München. Comedian Michael Mittermeier über sein Erfolgsgeheimnis, Lampenfieber und wie bei einem Auftritt gegen ihn Stimmung gemacht wurde.

Er zählt seit vielen Jahren zu den beliebtesten Comedians im deutschsprachigen Raum: Michael Mittermeier (53), der unverwechselbare Vollblutkomiker aus Bayern. In seiner unnachahmlichen Art macht er sich über die Tücken des Alltags lustig. Im Interview spricht der 53-Jährige über seinen Berufsethos und Kollegen, die er bewundert.

Herr Mittermeier, Sie machen seit mehr als 30 Jahren Comedy – haben Sie noch Lampenfieber?

Michael Mittermeier: Durchaus, also in abgestufter Form natürlich. Vor einem größeren Auftritt bin ich nervöser als vor einem kleineren. Oder wenn ich eine eigene Sendung mache, will ich es natürlich in der begrenzten Zeit genauso hinkriegen, dass alle Pointen richtig sitzen, und bin deshalb ein bissl aufgeregter als sonst.

Das ist bei meiner aktuellen Deutschland-Tournee, wo du Abend für Abend dasselbe Programm ablieferst, weniger stressig, völlig klar. Aber Lampenfieber ist schon ein Gefühl, das ich immer noch gut kenne, auch nach mittlerweile 33 Jahren Bühnenerfahrung.

Wie äußert es sich bei Ihnen?

Mittermeier: Jo mei, du bist halt nervös. Es gibt da keine speziellen Anzeichen, dass plötzlich mein linkes Auge anfängt zu zucken oder so. Ich bin einfach nervös und das ist auch gut so, weil das ja auch bedeutet, dass einem der Auftritt wichtig ist und man dran arbeitet.

Ist es nicht manchmal einsam, so ganz alleine da oben auf der Bühne?

Mittermeier: Einsam vielleicht nicht, aber es ist schon völlig klar: Als Stand-up-Comedian stehst du ganz alleine da oben und musst abliefern. Viele halten Stand-up-Comedy deshalb ja auch für die Königsdisziplin: Es gibt kein links, kein rechts, kein Schlagzeug oder sonst was. Du gehst da hoch und bist auf dich allein gestellt, und wenn es nicht klappt, bist du allein schuld. Niemand sonst.

Wann merken Sie, ob Sie beim Publikum ankommen oder nicht?

Mittermeier: Das merkst du sehr früh, du bekommst ja schon vor dem Auftritt mit, ob die gut drauf sind oder vielleicht etwas reservierter. Es gibt Publikum, da kommst du raus und möchtest dich einfach reinlegen. Und dann gibt es Publikum, das ist ruhiger, was du ganz schnell mitbekommst.

Um es aber ganz klar zu sagen: Es gibt kein schlechtes Publikum, und es ist immer mein Job, für Stimmung zu sorgen und die Leute zu unterhalten. Es gibt Leute, die viel lachen oder die sogar dauernd lachen. Es kann aber auch mal ruhiger sein, weil die Leute vielleicht mehr zuhören.

Aber es ist schon hilfreich, wenn die ersten zwei, drei Gags nicht gerade verrecken, oder?

Mittermeier: Keine Frage, ist schon besser, wenn sie zünden. Wenn es in den ersten fünf Minuten keinen Lacher gibt, wird es wahrscheinlich schwierig (lacht). Aber dann hast du als Comedian immer noch die Möglichkeit, die ausgetrampelten Pfade zu verlassen und zu improvisieren. Oder ein Gespräch mit den Leuten anzufangen. Dann wird Stand-up-Comedy zum Survivaltraining, da musst du durch.

Ganz wichtig: Man kriegt mich nicht von der Bühne, egal was passiert (lacht). Ich hab da so einen Ehrenkodex und der lautet: Ich geh da hoch und unterhalte die Leute. Wenn es dann nicht jedem gefällt, kann ich es auch nicht machen.

Funktioniert das immer?

Mittermeier: Eigentlich schon, meistens geht es gut. Ich erinnere mich allerdings gerade an einen sehr harten Auftritt in Schottland, wo ich mal vier Wochen lang mein Soloprogramm auf Englisch gespielt habe. An einem Abend war Totenstille, weil ein paar Leute im Raum waren, die mich gehasst haben – den „fucking German“, oder was weiß ich, was der Grund dafür war. Die haben die Atmosphäre geprägt, und die anderen haben sich wegen denen nicht getraut, Stimmung zu machen.

Meine Gegner haben den kleinen Zuschauerraum – da haben vielleicht 70 Leute reingepasst – vollständig kontaminiert. Ich habe gekämpft wie eine Löwe und wollte die beste Show zeigen, die ich je gespielt habe, aber es half alles nix: Die Stimmung blieb schlecht. Lustigerweise kamen danach Leute zu mir und haben sich für den tollen Abend bedankt.

Der Comedian Michael Mittermeier.
Der Comedian Michael Mittermeier. © dpa | Henning Kaiser

Welche Lehre haben Sie daraus gezogen?

Mittermeier: Immer die beste Show abzuliefern, die man abliefern kann. Komme was da wolle.

Vor einigen Jahren sind Sie auch mehrmals in New York aufgetreten, wo Sie für kurze Zeit gelebt haben.

Mittermeier: Ja, das war schon wild. Damals habe ich begriffen, dass es darauf ankommt, deine Energie aufs Publikum zu übertragen. Das ist das Wichtigste.

Du musst mit Leib und Seele lustig sein, und das ist viel wichtiger als der sprachliche Inhalt der Nummer. Die Leute gerade in New York spüren ganz einfach, ob du ein „fucking good comedian“ bist oder nicht. Das gilt aber für alle Länder und Regionen.

Schreiben Sie Ihre Texte selber?

Mittermeier: Das meiste schreibe ich selber, arbeite aber schon länger mit einem Co-Autor, mit dem ich mir die Bälle zuspiele. Wir treffen uns und quatschen, und dann probiere ich das auf der Bühne aus. Dann quatschen wir wieder darüber und ändern es oder eben auch nicht. Das ist eine organische Entwicklung, wir spielen Pingpong mit unseren Einfällen. Das ist bei einer TV-Show wie jetzt „Mittermeier!“ natürlich ein bissl anders, da gibt es schon mehrere Autoren. Es macht mir aber auch großen Spaß, mit solchen Kreativteams zu arbeiten. Ich nenne uns die Comedy-Marines (lacht).

Sie gehörten vor vielen Jahren zu den ersten Stand-up-Comedians im deutschen Fernsehen, mittlerweile gibt es unzählige davon. Wie beurteilen Sie die Qualität dieses Riesenangebots?

Mittermeier: Manche Kollegen sind gut, bei anderen sagst du dir: Der oder die muss sich noch ein bissl ausprobieren. Ich finde es generell aber toll, dass sich in den vergangenen Jahren so eine reichhaltige Standup-Szene bei uns entwickelt hat. Gerade was in Clubs in Berlin oder München allabendlich so angeboten wird, ist großartig – bei diesen Open-Mic-Nights können sich auch alte Hasen wie ich noch ausprobieren, was ich regelmäßig auch mache.

Welche Kollegen schätzen Sie denn?

Mittermeier: Hazel Brugger zum Beispiel, aber auch Torsten Sträter und Sebastian Pufpaff. Viele Zuschauer kennen die ja nur von ihren Kurzauftritten in der „heute-show“ oder so, und dabei wird oft vergessen, dass die auch großartige Soloprogramme machen.