daran.“ Und zwar, indem er in sich hineinhorcht.

Rainer Langhans, Ikone und Reizfigur der 68er-Bewegung, stellt sich immer noch die Sinnfrage: Wer bin ich? Fünf Jahrzehnte ist es her, dass die Mitglieder der legendären Berliner Kommune 1 das Establishment mit Orgien unterm Mao-Poster schockten.

Und heute so? Lebt der ehemalige Zeitsoldat und RTL-Dschungelcamper mit drei Frauen in einer Münchner Wohngemeinschaft, die er Harem nennt – und provoziert mit einer ganz eigenen Wahrnehmung der Welt. „Ich bin“, frohlockt Langhans, „glücklicher denn je.“

Rainer Langhans findet Donald Trump richtig gut

Wer mit ihm über sein Leben und seine Ansichten spricht, bekommt einen Eindruck davon, wie der Sohn eines Altnazis aus Sachsen-Anhalt gleichermaßen zum Heroen und Quälgeist der Hippies werden konnte. Es wäre leicht, in einem Text über ihn das Bild eines Wirrkopfs zu zeichnen – Langhans liefert genug Munition.

Den US-Präsidenten etwa hält er für einen überlegenen Menschen. „Lassen Sie es mich erklären“, sagt Langhans. „Donald Trump hat durch seinen Reichtum alles, was diese Welt zu bieten hat. Er lebt sprichwörtlich in goldenen Palästen. Und obwohl er alles hat, will er die Welt verändern.“ Das nötigt Langhans Respekt ab.

Klar, der Mann habe üble Umgangsformen und fasse Frauen zwischen die Beine. Aber wenigstens gebe er es zu. „Es ist wie in einer Therapie: Wir alle müssen uns eingestehen, dass wir Faschisten und Sexisten sind. Erst dann können wir das überwinden.“ Trump enttarne unsere Lebenslügen, er finde ihn gut.

Langhans, der in Berlin Psychologie studierte, ist ein ewiger Grübler geblieben, der sich nach Erleuchtung sehnt. Er weiß, dass viele Linke ihn für einen Rechten halten, was er nicht bestreitet. Im Alltag lebt er sparsam. Ernährt sich vegetarisch, geht spazieren, scrollt sich durch Facebook, spielt im Park ab und an eine Partie Tischtennis. Und denkt an früher, als er und seine bereits verstorbenen Mitstreiter Dieter Kunzelmann und Fritz Teufel gegen den amerikanischen Vizepräsidenten, den Schah und die Berliner Polizei ins Feld zogen.

Uschi Obermaier ist schlecht auf Langhans zu sprechen

Mit seiner langjährigen Gefährtin Uschi Obermaier (73) hat er sich zu seinem Bedauern zerstritten. „Die Verbindung und die Liebe zu ihr, das gehört zu meinem Leben“, sagt Langhans. Woran die Beziehung zu dem ehemaligen Model damals zerbrochen ist? „Sie ist einen anderen Weg gegangen als ich“, erinnert er sich. „Sie wollte keine innere Einkehr halten. Sie wollte möglichst viel Sex haben mit all den schönen Menschen, die sie damals kennenlernte. Sie wollte am Strand liegen und ein Hippieleben führen.“

Das Traumpaar der Hippie-Ära: Langhans und Uschi Obermaier 1969 in einem Restaurant.
Das Traumpaar der Hippie-Ära: Langhans und Uschi Obermaier 1969 in einem Restaurant. © dpa Picture-Alliance

Obermaier lässt heute kein gutes Haar an Langhans. Für sie ist er ein „peinlicher, emotionsloser und humorloser Clown“. Langhans sagt, dass er Asperger-Autist sei. Das habe er erst vor ein paar Jahren herausgefunden. „Als Kind konnte ich mit anderen Menschen nie Kontakt aufnehmen. Ich war hoch introvertiert. Meine Jugend war furchtbar.“

Rosig war die Beziehung zu Obermaier wohl nie. Wenn sie ein Date mit Mick Jagger (76) hatte, fuhr er sie hin und litt doch unter ihren Affären. Er habe es schrecklich gefunden, jeden Tag Sex haben zu müssen, bekennt er.

Heute lebt er – Harem hin, Harem her – keusch. Für die Zukunft wünscht sich der Enthaltsame nur eines: „Noch mehr nach innen zu gehen.“