Berlin. In ihrem neuen Film spielt Dagmar Manzel eine Landwirtin. Im Interview spricht di 61-Jährige über die Landwirtschaft und Lebenslügen.

Vor drei Jahren gewann Dagmar Manzel (61) den Deutschen Filmpreis für ihre Rolle als einsame Großstadtpflanze in „Besuch für Emma“. Man kennt sie aber auch als Ermittlerin Paula Ringelhahn aus dem Franken-„Tatort“. Nun spielt sie in „Gloria, die schönste Kuh meiner Schwester“ (ARD, 20.15 Uhr) die Landwirtin Jutta, die sich mit Rindern besser versteht als mit Menschen. Axel Prahl verkörpert ihren entfremdeten Bruder.

Wir müssen über Rindviecher reden, Frau Manzel! So eine Berliner Stadtpflanze wie Sie zwischen all den Schwarzbunten – wie hat das funktioniert?

Dagmar Manzel: Ich komme zwar aus Berlin, bin aber mehr am Stadtrand, in Friedrichshagen, groß geworden. Da gibt es den Müggelsee und die Müggelberge. Ich bin also sehr naturverbunden aufgewachsen. Und ich hatte eine Großtante, die in einem Dorf lebte. Die habe ich oft besucht. Sie hatten auch Kühe und ein Kälbchen, das sie Dagmar genannt haben. Nach einer Zeit ist es leider verschwunden, und ich habe nicht verstanden, warum.

Ich habe da auch gemolken und Mais für die Kühe reingeholt. Und ich habe selbst einen großen Garten und mache da sehr viel. Allerdings weniger mit Tieren, mehr mit Pflanzen. Es war für mich aber sehr spannend, mal in einen landwirtschaftlichen Betrieb einzutauchen, habe am Melkkarussell gearbeitet und weiß jetzt, was für ein harter Job das ist. Die Bauern haben eine sehr starke Beziehung mit viel Liebe und Respekt zu ihren Kühen. Das hat meine Sicht auf Tierhaltung noch einmal verändert.

Milch- und Fleischproduktion sind die Basis der Landwirte bei der Kuhhaltung. Was denken Sie über die „Schönheitswettbewerbe“, die der Film thematisiert?

Manzel: Ich habe meine Lola, die im Film die Gloria spielt, selbst sauber gemacht: die Klauen ausgekratzt, den Schwanz shampooniert, geflochten und so. Ich habe ein tolles Verhältnis zu dieser Kuh gehabt. Sie ruhte so in sich und ist ein so schönes Tier, ich habe mich ein bisschen in sie verliebt. Nach den Dreharbeiten hat sich keiner mehr so intensiv um Lola gekümmert.

Der Bauer sagte, sie habe danach ziemlich traurig rumgestanden. Die Kuhschauen selber sind wohl sehr stressig für die Tiere. Wir haben unsere nur gestellt. Einige Tiere sind ein bisschen durchgedreht. Lola zum Glück nicht. Und natürlich macht es die Halter auch stolz, so eine schöne Kuh zu haben. Und wenn sie Kälber bekommt, lassen die sich besser verkaufen.

Brauchen wir eine Umkehr in der Landwirtschaft?

Manzel: Auf jeden Fall. Ich esse kein Fleisch, aber andere Menschen davon viel zu viel. Und es ist viel zu billig. Fleisch muss unbedingt teurer werden. Die Bauern müssen die Möglichkeit haben, ihre Tiere so zu halten, dass sie auch davon leben können. Wir können doch nicht nur auf Massentierhaltung setzen.

Ein Thema des Films sind Lebenslügen. Kam Ihnen da etwas bekannt vor?

Manzel: Mit der Problematik dieser beiden Geschwister kann ich persönlich nichts anfangen. Wie verabschiedet man sich von seinen Eltern, was erbt man, soll man mit einem Mann oder einer Frau, mit oder ohne Kinder leben? In meinem Leben läuft das ganz anders ab. Ich fand es schön zu erzählen, dass die beiden Geschwister im Film trotz ihrer unterschiedlichen Lebensweisen und trotz ihrer Probleme wieder zueinander kommen.

Der Film spielt in Brandenburg. Man sieht ein leeres Dorf, immer mehr Höfe werden verkauft. Im Laden des ehemaligen Bäckers findet man nun einen Beauty-Salon.

Manzel: Das ist ein sehr schönes Bild. Die Betreiberin sagt, sie habe gerade noch ein Minütchen Zeit, dabei sieht man bei ihr nie irgendwelche Kundschaft. Das ist natürlich tragikomisch.

Die Schauspielerin Dagmar Manzel spielt Hauptkommissarin Paula Ringelhahn im „Tatort“.
Die Schauspielerin Dagmar Manzel spielt Hauptkommissarin Paula Ringelhahn im „Tatort“. © dpa | Jörg Carstensen

Sonst sieht man Sie gar nicht so häufig in Norddeutschland, aber in letzter Zeit hatten Sie dort viel zu tun, oder?

Manzel: Stimmt. Ich war gerade vier Wochen in Hamburg und habe den Kinofilm „Die große Freiheit“ mit Rolf Lassgård, einem meiner Lieblingsschauspieler, gedreht. Die Zeit wird mir unvergessen bleiben. Es ist der Debütfilm von Regisseurin Wendla Nölle. Wir sind eine MS-kranke Frau und ihr Mann, eigentlich ein Liebesfilm. Wir wollten das beide sofort spielen. Von der Stadt habe ich dabei leider nicht so viel gesehen.

Sie haben ja auch in Geesthacht gedreht. Wie hat es Ihnen dort gefallen?

Manzel: Die Stadt ist wunderbar, die Kirche ein Traum. Sehen Sie mal hier (zückt ihr Handy und zeigt Fotos)! Die haben da einen Verein, der sich einmal pro Woche trifft und Kissen für das Gotteshaus stickt. Die ganze Kirche ist voll davon. Ich war begeistert.

Haben Sie zum ersten Mal mit Lassgård gedreht?

Manzel: Ja. Er ist schon seit vielen Jahren mein Idol, ein unglaublich guter Schauspieler und ein wunderbarer Kollege. Ich habe fast alle seine Filme gesehen.