Berlin. Auch dieses Jahr wird wahrscheinlich an Heiligabend kein Schnee fallen in Deutschland – die Temperaturen erreichen Frühlingswerte.

Kinder, die sich ihre Nasen bei den ersten Flocken an Fensterscheiben platt drücken und auf zugefrorenen Seen Schlittschuh fahren: Schnee zu Festtagen, das scheint inzwischen mehr Nostalgie und Sehnsucht als Wirklichkeit. Denn mittlerweile ist die weiße Pracht in Deutschland selten geworden – gerade um Weihnachten.

Viele Menschen erinnern sich kaum mehr an den letzten Schneefall an den Weihnachtstagen. Und auch jetzt, kurz vor dem Fest, können Meteorologen den Menschen in Deutschland wenig Hoffnung machen.

Flächendeckenden Schnee an Heiligabend gab es das letzte Mal im Jahr 2010. Laut der Definition des Deutschen Wetterdienstes (DWD) muss an Heiligabend sowie an den beiden Feiertagen morgens um sieben Uhr mindestens ein Zentimeter Schnee liegen. In den 60er-Jahren gab es demnach mehrere Jahre mit weißen Weihnachten am Stück – das ist heute kaum noch der Fall.

Nur in den Alpen fällt Schnee

An­dreas Friedrich vom Deutschen Wetterdienst spricht für dieses Jahr sogar von einer „grünen Weihnacht“ in fast ganz Deutschland. „Nur im Alpenraum wird es weiß sein.“ Bis zum vierten Advent soll es mild bleiben. An Heiligabend liegt die Wahrscheinlichkeit für Schnee auf dem flachen Land wie in Küstennähe bei Helgoland gerade mal bei zwei Prozent, in Nordrhein-Westfalen bei höchstens zehn Prozent, in Berlin bei rund 20, in München bei 40 Prozent.

Der Deutsche Wetterdienst erwartet bundesweit an Heiligabend „voraussichtlich milde Luft, ein bisschen Regen und eventuell Sturm“ mit Höchsttemperaturen bis zu 15 Grad. Einziger Hoffnungsschimmer: Würde sich die momentane Westwindlage umkehren, dann könnte kalte Luft aus Russland zu uns strömen. Doch das sei laut Friedrich extrem unwahrscheinlich.

Generell, so erklären Wetterexperten, sei die weiße Pracht um die Feiertage bereits seit über 100 Jahren mehr Wunschtraum als Realität. Statistisch gesehen sei Schnee Ende Dezember in Deutschland immer die Ausnahme gewesen, erklärt Wettermoderatorin Claudia Kleinert („Tagesthemen“) unserer Redaktion. „Im Dezember hatten wir in Deutschland immer wieder warme Luftströme, meistens kam der richtige Wintereinbruch erst im Januar.“

Tatsächlich gab es laut Statistik etwa in Essen weiße Weihnachten seit dem Jahr 1948 achtmal. „Natürlich“, betont Klei­nert aber auch „ist es für den Dezember viel zu mild.“ Die Schneefallgrenze verschiebe sich stetig nach oben. Insgesamt ist das ablaufende Jahr um 2,1 Grad zu warm gewesen. Den Rekord von 2018 wird es wohl nicht mehr brechen: Damals gab es ein Plus von 2,3 Grad über dem Durchschnitt.

Kommt der richtige Winter?

Ob der Winter noch einmal in Fahrt kommt, darauf möchte sich Kleinert nicht festlegen. „Es fließen ständig so viele Zahlen zusammen, die neu analysiert werden müssen. Das wäre wie den Kurs einer Aktie nächstes Jahr im August vorherzusagen.“ Auch werde der Mythos um Schnee an Heiligabend nicht deshalb verschwinden, nur weil er jedes Jahr widerlegt würde.

Bing Crosbys berühmter Song „White Christmas“ ist jedenfalls aus dem Jahr 1942 – seitdem lässt er Menschen wohl weltweit hoffen und irren.