Berlin. Der Geruch von Bittermandel verrät das tödliche Gift im Münsteraner „Tatort“: Zyankali. Was ist Kaliumcyanid und wie wirkt es?

Hannes Wagner ist tot. Der selbstverliebte Marktmeister liegt am Morgen nach seinem 40. Dienstjubiläum leblos in seiner Stadtvilla. Der 65-Jährige wurde vergiftet, wie Rechtsmediziner Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) kurz darauf feststellt. Mit Kaliumcyanid.

„Der Laie sagt Zyankali“, wie er seinem Kollegen Kommissar Frank Thiel (Axel Prahl) erklärt, während er an den diversen Präsentkörben des Jubilars riecht. Noch am Abend zuvor hatte Wagner darauf bestanden, aus eben diesen Körben ein Mahl einzunehmen, wie seine Haushälterin berichtet. „Wenn etwas mit Kaliumcyanid versetzt wurde, dann riecht es nach Bittermandel“, klärt Boerne seinen Kollegen auf.

Also schnuppern sich die beiden zusammen mit Kollegin Nadeshda Krusenstern durchs Haus. Im Mülleimer der Küche werden sie fündig. In einer Lakritzdose riecht es gewaltig nach Kaliumcyanid. „Erbärmlich“, findet Nadeshda Krusenstern den Geruch. Thiel hingegen riecht absolut gar nichts. Das sei genetisch bedingt, merkt Boerne an. Thiel sei nicht in der Lage, Bittermandel wahrzunehmen. Aber keine Sorge: „Das teilen Sie mit der Hälfte der Menschheit.“

„Tatort“ aus Münster: Zyankali auch bei James Bond

Karl-Friedrich Boerne findet später heraus: Nicht nur der Marktmeister wurde mit Zyankali vergiftet, auch der Tod der Lakritzherstellerin vor 40 Jahren, in deren Tochter er damals verliebt war, war kein Selbstmord. Schuld war Zyankali. Worum aber handelt es sich genau bei diesem Stoff, der in dem Münsteraner Tatort „Lakritz“ eine so große Rolle einnimmt?

Definitiv ist der Tatort nicht der erste Krimi, der Zyankali in die Handlung einbaut. In Filmen ist es ein gern verwendetes Gift. Im James Bond-Film „Skyfall“ etwa versucht sich Bösewicht Silva mit einer Zyankali-Kapsel das Leben zu nehmen.

Zyankali hat viele Namen: Kaliumcyanid, Cyankalium oder Blausaures Kalium. Es handelt sich dabei um das Kaliumsalz der Blausäure, was – wie Boerne richtig sagt – nach Bittermandel riecht. Dass nicht jeder Bittermandel riechen kann, stimmt: Nur etwa 20 bis 50 Prozent können Bittermandel riechen, wie auf dem Portal Chemie.de nachzulesen ist.

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Wer Kaliumcyanid schluckt, stirbt mit großer Wahrscheinlichkeit an Erstickung. Die Aufnahme führt zu Atemnot, Übelkeit, Krämpfen und Bewusstlosigkeit. Durch die Säure im Magen wird das Cyanid-Ion in Blausäure umgewandelt. Der Tod kann schon nach wenigen Sekunden oder auch erst nach einer Stunde eintreten – je nach Dosierung. Bei einem erwachsenen Menschen können bereits 140 mg Cyanid tödlich sein.

Die Atemluft der vergifteten Person riecht anschließend ebenfalls nach Bittermandel. Kaliumcyanid kann aber auch auf andere Weise als über Nahrungsmitteln aufgenommen werden: im gasförmigen Zustand über die Lunge, in flüssiger Form (etwa durch das Zerbeißen einer Kapsel wie im Bond-Film) oder über die Haut.

Zyankali-Vergiftungen in der Geschichte

Wie die Deutsche Apotheker Zeitung berichtet, soll der Apotheker Carl Wilhelm Scheele Blausäure im 18. Jahrhundert entdeckt haben. Aufmerksamkeit erregte eine Zyankali-Vergiftung angeblich zum ersten Mal 1867, als die Geliebte eines Grafen seine Ehefrau mit Zyankali ermordete

Anschließend wurden die ersten Nachforschungen zur Wirkungsweise von Blausäure angestellt. Dem Biochemiker Otto Warburg gelang der Durchbruch. 1931 erhielt er den Nobelpreis für Medizin. Zyankali wurde in der Vergangenheit immer wieder auch zum Selbstmord verwendet. Heinrich Himmler, Reichsführer der SS, soll sich nach seiner Festnahme 1945 mit einem Zyankali-Röhrchen das Leben genommen haben. Gerätselt wird auch immer wieder, ob Adolf Hitler durch einen Kopfschuss oder nicht doch mithilfe von Zyankali starb.

Vergangene Woche zeigte die ARD den letzten Schweizer Tatort vor dem Wechsel zu neuen Kommissaren. In der Woche davor ging es im Wiesbadener Tatort um Kannibalismus. (jb)